Unionspapier zu Islamverbänden

Plädoyer für verstärkten Dialog

08:56 Minuten
Gläubige beten mit Sicherheitsabstand in der Moschee des Islamischen Kulturzentrum in Wolfsburg. (Symbolbild)
Die vielen nicht in Verbänden organisierten Muslime seien wichtige Dialogpartner, sagt die Journalistin Sineb El Masrar. (Symbolbild) © picture alliance / dpa / Ole Spata
Sineb El Masrar im Gespräch mit Julius Stucke · 13.04.2021
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CDU und CSU wollen islamische Verbände, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden, nicht länger finanziell fördern. Die Journalistin Sineb El Masrar findet das richtig, warnt aber davor, konservative Muslime mit Islamisten gleichzusetzen.
Kein Geld mehr und keine Zusammenarbeit mit Islamverbänden in Deutschland, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Das fordern Bundestagsabgeordnete von CDU und CSU. Ein Papier dazu ist erarbeitet und soll in den nächsten Tagen von der Unionsfraktion beschlossen werden.
Der Staat müsse sich stärker mit dem "ideologischen Untergrund" von islamischen Vereinen und Verbänden in Deutschland beschäftigen und dürfe nicht nur den islamistischen Terrorismus in den Fokus nehmen, fordert das Papier. Warum? Weil der politische Islamismus sich "in Teilen unserer Gesellschaft breitgemacht" habe.
Wer aber eine "islamische Ordnung" anstrebe, in der es weder Gleichberechtigung noch Meinungsfreiheit gebe und Religion vom Staat nicht getrennt sei, der könne kein "Partner unseres Staates" sein.

Nicht das erste Papier dieser Art

Sineb El Masrar ist die Herausgeberin der multikulturellen Frauenzeitschrift "Gazelle Magazin" und hat sich das Papier von CDU/CSU angeschaut.* Die Journalistin meint: Dieses richte sich klar gegen "reaktionäre, islamistische Organisationen". Es sei im Übrigen nicht das erste derartige Positionspapier der Unionsparteien und stelle, wie auch ein früheres Papier, klar, "dass es sich eben nicht an alle Muslime richtet, sondern an die mit einer islamistischen Agenda".
Aus ihrer Sicht ist nun, 15 Jahre nach der Gründung der Deutschen Islamkonferenz, ein guter Zeitpunkt, daran zu erinnern, dass die Konferenz viel Zeit gehabt habe, sich aktiv von islamistischen Verbänden zu distanzieren. Die Deutsche Islamkonferenz war 2006 gegründet worden, um den Dialog zwischen dem deutschen Staat und den in Deutschland lebenden Muslimen zu fördern.

Dialog mit nicht-organisierten Muslimen suchen

Es sei seither einiges passiert – etwa in Sachen Imam-Ausbildung an deutschen Hochschulen und Lehrstühlen für islamische Religion an Universitäten, sagt El Masrar. Dennoch müsse man auch heute immer noch betonen, dass konservative Muslime nicht mit Islamisten gleichzusetzen seien.
Anders sei es bei vielen Verbänden: "Die haben alle eine Geschichte, die sehr stark mit dem politischen Islamismus verbandelt ist", so die Journalistin.

Probleme nicht tabuisieren

Wie also weiter im Gespräch mit nicht-islamistischen Muslimen bleiben? "Es gibt durchaus viele Muslime oder auch Moscheegemeinden, die in keinem der betroffenen Verbände organisiert sind." Diese gingen ihrer normalen Arbeit nach, betrieben Jugendarbeit, säßen in Ausländerbeiräten. Mit ihnen müsse der Dialog verstärkt gesucht werden.
Aber: "Wir dürfen Problematiken nicht tabuisieren, nur weil sie der einen oder anderen Gruppe vielleicht in die Hände spielen. Das funktioniert nicht", ist Sineb El Masrar überzeugt. Außerdem seien nicht nur die Unionsparteien gefragt, sondern auch Parteien wie die Grünen oder die SPD seien "eingeladen", sich Gedanken zu machen. Schließlich seien unter den Muslimen potenzielle Wähler.
(mkn/gawu)
*Redaktioneller Hinweis: Wir haben eine fehlerhafte Beschreibung der Zeitschrift korrigiert.
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