Unternehmerstochter, Fabrikbesitzerin, Kunstsammlerin

Von Daniela Mayer · 18.12.2007
Julia Stoschek ist jung, schön, reich und Besitzerin einer eigenen Kunstsammlung. Die 32-Jährige sammelt Videokunst und präsentiert diese öffentlich in einer umgebauten Düsseldorfer Fabrik. Seit der Eröffnung ihrer Kollektion im Juni nimmt das Interesse nicht mehr ab - an der Sammlung und an Julia Stoschek selbst.
Ein Tisch, vier Stühle, zwei Regale, weiße Wände, Metall und eine Hausfront aus Glas. Der erste Eindruck von Julia Stoscheks frisch restaurierter denkmalgeschützter Fabrik in Düsseldorf ist ernüchternd. Der hohe Konferenzraum ist kühl, alles wirkt irgendwie farb- und leblos. Bis auf der kahlen Bildfläche die Hausherrin selbst erscheint.

In kupferfarbenen Absatzstiefel zum ultrakurzen Mini schreitet sie mit einem hallenden "Hallo" die imposante Wendeltreppe herab. Die violetten Strumpfhosen und das orange-grün-braun-lila-gezackte Oberteil stehen im schreiend-bunten Kontrast zum schwarzen Haar, das mit einem exakten Pony über den großen und offen blickenden Augen endet. Alles an Julia Stoschek wirkt lebhaft, unkonventionell, jung und gekonnt stilisiert. Die personifizierte Popart, in der für sie perfekten minimalistischen Kulisse.

"Also, ich inszeniere mich selber ja eigentlich nicht, ich finde das lustig, dass das von außen wahrgenommen wird, ich registrier das natürlich."

- sagt die 32-Jährige mit einem überraschend mädchenhaften Lächeln, das sie auf Anhieb sympathisch macht, auch wenn man ihr das eben Gesagte nicht unbedingt glaubt. Julia Stoschek weiß, dass sie für Außenstehende Starpotential hat. Sie ist jung, schön, reich, Unternehmenstochter, Mitgesellschafterin der Autozulieferfirma ihrer Familie, hat Präsenz, eine eigene Kunstsammlung mit 400 Arbeiten und ein Fabrikgelände mit 4000 qm, in dem sie lebt, arbeitet und ausstellt. Hinzu kommt ihre Beziehung mit dem berühmten Fotokünstler Andreas Gursky, über die sie jedoch grundsätzlich jeden Klatsch beendet,

"indem ich die Aussage mach, die ich jetzt auch hier mache, dass ich nämlich über mein Privatleben keine Aussagen mache."

Ein wenig nervös sitzt Julia Stoschek jetzt am Kopfende des großen Konferenztischs und wehrt sich gegen das Bild der glamourösen Mäzenin.

"Ich lauf eigentlich seit drei Jahren mit Bauhelm rum und schweren Gummistiefeln, weil ich nach wie vor immer noch wahnsinnig in den Umbau eingebunden bin hier und ich finde, das hat eigentlich nicht so viel mit Glamour zu tun. Natürlich ist die ein oder andere Ausstellungseröffnung sehr schön. Aber wir machen auch die ganze normale Arbeit, wir machen die gesamte Katalogisierung, Künstlerbetreuung, auch sehr viel Büroarbeit und insofern ist der Alltag wenig glamourös, aber sehr schön."

Es ist Bodenständigkeit der studierten BWLerin, gepaart mit ihrer glaubhaften Begeisterung für Kunst, die ihr auch in der Szene den Ruf beschert hat, mehr zu sein als eine reiche Unternehmenstochter mit Kunsttick. Den letzten Beweis dafür hat sie mit ihrer selbst kuratierten Ausstellung "Destroy, she said" erbracht. Auf 2500qm ihrer Fabrik zeigt sie öffentlich 40 Videokunstarbeiten und Installationen aus ihrer Sammlung. Darunter Arbeiten vieler unbekannter aber auch namenhafter Künstler wie Marina Abramovic. Die meisten Künstler kennt Julia Stoschek, unterstützt und besucht sie.

"Ich bin in Berlin sehr viel, sehr viel in New York; versuche; so weit es geht; alle großen internationalen Messe zu besuchen, Ausstellungen, am liebsten geh ich in die Ateliers, also ich sehe und wandle und…"

Sie sammelt und kauft - Fotografien, Installationen, vor allem aber Videos, ihre eigentliche Leidenschaft.

"Ich kann mich eigentlich schlecht in einem Raum aufhalten, in dem nicht irgendein Fernseher, Flatscreen, Beamer, irgendein elektronisches Gerät aufgebaut ist. Und wahrscheinlich hat sich das von der Leidenschaft schon zu einer Art Fanatismus entwickelt bei mir, also ich kann nicht mehr ohne.

Ich bin Jahrgang '75 und da ist ja die Zeit des Videos überhaupt gewesen und meine Großmutter hat schon früher sehr viel gefilmt, und ich bin einfach mit diesem Medium aufgewachsen.

Meine Großmutter war Schauspielerin, und ich frag mich ja selbst immer, woher dieser Hang zu kreativen Menschen schon in meiner Jugend kommt, also wenn irgendwo 'ne Ausstellung war oder es war irgendwie ein kreativer Mensch in der Nähe, dann hab ich mich versucht, zumindest dem anzunähern und das zeigte sich, glaube ich, schon sehr früh ab, dass meine Liebe und mein Hang dazu hingeht.

Es war eigentlich schon mit oder während des Studiums klar, dass nach der Beendigung ich mich dann ganz der Kunstszene verschreibe und ich glaube, meine Familie hat manchmal gedacht, das legt sich noch ein bisschen, aber da war die Notwendigkeit dann doch zu groß und na ja, jetzt ist es halt passiert."

Julia Stoschek ist in der Kunst gelandet. Nicht gleich dort, wo sie jetzt ist. Das hat sie sich erarbeitet während des Betriebswirtschaftstudiums in Praktika im Kunstmanagement zum Beispiel, nach Abschluss mit 27 Jahren durch den Aufbau ihrer eigenen Künstlerförderung Just. Und schließlich durch die Unterstützung und Mitarbeit im Berliner Kulturinstitut Kunstwerke.

Leicht, erzählt sie, war der Weg von der Wirtschaft in die Kunst nicht immer:

"In der Szene musste ich mich schon hoch arbeiten und muss ich noch, ich bin ja noch am Anfang und es ist ganz klar, es hat keiner auf mich gewartet das macht aber auch Spaß und ist eine Herausforderung. Und ich mag gerne Herausforderungen, ja." (lacht)

Die nächsten warten schon auf sie - bis zum nächsten Sommer soll eine neue Ausstellung entstehen. Jedes Jahr will Julia Stoschek der Öffentlichkeit einen neuen Teil ihrer Sammlung präsentieren. Und sie will die Werke nicht verkaufen sondern weiter zusammentragen und bewahren.

"Ich wär sehr glücklich, wenn ich in 20 Jahren rückblickend sagen kann, okay, das waren einfach die wichtigen Arbeiten in der Zeit, in dem Bereich und insofern geht's mir auch nicht ums Verkaufen. Ich bin auch kein Händler, kein Dealer, ich bin Sammlerin."