Unternehmer

Bubble Tea, Burger und Co.

Ein McDonald's-Schild in New York
Ein McDonald's-Schild in New York © picture-alliance/ dpa / Justin Lane
Von Stefan Schmid · 17.03.2014
Unternehmer zu werden, ist nicht einfach. Geht es mit Franchising leichter? Man könnte es meinen, denn ob wir einen Burger, eine Brille oder Bubble Tea kaufen möchten, ob wir Sport treiben oder Reisen wollen, der Hund etwas zu fressen oder das Kind Nachhilfe braucht - überall begegnen wir dem Franchise-System.
"Kommen Sie zum Franchise-Geber der Jahre 2011 und 2013. Werden Sie jetzt Franchise-Partner! Backwerk eröffnen."
Heiter: "Ich bin da in so ein Geschäft rein, hab mir das angeschaut, hab gedacht, das wäre eigentlich eine ganz gute Idee vom System, und habe mich da eingeklinkt in das System. Es funktioniert recht gut, ich bin sehr zufrieden."
"Mrs. Sporty Franchise: Leben Sie Ihren Karrieretraum und bringen Sie Frauen an ihr Ziel! Mrs. Sporty gibt Ihnen die Chance, sich mit unserem erprobten Konzept ein erfolgreiches Unternehmen aufzubauen, Ihren Karrieretraum zu verwirklichen und Ihre Ziele zu erreichen!"
Waltinger: "Meine Idee war eigentlich: Franchising ist eine sichere Art, um sich selbständig zu machen. Ich würd' s nicht mehr machen, vom Finanziellen war das für mich ein herber Schlag!"
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… all das sind sogenannte "Franchise-Systeme", fast 1000 gibt es in Deutschland. Ob Handel, Dienstleistung, Gastronomie oder Handwerk - man findet sie in jeder Branche. Franchise ist eine Partnerschaft zwischen Unternehmern. Der Franchise-Geber entwickelt ein Geschäftskonzept. Der Franchise-Nehmer nutzt dieses Konzept als selbständiger Unternehmer an einem oder mehreren Standorten und zahlt dafür jeweils eine Eintritts- und eine laufende Gebühr.
Leif Brodersen, Geschäftsführer des Deutschen Franchise-Verbandes, erklärt, warum Franchise-Geber ihre ausgeklügelten Geschäftskonzepte nicht einfach selbst umsetzen:
"Sie nutzen den Franchiseweg, um strategische Verbündete vor Ort zu haben, strategische Verbündete die als Selbständige praktisch das Konzept vor Ort als Markenbotschafter umsetzen. Die Selbständigkeit des Franchise-Partners bringt viel Energie, viel Drive, viel Motivation in das System. Und das ist anders als wenn sie Angestellte haben, die dann praktisch in ihren Filialen sitzen."
Die Franchise-Geber haben aber noch andere Vorteile: Der Franchise-Nehmer muss das Geld für die nötigen Investitionen mitbringen, etwa für Computer, Maschinen und Geschäftsausstattung. Er trägt also das unternehmerische Risiko, der Einsatz des Gebers bleibt dagegen überschaubar: Er liefert für die laufende Gebühr bestimmte Dienstleistungen, kümmert sich etwa um die Werbung. Mit dieser Arbeitsteilung fahren die Franchise-Geber im Branchendurchschnitt recht gut. Die Branche beschäftigt mehr als eine halbe Million Arbeitnehmer, der Jahresumsatz erreicht fast das Niveau großer Welt-Konzerne wie BASF oder Metro.
Steffi Graf (r, zusammen mit dem deutschen Geschäftsführer von Mrs. Sporty, Niclas Bönström aus Schweden und seiner deutschen Frau Valerie) präsentiert einen neuen Sportclub für Frauen.
Steffi Graf (r, zusammen mit dem deutschen Geschäftsführer von Mrs. Sporty, Niclas Bönström aus Schweden und seiner deutschen Frau Valerie) präsentiert einen neuen Sportclub für Frauen. © picture-alliance/ dpa / DB Mrs. Sporty
Brodersen: "Die Franchisebranche erwirtschaftet insgesamt einen Umsatz von etwa 61 Milliarden Euro. Das ist im Vergleich zu den Jahren davor ein stetiges Wachstum, vor allem bei den Franchise-Nehmern und beim Umsatz, während wir bei den Franchise-Gebern und bei der Zahl der Franchise-Netzwerke ungefähr konstant liegen in den letzten Jahren."
