Unterstützung in der Orientierungslosigkeit
Die Behörden haben registriert, dass jüdisch-russische Einwanderer spezielle Ansprechpartner und Hilfe brauchen. Es entstand die Idee, jüdische Sozialarbeiter auszubilden. An der Fachhochschule in Erfurt haben knapp 20 Personen diesen Schritt gewagt und vor Kurzem ihren Bachelor bekommen.
"Meine Mutter spricht Hebräisch und sie hat gelernt, mein Vater spricht überhaupt kein Hebräisch, aber meine Oma und Opa hat auf Jiddisch gesprochen."
Vor allem daran erinnert sich Izabella Slowak gerne. Die 35-Jährige hat in den vergangenen Jahren Deutsch gelernt. Jetzt versteht sie viel besser, was ihre Großmutter früher zu ihr sprach. Dennoch: Jüdische Kultur wurde damals nicht öffentlich gelebt in ihrer sowjetischen Heimat. Erst viel später:
"Nun mit vielleicht 17 Jahr habe ich erstmals Rabbiner gesehen. Ich komme aus Kiew und dort gibt es sehr viele Juden und in Kiew habe ich vielleicht 92 oder 93 erstmal Rabbiner gesehen, das war sehr schöne Atmosphäre."
Noch heute erinnert sich Izabella Slowak daran, wenn sie zum Beispiel jetzt in Deutschland für eine Gemeinde den Sabbat vorbereitet. Sie ist Sozialarbeiterin, ehrenamtlich, in der Gemeinde in Jena. Etwas abseits im Norden der Stadt sind die Räume – eine umgebaute Parterrewohnung in einer Plattenbausiedlung. Die Klingel ist unscheinbar, ein Türschild gibt es nicht. Wer hierher kommt, möchte vor allem soziale Integration:
"Nicht alle Menschen verstehen den Gemeindetreff als religiösen, aber sie kommen als kulturelle, als soziale und sie verstehen hier unser Gemeindezentrum als sozialen Treff mehr. Die Leute brauchen religiöses Wissen."
Izabella hat erst vor wenigen Tagen ihren akademischen Abschluss bekommen. Neben der Arbeit hat sie studiert, Drei Jahre lang jeden Abend – außer freitags und samstags.
Mit dem Professor wurde gechattet, die Vorlesung für alle gab es via Internet. Nun ist Izabella froh, sie hat alles geschafft. Drei anstrengende Jahre liegen hinter ihr und ein turbulenter Alltag vor ihr, sagt sie und geht aus der Tür:
"Um neun habe ich ersten Termin mit jungen Mann. Er ist krank, schwer krank und wir sollen Hausarzt besuchen, er bekommt als Arbeitssuchender Grundsicherung. Die Frage ist, was soll er weiter machen? Ab zehn habe ich Sprechstunde hier bis 14 Uhr. Zweimal pro Woche. Einmal pro zwei Wochen machen wir Sabbatvorbereitung. Das ist wichtig, weil die Leute aus der ehemaligen Sowjetunion kennen nicht."
400 Mitglieder gehören zur Gemeinde ihrer Stadt. Viele kennt Izabella seit Jahren, so wie diese alte Dame, die ihr Gerät zum Gehen mühevoll vor sich herschiebt:
"Es tut mir schrecklich weh die Wirbelsäule und Herr Rabinowitsch das ist unser Vater, ich muss bekommen eine größere Stufe und ich bekomme meinen Rat von Herrn Rabinowitsch."
Die alte Dame drückt eine Träne weg. Ilja Rabinovitch ist der Leiter des Zentrums. Vor 13 Jahren kam er mit seiner Familie aus Weißrussland. Er ist Akademiker, so wie viele seiner Gemeindemitglieder:
"Wenn die Menschen plötzlich in andere Land kommen, ohne Arbeit sind, ohne deutsche Sprache, dann kommt wirklich in erster Linie in erste Monaten, ersten Jahren eine solche Orientierungslosigkeit und das ist sehr wichtig, dass sie gleich Unterstützung bekommen von ersten Tag und immer ganzen Leben."
