Unspielbares ganz leicht

Von Robert Nemecek · 28.09.2012
Conlon Nancarrow ist ein Sonderfall in der Musik des 20. Jahrhunderts. Im Schaffen des Komponisten, der seit 1940 völlig isoliert in Mexiko lebte und erst Anfang der 1980er Jahre in Europa bekannt wurde, dreht sich fast alles ums Klavier, allerdings um ein sehr spezielles: das mechanisch betriebene Player Piano.
Wie viele andere Komponisten schrieb auch Nancarrow zunächst Musik für das "normale" Klavier, wandte sich aber 1947 vollständig dem Player Piano zu, das eine weitaus präzisere Wiedergabe seiner eminent schwierigen Kompositionen ermöglichte als menschlichen Interpreten. Einige seiner 50 Studies können wegen ihrer komplexen Polyphonie, die sich auch auf die Tempi erstreckt, bis heute nur von mechanischen Klavieren ausgeführt werden.

Lange Zeit galt das auch für die heute abend erklingende Sonatina, die bei Nancarrow den Übergang vom konventionellen Klavier zum Player Piano markiert. Da kein lebender Pianist zur Entstehungszeit des Werkes um 1941 und noch lange danach in der Lage war, die vertrackten Polyrhythmen in der geforderten Geschwindigkeit (Allegro molto im 3. Satz, einem dreistimmigen Kanon mit asymmetrischen Stimmeneinsätzen) korrekt auszuführen, stanzte er das Stück in Papierrollen, die er anschließend von seinem Ampico Player Piano fehlerfrei abspielen ließ. Die vom Pianisten Ivar Mikhashoff Mitte der 1980er Jahre angefertigte vierhändige Version macht das kurzweilige Stück wieder spielbar, und wenn es von zwei so virtuosen Pianistinnen wie Christina und Michelle Naughton dargeboten wird, wirkt es vollends wie ein Kinderspiel.


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