Franchise-Nehmer können mit intelligenten Unternehmenskonzepten ebenfalls richtig viel Geld verdienen, manche scheffeln Millionen. Aber diese Chance bekommen sie nicht zum Nulltarif. Je gewinnträchtiger das System ist, desto höher ist in der Regel der Eintrittspreis. Doch es gibt es keine Gewinngarantie, Franchise-Nehmer können über viele Fallstricke stolpern und selbst mit erfolgreichen Konzepten baden gehen.
Waltinger: "Meine Idee war eigentlich: Franchising ist eine sichere Art, um sich selbständig zu machen. War so meine Eingangsdenke."
… erzählt Christine Waltinger, die sich in der südostbayerischen Stadt Rosenheim mit der Geschäftsidee von Mrs. Sporty selbständig gemacht hat.
Steffi Graf: "Ich habe schon viele Matches gewonnen und Turniere gewonnen, aber ich hab mich noch nie so gut gefühlt wie nach diesem Sieg."
Tennislegende Steffi Graf ist die Gallionsfigur der Fitness-Studios unter dem Markennamen "Mrs. Sporty". Die wenden sich mit einer speziellen Mischung aus Training und Ernährungsberatung gezielt an Frauen, die unter sich sein wollen - Männer müssen draußen bleiben.
Waltinger: "Ich hab mir da lange drüber Gedanken gemacht, ob ich's überhaupt machen soll, hab dann ein Jahr dort auch selbst trainiert bevor ich mich entschlossen habe, das auch zu machen."
Die Firma Mrs. Sporty sitzt in Berlin. Dort entstand 2004 der erste Club zu Testzwecken, seitdem ist das System rasant gewachsen: Mittlerweile existieren in Europa mehr als 500 Clubs, die meisten davon in Deutschland. Franchise-Nehmer müssen 55.000 Euro investieren. Dazu kommen laufende Kosten, etwa für Miete und Personal. Die Gewinnschwelle ist - so steht es in einer Presseinformation - in ein bis drei Monaten erreichbar. Christine Waltinger ist das aber nicht gelungen.
Waltinger: "Der Start war eigentlich denkbar schlecht. Trotz aller Werbung, trotz aller Promotion, die wir dann auf der Straße auch gemacht haben, lief das sehr schleppend an. Ich hab die Leute ganz schlecht in den Club bekommen, ich hatte zum Start nur 80 Mitglieder, aber ich brauch, um einen Club zu führen in der Größenordnung, mindestens 160 Mitglieder, damit ich die laufenden Kosten einigermaßen hinbekomme. Die Frauen, wenn sie denn mal da waren, da waren sie begeistert."
Abenteuer Franchise
Den Durchbruch hat Christine Waltinger aber trotzdem nicht geschafft. Obwohl sie mit großem Einsatz auf Kundenfang ging und lange Arbeitszeiten in Kauf nahm.
Waltinger: "Das war immer ein Auf und Ab. Immer wenn es dann mal einen Schub nach vorne gab, gab es gleich wieder einen Rückschlag. Ich hab mich langsam hochgeschaukelt. Aber ich war nach zwei Jahren erst da, wo ich schon am Anfang sein wollte. Trotz aller Anstrengungen, die ich unternommen hab, hab ich's nicht geschafft, musste den Club dann schließen, weil ich einfach es gesundheitlich nicht mehr geschafft habe. Ich war wirklich morgens im Club die erste, ich hab alle Arbeiten übernommen, und war die letzte die aus dem Club rausgegangen ist. … Irgendwann war es einfach zu viel. Und zum damaligen Zeitpunkt konnte ich mir einfach Angestellte nicht leisten."
