Ungewaschenes Geld

Von Udo Pollmer |
Meldungen einer Umweltorganisation zufolge stecken in Kassenbons und Geldscheinen Chemikalien, die unfruchtbar machen können. Bis diese Stoffe zum gesundheitlichen Problem werden, müsste man allerdings zigtausende von Banknoten zum Frühstück verspeisen.
Hat Ihnen Ihr letzter Kassenbon auch nicht geschmeckt? Wie wir inzwischen von Greenpeace erfahren haben, soll das Thermopapier, das aus den Druckern bei der Kasse herauskommt doch glatt Chemie enthalten. Genauer gesagt Bisphenol A. Und das macht bei Verzehr – so Greenpeace – Männer doch glatt unfruchtbar. Sollte etwa die Neigung der Deutschen zum Kaufrausch die Ursache für die schwachen Jahrgänge sein? Und der chronische Mangel an Thermopapier in der DDR für deren höhere Geburtenrate?

Immerhin liegt der Meldung eine solide Studie zugrunde, die allerdings nicht vor Kassenzetteln warnt, sondern einfach nur herausfinden wollte, wo die Rückstände an Bisphenol A auf Geldscheinen herrühren. Als Ursache entpuppte sich die Gewohnheit, Quittungen im Portemonnaie zwischen die Scheine zu stecken und in der Hosentasche zu bebrüten. Wenn dann in einem Kilo Banknoten schlussendlich ein paar Milligramm davon hängengeblieben sind, ist das im praktischen Leben ohne jede Bedeutung. Es gibt zwar eine Buchstaben- aber noch keine Banknotensuppe.

Dabei ist die Sache mit dem Bisphenol A nicht der erste ökologische Finanzskandal, der unsere Geldbörsen erschüttert. Ein Volltreffer war die Meldung, Euro-Banknoten würden Gen-Baumwolle enthalten. Zur Herstellung der Scheine kaufen die Papierfabriken im Auftrag der Zentralbank Spinnabfälle von der Textilindustrie. Da fragt natürlich niemand nach der Züchtungsgeschichte der Ballen. Vielleicht sollte die Zentralbank fürderhin ihre Banknoten aus recycelten Jutetaschen herstellen, um mit der Zeit zu gehen.

Vor einiger Zeit hatte das Magazin Öko-Test aufgeregt den Fund von Tributylzinn in Euro-Banknoten gemeldet. Den Stoff braucht man zur Herstellung von Kunststoff als Stabilisator. Aber auch hier gilt: Bis die Gehalte zum gesundheitlichen Problem werden, müssten die Bürger täglich zigtausende von Banknoten zum Frühstück verspeisen – ein ziemlich ausgefallenes Hobby, das nicht mal dem Athener Finanzminister gut bekommen würde. Doch um in Zukunft derartigen Diskussionen aus dem Weg zu gehen, lenkte die Behörde ein, und verwendet heute tributylzinnfreie Substanzen. In Europa sollte zumindest die Zentralbank über genug flüssige Mittel zur Umsetzung von Ökospleens verfügen.
Ganz allgemein werden Verunreinigungen auf Banknoten von Schein zu Schein übertragen – egal ob im eigenen Portemonnaie oder per Geldzählautomaten in der Bank. Das ist der Grund, warum man auf allen Banknoten dieser Welt nicht nur Spuren von Bisphenol sondern auch von Kokain findet. Nicht nur das, auch Heroin, Morphium oder Amphetamine sind treue Begleiter unserer Währung. Scheine aus dem Drogengeschäft lassen sich anhand deutlich erhöhter Rückstände erkennen. Doch bevor hier noch eine neue Schein-Diät die Runde macht: Vom Geldlecken allein wird niemand high.

Dabei gibt es in der Tat Probleme mit unserem Geld – nicht nur in Hinblick auf den Kontostand. Von erheblichem Interesse sind Infektionserreger aller Art. Manche Viren können lange auf Banknoten überleben und warten dort geduldig auf Kunden. Dazu gehören nicht nur Grippeviren sondern auch Hepatitis C-Viren. So wurde sogar das Schnupfen von Kokain als möglicher Übertragungsweg diskutiert. Dabei sind nationale Eigenheiten der Banknoten nicht zu übersehen: Die Scheine spiegeln die Hygienelage der Ausgabeländer treu wider.

Vorbildlich sind die Japaner. Dort gibt es Geldautomaten, die das Geld vor der Ausgabe keimfrei machen. Solche Anlagen würde ich mir in jeder Bank zum Waschen schmutzigen Geldes wünschen. Von dieser Geldwäsche würden die Kunden vermutlich mehr profitieren als vom Aufspannen von Euro-Rettungsschirmen, die uns in Wahrheit doch nur im Regen stehen lassen. Mahlzeit!


Literatur:
Beller S: Giftige Bons. Greenpeace Magazin 2011; H.5
Liao C, Kannan K: High levels of bisphenol A in paper currencies from several countries, and implications for dermal exposure. Environmental Science & Technology 2011; 45: 6761-6768
Sharma A, Dhanashree B: Screening of currency in circulation for bacterial contamination. Current Science 2011; 100: 822-825
Ahmed SU et al: Evaluation of the microbial contamination of Bangladesh paper currency notes (taka) in circulation. Advances in Biological Research 2010; 4: 266-271
Europäische Zentralbank: Umweltauswirkungen der Euro-Banknoten. 20. Dezember 2007
Veevers L: ‚Shared banknote‘ health warning to cocaine users. The Independent 1. Oct. 2006
Thomas Y et al: Survival of influenza virus on banknotes. Applied and Environmental Microbiology 2008; 74: 3002-3007
Hitachi Ltd: Cash transaction machine and method with money disinfection. US 5374 814, 20. 12. 1994