Unruhen im Iran

Aufstand der jungen Leute

Dieses, von einem nicht bei AP beschäftigten Fotografen aufgenommenen Foto, das der AP ausserhalb des Irans zur Verfügung gestellt wurde, zeigt Studenten, die am 30.12.2017 in der Universität von Teheran (Iran) während Protesten gegen die Regierung vor der Polizei flüchten.
Proteste im Iran © dpa-Bildfunk / AP
Raed Faridzadeh im Gespräch mit Dieter Kassel · 04.01.2018
Die Lage im Iran ist unübersichtlich. Die Demonstrationen gehen weiter, die Regierung macht das Ausland für die Unruhen verantwortlich. Der Germanistik-Dozent Raed Faridzadeh sieht vor allem junge Menschen auf den Straßen, die um ihre wirtschaftliche Zukunft kämpfen.
Im Iran hören die Demonstrationen nicht auf. Auch eine Woche nach Beginn der Proteste gegen die politische Führung gehen Menschen auf die Straße und zeigen ihren Unmut. In sozialen Medien kursieren Videos von Kundgebungen, die in der vergangenen Nacht gefilmt worden sein sollen.

Soziale Plattformen im Netz werden blockiert

Das Ausmaß der Proteste bleibt allerdings unklar, die Nachrichtenlage unsicher. Denn die staatlichen Medien berichten nicht über die Demonstrationen. Das Regime verlangsamt das Internet oder blockiert soziale Plattformen, auf denen sich die Demonstranten austauschen.
An Iranian woman raises her fist amid the smoke of tear gas at the University of Tehran during a protest driven by anger over economic problems, in the capital Tehran on December 30, 2017. Students protested in a third day of demonstrations sparked by anger over Iran's economic problems, videos on social media showed, but were outnumbered by counter-demonstrators. / AFP PHOTO / STR
Das Foto ist zu einem Symbol der Proteste im Iran geworden © AFP
Auch die Frage, wogegen sich die Demonstrationen genau richten, ist noch nicht endgültig beantwortet. Raed Faridzadeh, Dozent für Germanistik an der geisteswissenschaftlichen Fakultät der Shahid Beheshti Universität in Teheran, sieht in den Demonstrationen vor allem ein Aufbegehren junger Menschen, die aus wenig begüterten Schichten kommen und um ihre Zukunft kämpfen.

Vor zehn Jahren rebellierte die Mittelschicht

Im Deutschlandfunk Kultur sagte Faridzadeh, die meisten der Demonstranten seien jung - zwischen 15 und 25 Jahre alt. Es sei anders als von zehn Jahren, als die Mittelschicht rebelliert habe, erklärte Faridzadeh - das sähen auch die meisten Professoren an der Universität so.
Es seien die wirtschaftlichen Probleme im Land, die die armen Leute dazu gebracht hätten, auf die Straße zu gehen. Inzwischen gebe es aber tatsächlich auch eine "breite Palette von Parolen" auf den Demonstrationen, meinte der Dozent.

Ebadi: Bezahlt die Wasser- und Stromrechnungen nicht!

Die iranische Friedensnobelpreisträgerin Schirin Ebadi, die im Exil lebt, hat die Menschen in ihrem Heimatland inzwischen zur Fortsetzung der Proteste aufgerufen. Sie machte zudem den Vorschlag, Wasser- und Stromrechnungen nicht mehr zu bezahlen und Geld von den Banken abzuziehen.
Befürworter der iranischen Regierung demonstrieren in Ghom.
Hier demonstrieren Anhänger der iranischen Regierung - in der Stadt Ghom© AFP / Mohammad ALI MARIZAD
Bei den Protesten hat es inzwischen etliche Tote gegeben, Hunderte wurden verletzt oder verhaftet. UN-Generalsekretär António Guterres hat ein Ende der Gewalt verlangt. Er forderte ausdrücklich auch die Demonstranten auf, sich bei ihren Protesten friedlich zu verhalten. Die Regierung brachte indes Zehntausende Menschen auf die Straße, die am Mittwoch für das Regime demonstrierten. (ahe)
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