Christine Waltinger hat also aufgegeben - das Abenteuer Franchise hat sie viel Geld gekostet. In der Branche tummeln sich zwar auch schwarze Schafe, die nur die Eintrittsgebühr abgreifen wollen. Aber zu dieser Spezies gehört Mrs. Sporty nicht, das System ist seit Jahren im Aufwind. Das Beispiel zeigt jedoch, dass selbst kontinuierlich wachsende Franchise-Systeme keine Selbstläufer sind. So landete Mrs. Sporty in einer Hitliste des Wirtschaftsfachmagazins Impulse auf dem ersten Platz. Die Firma ist auch ordentliches Mitglied im Deutschen Franchise-Verband, der einen System-Check verlangt. Warum Christine Waltinger nicht in die Gewinnzone kam, ist schwer zu sagen. Vielleicht funktioniert das System in manchen Regionen nicht, vielleicht war der Standort schlecht gewählt, vielleicht gab es zu viele Konkurrenten, vielleicht reichten auch ihre unternehmerischen Fähigkeiten nicht aus? Rechtsanwalt Christian Prasse vom Deutschen Franchise-Nehmer- Verband.
Prasse: "Viele überschätzen sich einfach. Wir haben ja häufig Leute, die in der Mitte des Lebens ihren Job verlieren und dann mit Förderung von öffentlichen Geldern meinen, sie könnten sich selbständig machen. Sich das dann nicht alleine zutrauen und sich dann an ein Franchise-System anschließen. Und hierbei ist es leider so, dass sich die Franchise-Nehmer viel zu wenig hinterfragen, ob sie eigentlich für die unternehmerische Selbständigkeit gemacht sind oder nicht. Aber auch die Franchise-Geber selektieren am Anfang viel zu wenig aus und nehmen häufig auch jeden, der eine öffentliche Förderung und einen Bankkredit bekommt."
Vom Metzger zum Bäcker
Oder gar ausreichend Eigenkapital für den Start mitbringt. Denn der Franchise-Geber kassiert ja auf jeden Fall die Eintrittsgebühr und - solange der Franchise-Nehmer nicht aufgibt - eine Umsatzbeteiligung. Selbst bei den besten Konzepten ist aber auch ein Händchen fürs Geschäftliche nötig, um Erfolg zu haben - und dieses Händchen hat nicht jeder.
Backwerk: "Ich hab mir gerade eine Käsebrezel gekauft, vom Backwerk, die schmeckt echt gut. Ich hol mir immer Tomatensnack, und die machen das auch recht gut."
Heiter: "Ich bin ja aus dem Lebensmittelbereich, bin Metzgermeister, ich hatte über Jahre mehrere Geschäfte."
… erklärt Karl Heiter, der am Münchner Ostbahnhof im Untergeschoss sehr erfolgreich eine Selbstbedienungsbäckerei nach dem Backwerk-System betreibt. Nach dem Verkauf seiner Metzgereien und einer längeren beruflichen Verschnaufpause zog es ihn wieder zurück ins Geschäftsleben:
Heiter: "Wir waren in Köln unterwegs, das ist eigentlich so die Backwerk-Hochburg mit 13 oder 14 Geschäfte, bin in so ein Geschäft rein, hab mir das angeschaut, hab gedacht, das wäre eigentlich eine ganz gute Idee vom System, hab mich erkundigt, und hab mich da eingeklinkt in das System, es funktioniert recht gut, ich bin sehr, sehr zufrieden."
Backwerk gehört ebenfalls zu den Franchise-Systemen, die in den letzten Jahren schnell gewachsen sind, in Rankings ganz oben landeten und eine Vollmitgliedschaft im Verband vorweisen können. Backwarenanbieter brauchen vor allem einen geeigneten Standort, um genügend Laufkundschaft zu erreichen:
Heiter: "Für die Umwälzung von der Ware braucht man eine sehr gute Kundenfrequenz in dem Selbstbedienungssystem. Lagen mit einer Frequenz in der Stunde ab 800 bis 1000 Personen, das ist glaube ich die Mindestvorgabe, dass das System überhaupt funktioniert."
Backwerk: "Ich muss jetzt zur S-Bahn oder U-Bahn, und da liegt das auf dem Weg und man kann sich dann selber schnell bedienen, das ist praktisch. Man kann sich selber aussuchen, man hat vor sich liegen ob das jetzt eine dunkle Brezel ist oder eine helle, oder manche haben sehr viel Salz drauf, und da kann man das selber variieren."
Heiter: "Der Renner, das sind natürlich in Bayern die Brezen, alles was mit Lauge zu tun hat, und natürlich die Butterbrezen. Der Speckgürtel um München wird immer größer, die Mieten sind sehr hoch, es kommen immer mehr Pendler von außen, München wächst weiterhin, das sieht man anhand von der Frequenz im Ostbahnhof, vor sechs Jahren waren es am Tag 160.000 Menschen, im Moment gehen ungefähr 205.000 durch, also ist kontinuierlich eine Steigerung."

