Unheimliche Erzählungen
Die britische Autorin und Literaturwissenschaftlerin Patricia Duncker, 1951 geboren, hat nach drei erfolgreichen Romanen - Die Germanistin, James Miranda Barry, Der tödliche Zwischenraum - nun ihren ersten Band mit Erzählungen veröffentlicht. Vielleicht sind nicht alle sieben Nachtstücke - so kündigt die Autorin sie in ihrem Vorwort an -, und nicht alle handeln von Sex und Tod.
Aber etwas Unheimliches strahlen fast alle aus, auch die, die scheinbar nur Banales erzählen. Beunruhigend ist es, wenn man nicht recht weiß, warum die Dinge passieren, oder ob sie überhaupt passieren und nicht nur imaginiert sind. So in der Horrorgeschichte "Verfolgung", in der die Ich-Erzählerin dem Stalker und Sexualmörder von zwei Frauen (darunter ihre eigene Ex-Geliebte) auf die Schliche kommen will – aber es offensichtlich darauf anlegt, den Unbekannten anzulocken, es genießt, als sie sich von ihm beobachtet fühlt, und von mörderischem Sex zu phantasieren beginnt.
Sophia Walters Shaw aus der gleichnamigen Geschichte ist Sexarbeiterin in einer nicht datierten Zukunft (oder Gegenwart?), deren Kunden zuweilen umgebracht werden – Sophias Kollegen Walters und Shaw sind Auftragsmörder, sie selbst ist der Lockvogel. "Handfeuerwaffen" ist eine Geschichte ganz ohne Sex, aber mit viel Tod: Die Erzählerin erinnert sich an die Nacht, die sie als junge Frau mit einem Vietnam-Veteranen verbrachte – redend, als Zeugin "einer ziemlich erschütternden Verzweiflung". Jahre später gerät sie in ein Massaker– hat sie es heraufbeschworen?
Ausgehend von einer friedlichen Reise nach Frankreich entfaltet "Der Streik" die apokalytische Vision einer plötzlich und unerklärlicherweise menschenentleerten Welt, nur die Erzählerin in ihrem abgelegenen südfranzösischen Dorf scheint der Katastrophe entronnen.
Richtig komisch ist die letzte Geschichte "Meine Betonung": Auch hier hat sich die Ich-Erzählerin, eine Dramatikerin, in ihr Haus in Südfrankreich zurückgezogen, um zu arbeiten – sie gerät allerdings an den Rand des Wahnsinns und wird fast zur Mörderin, weil ihre Nachbarn, eine französische Großfamilie, nicht nur unendlich viel Raum einnehmen, sondern auch unsäglich laut sind – nur eine turbulente Theateraufführung rettet die Erzählerin. Alltag und Shakespeare kommen zusammen und ergeben eine äußerst amüsante Mischung.
Die Figuren in allen Erzählungen sind auf den ersten Blick völlig unspektakulär– und entfalten erst nach und nach ein Potential von Hass, Gleichgültigkeit, Begierde, das die Abgründe in der ganz alltäglichen Normalität sichtbar macht: Nachtstücke der besonderen Art, schnörkellos und konsequent doppelbödig erzählt.
Patricia Duncker: Sieben Geschichten von Sex und Tod
Aus dem Englischen von Barbara Schaden,
Berlin Verlag 2005, 272 S., 19,90 Euro.
Sophia Walters Shaw aus der gleichnamigen Geschichte ist Sexarbeiterin in einer nicht datierten Zukunft (oder Gegenwart?), deren Kunden zuweilen umgebracht werden – Sophias Kollegen Walters und Shaw sind Auftragsmörder, sie selbst ist der Lockvogel. "Handfeuerwaffen" ist eine Geschichte ganz ohne Sex, aber mit viel Tod: Die Erzählerin erinnert sich an die Nacht, die sie als junge Frau mit einem Vietnam-Veteranen verbrachte – redend, als Zeugin "einer ziemlich erschütternden Verzweiflung". Jahre später gerät sie in ein Massaker– hat sie es heraufbeschworen?
Ausgehend von einer friedlichen Reise nach Frankreich entfaltet "Der Streik" die apokalytische Vision einer plötzlich und unerklärlicherweise menschenentleerten Welt, nur die Erzählerin in ihrem abgelegenen südfranzösischen Dorf scheint der Katastrophe entronnen.
Richtig komisch ist die letzte Geschichte "Meine Betonung": Auch hier hat sich die Ich-Erzählerin, eine Dramatikerin, in ihr Haus in Südfrankreich zurückgezogen, um zu arbeiten – sie gerät allerdings an den Rand des Wahnsinns und wird fast zur Mörderin, weil ihre Nachbarn, eine französische Großfamilie, nicht nur unendlich viel Raum einnehmen, sondern auch unsäglich laut sind – nur eine turbulente Theateraufführung rettet die Erzählerin. Alltag und Shakespeare kommen zusammen und ergeben eine äußerst amüsante Mischung.
Die Figuren in allen Erzählungen sind auf den ersten Blick völlig unspektakulär– und entfalten erst nach und nach ein Potential von Hass, Gleichgültigkeit, Begierde, das die Abgründe in der ganz alltäglichen Normalität sichtbar macht: Nachtstücke der besonderen Art, schnörkellos und konsequent doppelbödig erzählt.
Patricia Duncker: Sieben Geschichten von Sex und Tod
Aus dem Englischen von Barbara Schaden,
Berlin Verlag 2005, 272 S., 19,90 Euro.