Sozialarbeiter sind deshalb sehr wichtig, sagt er. Sie sind Muttersprachler, kennen das deutsche und das russische Sozialgefüge und sind bereit, fremden Menschen jederzeit zu helfen, so wie Izabella:
"Im Januar hatten wir eine Fall, ein 52-jähriger Mann war im Krankenhaus, im Koma. Und er war allein, er hatte keine Verwandten und vom Amt bekam ich die Bitte, als gesetzlicher Vertreter zu bleiben. Das war für mich sehr schwer. Uns jetzt ist alles OK. Er ist gesund!"
Ihre Ausbildung an der Fachhochschule Erfurt wurde von der Zentralwohlfahrtstelle der Juden initiiert. Eine private Foundation hat sie finanziert. Mit den Kommilitonen von einst will Izabella nun ein Netzwerk knüpfen. Denn immerhin: Sie sind die Ersten hier in der Bundesrepublik mit dieser Ausbildung.
Ihr akademischer Grad Bachelor ist nun überall anerkannt, sagt Esther Weitzel-Polzer, die betreuende Professorin der Fachhochschule Erfurt. Das Studium zur Sozialen Arbeit hat viele Facetten:
"Es gliedert sich in Humanwissenschaften, Rechtsgebiete, die die Soziale Arbeit betreffen, in Methoden der Sozialen Arbeit und Vertiefungsgebiete wie Finanzierung von Sozialen Diensten, Beratung – das waren Schwerpunkte."
Manche würden nun gerne den Masterabschluss machen. Andere würden gern mit dem Grundstudium beginnen. Bislang war es ein einmaliges Projekt, dem Engagement von drei Professoren in Erfurt zu verdanken. Für kommende Angebote wird derzeit die Finanzierung gesucht. Denn der Bedarf von guten Sozialarbeitern mit eigenem Migrationshintergrund ist in der Praxis groß, weiß Ilja Rabinovich:
"In Wirklichkeit unsere drei Sozialarbeiter können nicht unseren Bedarf decken, aber trotzdem unsere Mitarbeiterin machen sehr viel und wesentlich mehr als sie machen können. Vielleicht in Zukunft wir schaffen noch ein oder zwei Arbeitsplätze."
Vor allem daran erinnert sich Izabella Slowak gerne. Die 35-Jährige hat in den vergangenen Jahren Deutsch gelernt. Jetzt versteht sie viel besser, was ihre Großmutter früher zu ihr sprach. Dennoch: Jüdische Kultur wurde damals nicht öffentlich gelebt in ihrer sowjetischen Heimat. Erst viel später:
"Nun mit vielleicht 17 Jahr habe ich erstmals Rabbiner gesehen. Ich komme aus Kiew und dort gibt es sehr viele Juden und in Kiew habe ich vielleicht 92 oder 93 erstmal Rabbiner gesehen, das war sehr schöne Atmosphäre."
Noch heute erinnert sich Izabella Slowak daran, wenn sie zum Beispiel jetzt in Deutschland für eine Gemeinde den Sabbat vorbereitet. Sie ist Sozialarbeiterin, ehrenamtlich, in der Gemeinde in Jena. Etwas abseits im Norden der Stadt sind die Räume – eine umgebaute Parterrewohnung in einer Plattenbausiedlung. Die Klingel ist unscheinbar, ein Türschild gibt es nicht. Wer hierher kommt, möchte vor allem soziale Integration:
"Nicht alle Menschen verstehen den Gemeindetreff als religiösen, aber sie kommen als kulturelle, als soziale und sie verstehen hier unser Gemeindezentrum als sozialen Treff mehr. Die Leute brauchen religiöses Wissen."
Izabella hat erst vor wenigen Tagen ihren akademischen Abschluss bekommen. Neben der Arbeit hat sie studiert, Drei Jahre lang jeden Abend – außer freitags und samstags.