Eine BackWerk-Filiale in Bamberg
Eine BackWerk-Filiale in Bamberg© picture-alliance/ dpa / David Ebener
An solchen Standorten funktioniert das Backwerk-System offenbar besonders gut. Seinen anderen Laden in einer Rosenheimer Einkaufsmeile hat Karl Heiter an einen Franchise-Kollegen verkauft:
Heiter: "Das existiert noch und läuft auch sehr gut, ist auch bei mir schon sehr gut gelaufen, aber es war für mich zu viel, aus dem Grund hab ich das eine abgegeben und hab dann hier das übernommen."
Selbst das Backwerk-Konzept ist aber nicht überall erfolgreich. Wie viele Standorte wieder von der Landkarte verschwinden, ist aber ein Geschäftsgeheimnis. Internetauftritte von Franchise-Gebern bieten in der Regel nur Porträts erfolgreicher Franchise-Nehmer, Informationen über aufgegebene Standorte und Erfolgsquoten sucht man vergeblich.
Bei Mrs. Sporty liegt die Quote des Scheiterns angeblich im einstelligen Bereich, genaueres war der Pressestelle nicht zu entlocken. Fragen zu aufgegebenen Standorten in Miesbach und Rosenheim wollte man mit Verweis auf den Datenschutz nicht beantworten. Die ehemalige Franchise-Nehmerin Christina Waltinger erzählt von ihrer Suche nach einem geeigneten Raum für den Fitnessclub.
Waltinger: "Anfangs war ich damit alleingelassen, weil ich habe nur die Vorgabe bekommen: Es muss eine 1b-Lage sein, es muss eine stark frequentierte Straße sein, wo Leute auch am Schaufenster vorbeikommen und den Club sehen. Der Franchise-Geber hat mir keine Vorschläge gemacht, ich durfte mir selber den Standort aussuchen, da musste ich mich auf mein Gespür verlassen weil: Ich hatte keine Ahnung, was der richtige Standort ist. Ich hatte mir drei Standorte ausgesucht, wobei Rosenheim der größte war, und deshalb habe ich mich auch für Rosenheim entschieden. Wenn man sich für einen Standort entschieden hat, muss man den Standort mit allen Angaben einreichen, es muss auch genehmigt werden vom Franchisegeber. Aber mir wurde damals nicht gesagt, dass am Standort Rosenheim bereits vor mir schon mal ein Mrs. Sporty Club zumachen musste."
Franchise-Aspiranten sollten also beharrlich nachfragen und auch selber recherchieren, ob schon ein Vorgänger gescheitert ist. Auch die Geschäftsprognosen der Geber sind mit Vorsicht zu genießen. Denn viele neigen dazu, ihr Konzept erfolgsträchtiger darzustellen, als es ist. Manchmal kommt es deswegen zu Prozessen.
Geschönte Erfolgsprognosen?
Prasse: "Der typischste Streitpunkt ist eigentlich der, dass der Franchise-Geber vor Abschluss des Franchise-Vertrages dem Franchise-Nehmer mit falschen Zahlen, also Musterzahlen, Rentabilitätsplanung, Umsatzplanung, Kapitalbedarfsplanung, ködert und ihn also dann täuscht, um ihn dann überhaupt als Franchise-Nehmer zu gewinnen. Wir müssen ja sehen, dass wir heute sehr viele Franchise-Systeme haben, die alle um potenzielle Existenzgründer buhlen, die Franchise-Geber haben auch eine Konkurrenz untereinander, weil sie um die Franchise-Nehmer werben. Und da liegt natürlich die Versuchung nahe, dass man mit geschönten Erfolgsbilanzen die Leute verleitet, in das Franchise-System reinzugehen und einen Vertrag zu unterschreiben. Man verschweigt insbesondere gescheiterte Franchise-Nehmer, eine Scheiterungsquote wird häufig nicht angegeben oder wird falsch angegeben, da werden dann falsche Gründe des Scheiterns angegeben. In aller Regel sagt der Franchise-Geber immer wenn er angesprochen wird: Ja das stimmt, die Person XY ist an diesem oder jenem Standort ausgeschieden, aber das waren persönliche Gründe, Scheidung, Gesundheit oder so. Und wenn man das dann hinterfragt, dann merkt man erst mal, dass eigentlich wirtschaftliches Scheitern dahinter steckt."
