Ungebremst in die Diktatur?

Die Türkei ein Jahr nach dem Putschversuch

Die Angeklagten werden zum Gericht geführt.
Nach dem Putschversuch hat es mahr als 50.000 Festnahmen gegeben. © AFP
Moderation: Oliver Thoma |
Vor einem Jahr, am 15. Juli 2016, wurde in der Türkei ein Putschversuch abgewehrt. Ist das Land auf dem Weg in eine Diktatur? Welchen Einfluss hat die politische Opposition noch oder wieder? Welche Rolle können und sollen die europäischen Nachbarn angesichts der Entwicklungen am Bosporus spielen?
Vor einem Jahr, am 15.Juli 2016, wurde in der Türkei ein Putschversuch abgewehrt – nicht zuletzt von den Bürgerinnen und Bürgern. Im Nachgang zu den noch immer nicht völlig geklärten Abläufen begann der türkische Präsident Erdogan, gegen mutmaßliche Putschisten und deren mutmaßliche Sympathisanten vorzugehen, aber auch gegen all jene, die ihn und seine Politik zu kritisieren wagen. Mittlerweile hat es über 160 000 Entlassungen und mehr als 50 000 Festnahmen gegeben.
Ist die Demokratie in der Türkei noch zu retten? Oder ist das Land unter dem sich zunehmend autokratisch gebärdenden, übermächtigen Präsidenten auf dem Weg in eine Diktatur? Welchen Einfluss hat die politische Opposition noch oder wieder? Welche Rolle können und sollen die europäischen Nachbarn angesichts der Entwicklungen am Bosporus spielen? Als wie gefährlich ist die Bewegung des im US-Exil lebenden Geistlichen Gülen wirklich einzuschätzen, die der türkische Präsident für die Anstifter des Putschversuchs hält? Und: Welchen Einfluss haben die Ereignisse in der Türkei auf die Lebenswirklichkeit türkischer oder türkisch-stämmiger Bürgerinnen und Bürger in Deutschland?
Darüber diskutieren in unserer Sendung Wortwechsel:
Lale Akgün, SPD, Publizistin und ehemalige Bundestagsabgeordnete:
"Es war ein kontrollierter Putsch, der sicher vorher schon bekannt war. (…) Die wichtigste Veränderung in der Türkei ist: Die Menschen haben Angst. (…) Es gibt genau die Ingredienzien, die man für eine Diktatur braucht. "
Baha Güngör, freier Journalist und Autor:
"Die Unschuldsvermutung gilt in der Türkei nicht mehr. Von oben wird entschieden, wer schuldig ist und das ist leider teilweise vergleichbar mit den Chef-Juristen von Hitler damals."
Ercan Karakoyun, Vorsitzender der "Stiftung Dialog und Bildung", die die Gülen-Bewegung in Deutschland vertritt:
Über die Verfolgung der Gülen-Bewegung: "Es ist, als ob man Bayern München verbieten würde, weil Uli Höness Steuern hinterzogen hat. (…) Es muss ganz klar rechtsstaatliche Prozesse geben – alles andere ist Anarchie; alles andere ist Diktatur."
Remzi Aru, Unternehmer aus Berlin, Gründer und Vorsitzender der Partei "Allianz Deutscher Demokraten":
"Die Gülen-Bewegung ist eine Art Scientology Sekte des Islams und so wie auch die Mun-Sekte will sie hauptsächlich das Beste der Menschen – ihr Geld nämlich."
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