Mit dem Professor wurde gechattet, die Vorlesung für alle gab es via Internet. Nun ist Izabella froh, sie hat alles geschafft. Drei anstrengende Jahre liegen hinter ihr und ein turbulenter Alltag vor ihr, sagt sie und geht aus der Tür:
"Um neun habe ich ersten Termin mit jungen Mann. Er ist krank, schwer krank und wir sollen Hausarzt besuchen, er bekommt als Arbeitssuchender Grundsicherung. Die Frage ist, was soll er weiter machen? Ab zehn habe ich Sprechstunde hier bis 14 Uhr. Zweimal pro Woche. Einmal pro zwei Wochen machen wir Sabbatvorbereitung. Das ist wichtig, weil die Leute aus der ehemaligen Sowjetunion kennen nicht."
400 Mitglieder gehören zur Gemeinde ihrer Stadt. Viele kennt Izabella seit Jahren, so wie diese alte Dame, die ihr Gerät zum Gehen mühevoll vor sich herschiebt:
"Es tut mir schrecklich weh die Wirbelsäule und Herr Rabinowitsch das ist unser Vater, ich muss bekommen eine größere Stufe und ich bekomme meinen Rat von Herrn Rabinowitsch."
Die alte Dame drückt eine Träne weg. Ilja Rabinovitch ist der Leiter des Zentrums. Vor 13 Jahren kam er mit seiner Familie aus Weißrussland. Er ist Akademiker, so wie viele seiner Gemeindemitglieder:
"Wenn die Menschen plötzlich in andere Land kommen, ohne Arbeit sind, ohne deutsche Sprache, dann kommt wirklich in erster Linie in erste Monaten, ersten Jahren eine solche Orientierungslosigkeit und das ist sehr wichtig, dass sie gleich Unterstützung bekommen von ersten Tag und immer ganzen Leben."
Sozialarbeiter sind deshalb sehr wichtig, sagt er. Sie sind Muttersprachler, kennen das deutsche und das russische Sozialgefüge und sind bereit, fremden Menschen jederzeit zu helfen, so wie Izabella:
"Im Januar hatten wir eine Fall, ein 52-jähriger Mann war im Krankenhaus, im Koma. Und er war allein, er hatte keine Verwandten und vom Amt bekam ich die Bitte, als gesetzlicher Vertreter zu bleiben. Das war für mich sehr schwer. Uns jetzt ist alles OK. Er ist gesund!"
Ihre Ausbildung an der Fachhochschule Erfurt wurde von der Zentralwohlfahrtstelle der Juden initiiert. Eine private Foundation hat sie finanziert. Mit den Kommilitonen von einst will Izabella nun ein Netzwerk knüpfen. Denn immerhin: Sie sind die Ersten hier in der Bundesrepublik mit dieser Ausbildung.
Ihr akademischer Grad Bachelor ist nun überall anerkannt, sagt Esther Weitzel-Polzer, die betreuende Professorin der Fachhochschule Erfurt. Das Studium zur Sozialen Arbeit hat viele Facetten:
"Es gliedert sich in Humanwissenschaften, Rechtsgebiete, die die Soziale Arbeit betreffen, in Methoden der Sozialen Arbeit und Vertiefungsgebiete wie Finanzierung von Sozialen Diensten, Beratung – das waren Schwerpunkte."
Manche würden nun gerne den Masterabschluss machen. Andere würden gern mit dem Grundstudium beginnen. Bislang war es ein einmaliges Projekt, dem Engagement von drei Professoren in Erfurt zu verdanken. Für kommende Angebote wird derzeit die Finanzierung gesucht. Denn der Bedarf von guten Sozialarbeitern mit eigenem Migrationshintergrund ist in der Praxis groß, weiß Ilja Rabinovich:
"In Wirklichkeit unsere drei Sozialarbeiter können nicht unseren Bedarf decken, aber trotzdem unsere Mitarbeiterin machen sehr viel und wesentlich mehr als sie machen können. Vielleicht in Zukunft wir schaffen noch ein oder zwei Arbeitsplätze."