… das bei Franchise-Konzepten, die im Prinzip funktionieren, oft auf den Standort zurückzuführen ist. So erlebte Christine Waltinger, dass Mrs. Sporty an vielen Orten sehr gut ankam, an manchen aber überhaupt nicht:
Waltinger: "Also das Konzept an sich ist ein sehr gutes Konzept, das kann ich letzten Endes nicht klären, warum es an manchen Standorten läuft und an manchen nicht. Ich hab zum Beispiel mit einer Franchise- Nehmerin gesprochen, die hat einen sehr gut laufenden Club, die war so begeistert, dass sie einen zweiten eröffnet hat, in 30 Kilometer Entfernung, und der läuft gar nicht."
Steffi Graf: "Es war unheimlich schwer, dieses Match zu gewinnen, indem ich Sieben zu Fünf und Null zu Zwei hinten lag und ich gedacht hab: Mensch, das Spiel kannst Du eigentlich nicht mehr gewinnen."
Wenn bei Mrs. Sporty tatsächlich weniger als zehn Prozent der Partner aufgeben, ist das System an sich nicht schlecht. Andere durchlaufen regelrechte Pleitewellen, weil das Geschäftsmodell nicht ausgereift ist. So versuchten viele Franchise-Nehmer der weltweit sehr erfolgreichen Brötchenkette Subway vergeblich, das Konzept in Deutschland zum Erfolg zu führen. Etliche waren mit der Leistung des Franchise-Gebers nicht zufrieden, etwa mit der Werbung.
Prasse: "Das heißt, da sind hunderte von Franchise-Nehmer-Betrieben in die Pleite gegangen oder mussten dann kurz vor der Insolvenz zu einem Spotpreis verkauft werden. Das heißt, da ist eine auffällige prozentuale Häufung, dass ein Großteil der Franchise-Nehmer nicht zurechtgekommen ist. Und da sind also wirklich gute Kaufleute, systemgastronomieerfahrene Leute, massenweise gescheitert. Also Leute, die Systemerfahrung von McDonalds oder Burger King hatten, die wirklich auch kaufmännisch gut ausgebildet waren, teilweise mit Studienabschluss und kaufmännischer Erfahrung, wirklich reihenweise gescheitert."
Anfang 2010 gab es ungefähr 800 Subway-Restaurants in Deutschland. Im Jahr 2014 sind es nach Angaben auf der Homepage des Konzerns nur noch 600, sie werden von 350 Franchise-Partnern betrieben. Offenbar hat das Konzept an vielen Standorten nicht funktioniert. Subway will aber wieder expandieren, der Konzern wirbt im Internet sehr offensiv um neue Franchise-Nehmer:
"Jetzt mit Subway-Sandwiches in die Selbständigkeit" oder "Iss doch mal in deinem eigenen Subway-Restaurant."
... ist oben auf der Homepage zu lesen, unten blinkt ein gelber Button mit der Aufforderung:
"Restaurant eröffnen"
Ob die Gewinnchancen inzwischen größer sind, ist schwer zu sagen. Aus dem Deutschen Franchise-Verband ist Subway ausgeschieden. Ordentliche Mitglieder müssen sich dort regelmäßig einem Systemcheck stellen. Verbandsgeschäftsführer Leif Brodersen:
Brodersen: "Nicht zuletzt lassen sie sich auch in die Karten schauen, was die Franchisenehmer-Zufriedenheit angeht, da wir ganz klar wissen wollen: Wie zufrieden sind die Partner, wie zufrieden sind die Franchisenehmer."

Billiglohnjobs: Eine Mitarbeiterin bei Burger King bereitet einen Burger zu.
Eine Mitarbeiterin bei Burger King bereitet einen Burger zu.© AP
Burger King - Schikanen aus der Zentrale
Die Zahl der Franchise-Geber, die den Systemcheck regelmäßig durchlaufen, ist allerdings überschaubar: Die Branche umfasst ungefähr 1000 Unternehmen, davon leisten sich 112 die ordentliche Mitgliedschaft im Verband. Zu den prominenten Namen, die in der letzten Zeit ausgeschieden sind, gehört neben Subway auch der Fastfood-Riese Burger King. Dort ist ein großer Investor eingestiegen, er trimmt das Unternehmen gezielt auf Rendite. Früher bekamen Burger-Brater mit schwierigen Standorten schon mal einen gut dotierten Beratervertrag beispielsweise oder einen zweiten, besseren Standort zum Überleben. Doch das ist Geschichte, nun klagen frustrierte Franchise-Nehmer über reduzierten Service und Schikanen aus der Zentrale. Dort hat Burger King viele Stellen gestrichen, auch in etlichen Restaurants weht ein rauer Wind. Mustafa Öz von der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten, kurz NGG.
Öz: "Burger King, die Company, hat den größten Teil ihrer Restaurants verkauft an einen Franchise-Unternehmer, der nennt sich Yi-Ko, das ist eine Abkürzung für zwei Inhaber, die sich unglaublich stark engagieren, die Leute größerem Druck auszusetzen, die Arbeitsbedingungen zu straffen, Löhne nicht zu bezahlen, andere Dinge zu machen, und einen sehr harten Kurs gegen die Beschäftigten fahren, gleichzeitig aber auch einen sehr harten Kurs gegen die NGG zu fahren. Wir haben bundesweit unzählige Gerichtsverhandlungen die der Franchisenehmer auch verliert, aber anscheinend auch ignoriert, sondern einfach über den Weg versucht, die Leute einzuschüchtern."
Fragt sich nur, warum der neue große Franchise-Nehmer auf Konfrontationskurs mit den Arbeitnehmern geht - verlorene Prozesse kosten ja Geld, die Motivation der Mitarbeiter schwindet. Im Gewerkschaftslager vermutet man:
"… dass die jetzigen Beschäftigten, die ja übernommen wurden von der Company selbst, tarifgebunden sind, nach Tarif bezahlt werden müssen, und somit ein bestimmtes abgesichertes Niveau haben, rausgedrängt werden sollen, vergrault werden sollen, damit dann durch neues Personal, die nicht tarifgebunden sind und mit schlechteren Arbeitsbedingungen eingestellt werden können, Geld gespart wird."
Der Kostendruck ist enorm
Denn in der Franchise-Branche ermöglicht die Arbeitsteilung zwischen Geber und Nehmer ein Zwei-Klassen-System für Arbeitnehmer:
Öz: "Es gibt einen Tarifvertrag, den wir abschließen mit dem Verband für Systemgastronomie, aber die Frage ist natürlich, ob ein Franchise- Nehmer Mitglied ist im Arbeitgeberverband. Die großen Unternehmen, Beispiel Burger King, Beispiel McDonalds, sind selbst Mitglied im Verband, aber der Franchise-Nehmer, eine Stufe danach der Subunternehmer - die Garantie gibt es nicht. Es hängt wirklich vom Franchise-Nehmer ab, vom Menschen, vom Unternehmer, wie er sich als Unternehmer versteht. Leider ist es so, dass die überwiegende Zahl nicht Mitglied ist im Arbeitgeberverband und somit versucht, die Tarife zu unterlaufen."
Ähnliches beobachtet die NGG auch in anderen Franchise-Sparten. Mustafa Öz:
"Wir haben die Erfahrung gemacht, dass im Franchising der Druck auf die Arbeitnehmer erheblich steigt und die Arbeitsbedingungen und der Umgang mit den Beschäftigten darunter leiden. Unsere Erklärung dafür ist ganz einfach: Der Umsatz wird nur einmal gemacht, an der Theke, an der Kasse. Aber dieser Umsatz muss einmal dem Franchise-Nehmer einen Gewinn bringen, aber auch dem Franchise-Geber, der Company selbst einen Gewinn bringen. Somit ist es natürlich schwierig, das Geld aufzuteilen, und der Druck, der Kostendruck ist dann enorm."
Gefangen im System
Außerdem haben Franchise-Nehmer weniger Möglichkeiten als normale Unternehmer, in ihrem Geschäft etwas zu ändern. So sind die Arbeitskosten eine wichtige Manövriermasse, um zu sparen oder den Gewinn zu steigern. Diese Einschränkung ist auch für Franchise-Nehmer problematisch. Denn ihr Erfolg hängt sehr stark von der Qualität des Systems ab. Christian Prasse:
"Wenn Sie in einem schlechten Franchise-System sind, was gerade eine Krise durchläuft, dann können sie gar nichts ändern. Der normale freie Unternehmer würde sich dann was Neues ausdenken, neue Produkte aufnehmen, die Werbung ändern, die Preise vielleicht massiv senken. All diese Dinge kann der Franchise-Nehmer gar nicht machen, weil er ja ganz starr in dieses vertragliches Korsett eingebunden ist - er kann ja nicht einfach zusätzliche Produkte aufnehmen, er kann nicht einfach woanders günstiger einkaufen, und er kann auch die Inneneinrichtung von seinem Laden nicht einfach eigenständig ändern."
Die Wahl des Systems ist also, neben unternehmerischen Fähigkeiten und einem passenden Standort, entscheidend für den Erfolg. Hitlisten mit guten Franchise-Systemen, selbst wenn sie ordentlich recherchiert wurden, sind keine ausreichende Entscheidungsgrundlage.
Prasse: "Ich denke, man sollte nicht nach den Rankings gehen. Man sollte sich als Franchise-Interessent die Mühe machen, mit Franchise-Nehmern des Systems zu sprechen, in Vier-Augen-Gesprächen zu hinterfragen, wie das System wirklich läuft. Da darf man natürlich nicht auf die Franchise-Nehmer zurückgreifen, die einem Franchise-Geber namentlich bekannt machen, sondern da muss man sich selber auf die Suche machen."
Heiter: "Ich hab mich schon umfassend informiert, für mich war es das beste System, aus diesem Grund bin ich eingestiegen."
Selbstbedienungsbäcker Karl Heiter hat verschiedene Systeme genau unter die Lupe genommen und sich dann entschieden. Er lobt zum Beispiel, dass Backwerk die Vorprodukte nicht selbst produziert und teuer weiterreicht, sondern günstig einkauft und liefert. Das ist nicht selbstverständlich in der Franchise-Branche - und auch nicht justiziabel. Christian Prasse:
"Der Bundesgerichtshof hat schon im Jahr 2003 gesagt: Der Franchise-Geber ist grundsätzlich nicht verpflichtet, solche Einkaufsvorteile auszukehren und darüber Auskunft zu geben. Nur wenn im Franchisevertrag geregelt ist, dass optimale Einkaufskonditionen und so weiter für den Franchise-Nehmer gewährt werden, dann ist der Franchise-Geber auch verpflichtet, alle Einkaufsvorteile weiterzugeben."
Wer einen attraktiven Franchise-Geber findet, sollte im Vertrag auch sicherstellen, dass die Partnerschaft wirklich dauerhaft angelegt ist:
Prasse: "Die typischen juristischen Fallstricke sind eigentlich, dass man sich für fünf oder zehn Jahre bindet, als Franchise-Nehmer, aber häufig überhaupt keinen Anspruch darüber hinaus hat, in dieser Kette drin zu bleiben. Und das ist natürlich unheimlich ärgerlich, wenn man über fünf oder zehn Jahre was aufgebaut hat und, wenn es erfolgreich ist gerade so richtig am Laufen ist im siebten oder achten Jahr, und dann muss der Franchise-Geber, wenn nichts geregelt ist in diesem Vertrag, diesen Vertrag nach dem zehnten Jahr nicht verlängern. Er kann da einfach einen neuen Franchise-Nehmer da einsetzen, seinen besten Freund vielleicht, weil es schon so gut eingefahren ist, oder das sogar selber machen."
Mangelnde Rechtssicherheit
Weil Franchise-Nehmer in der Regel die schwächeren Vertragspartner sind, forderte einer von ihnen in der letzten Legislaturperiode per Petition ein Gesetz, dass mehr Rechtssicherheit bringen soll. Das FDP geführte Justizministerium lehnte das aber ab, der Deutsche Franchise-Verband war auch dagegen. Leif Brodersen:
"Die Frage ist: Wollen wir Bürokratie schaffen, oder wollen wir auf das setzen, was schon da ist. Und wir sind der Überzeugung, dass sich in den letzten 30 Jahren eine konstante Rechtsprechung entwickelt hat, die auch Rechtssicherheit bietet. Deswegen ist zum Beispiel die vorvertragliche Aufklärungspflicht des Franchise-Gebers im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt. Und wir halten eine explizite Gesetzgebung für überflüssig."
Prasse: "Es ist tatsächlich so, dass die Franchise-Geber natürlich da eine eindeutige Meinung haben, weil sie einfach in der Rechtsprechung immer wieder große Chancen haben. Es gibt keine einheitliche Rechtsprechung im Franchise-Recht. Wir haben vielleicht drei, vier Fragenkomplexe, die der Bundesgerichtshof als Deutschlands höchstes Gericht in Präzedenzfallen mal klargestellt hat, aber wir haben sicherlich drei bis viermal so viele Fragestellungen, die überhaupt nicht geklärt sind. Und wo sie auch bei völlig identischen Fällen, dann unterschiedliche Entscheidungen bekommen. Das heißt, das Oberlandesgericht Düsseldorf entscheidet einen Fall völlig anders als das Oberlandesgericht in Nürnberg oder in Hamburg oder in Berlin. Und da gibt es überhaupt keine Rechtssicherheit. Und jeder, der das behauptet, hat entweder keine Ahnung von der Materie. Oder nutzt halt diese Lücken und weiß, dass die Franchise-Geber sich häufig mit guten Anwälten da sehr stark auch vor Gericht positionieren können und häufig einen Ausweg finden."

Das Besondere an dem ursprünglich aus Asien stammenden Getränk - eine Mischung aus grünem oder schwarzem Tee mit Milch und Fruchtsirup - sind die aus Stärke gewonnenen Bubbles in unzähligen Geschmacksrichtungen.
Bubble Tea - der Boom ging schnell vorbei.© picture alliance / dpa / Jens Kalaene
Ob die Große Koalition ein Franchise-Gesetz auf den Weg bringen wird, ist ungewiss. Das Bundesjustizministerium lässt derzeit die Rechtslage in anderen Ländern untersuchen, erst danach kommt das Thema wieder auf die Tagesordnung. Selbst wenn ein Gesetz kommen sollte, gilt aber weiterhin: Wer ein Franchise-Angebot nutzt, trägt die Risiken eines selbständigen Unternehmers. Erwirbt er ein gutes Geschäftsmodell, so klingelt die Kasse, er ist auch etwas sicherer unterwegs als ein völlig freier Unternehmer. Erwischt er ein schlechtes Geschäftsmodell, so ist er in einem engen Korsett gefangen, die Pleite-Gefahr ist groß. Egal, was die Werbung verspricht.
"Ob Fastfood, Pizza-Lieferservice oder Restaurant - Gastronomie - es sind zahlreiche neue erprobte Geschäftsideen aus dem Ausland auf dem Markt. Interessiert?"
"Hier können Sie mit Erfolg rechnen! Werden Sie Finanzberater durch eines der gelisteten Franchise-Unternehmen."
"Die Wellness- und Fitnesswelle ist nicht zu stoppen. Franchise-Unternehmen warten mit vielen innovativen Konzepten auf neue Interessenten. Also reiten Sie mit auf der Fitnesswelle!"
Waltinger: "Ich hab auch andere kennengelernt, die aufgegeben haben und sehr verbittert sind, weil eben auch da letztendlich die Unterstützung des Franchise-Gebers gefehlt hat, aber ich habe auch sehr erfolgreiche Mitbewerberinnen."
Heiter: "Es gibt natürlich auch Lagen, da hat man vielleicht eine längere Durststrecke, vielleicht ein Dreiviertel oder ein Jahr, aber so wie ich das sehe, kommen die alle sehr gut ins Laufen, die Geschäfte, das funktioniert, das System."
Aus für die Bubble-Tea-Ketten
Manchmal funktionieren Systeme aber auch deshalb nicht, weil eine Modewelle ausläuft oder ein unvorhersehbares Ereignis eintritt. So eröffneten Franchise-Ketten vor einigen Jahren massenhaft Läden, die sogenannten Bubble Tea anboten. Doch das Getränk kam in Verruf, nachdem in einem Labortest angeblich Gift in Bubble-Perlen gefunden wurde. Der Test erwies sich später zwar als falsch. Aber da waren die Kunden schon verschreckt, viele Franchise-Nehmer hatten aufgegeben. Gelegentlich stechen sich Franchise-Nehmer sogar gegenseitig aus: Burger-Ketten setzen neue Geschäfte manchmal direkt vor den Laden eines Konkurrenten. Ist der Kundenkreis zu klein, so bleibt der Hintermann schon mal auf der Strecke - und steht als Verlierer da.