Ungarisches WikiLeaks gestartet
Nachdem Ungarn Ende Juni die Präsidentschaft im Rat der Europäischen Union an Polen abgegeben hat, rückt Premier Orban der kritischen Presse auf den Leib. Fast 600 Journalisten wurden bei den öffentlich-rechtlichen Medien des Landes gefeuert. Ein mutiger Journalist hat nun eine Enthüllungs-Website gestartet und wird seitdem bedroht.
Seit 4. Juli gibt es die ungarische Enthüllungs-Website "atlatszo" – schon hat es Gründer und Chefredakteur Tamás Bodoky mit der Polizei zu tun:
"Ich habe einen Bericht über einen Hacker-Angriff auf eine Finanzberatungsgesellschaft veröffentlicht",
erzählt Bodoky bei unserem Treffen in einem Budapester Café.
"Der Hacker-Angriff fand bereits vergangenes Jahr statt, aber niemand hat bisher gewagt, darüber zu berichten, weil diese Firma selbst ein wichtiger Geldgeber für verschiedene Medien ist. Am Tag nach der Veröffentlichung klingelte die Polizei bei mir und fragte, woher ich von dem Hacker-Angriff wisse. Sie haben eine meiner Festplatten beschlagnahmt und sich auf das neue Medien-Gesetz berufen."
Das Mediengesetz der Regierung Orban ist seit Monaten in der Kritik. Es schreibt zwar "ausgewogene Berichterstattung" vor, doch was ausgewogen bedeutet, entscheidet ein Medienrat, der allein mit Parteifreunden Orbans besetzt ist. Bei Rügen des Medienrats drohen Zeitungen ruinös hohe Geldstrafen. Im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wurde hunderten unliebsamen Redakteuren gekündigt. Und das Gesetz verlangt, unter nicht näher definierten Umständen Informations-Quellen offenzulegen. Bodoky sieht seine Enthüllungs-Plattform als direkte Antwort, als "ungarisches WikiLeaks", wie er sagt:
"Ich dachte mir, lasst uns das neue Gesetz testen, ob es die Pressefreiheit garantiert oder nicht",
so der renommierte Universitätsdozent und Journalist, der in der Vergangenheit mehrere Preise gewonnen hat, unter anderem für das Aufdecken einer Korruptionsaffäre beim staatlichen Energieversorger MVM. Wenn in Ungarn Affären offengelegt werden, sagt Bodoky, ist das fast immer politisch gesteuert:
"Es gibt zum Beispiel ein sehr gut gemachtes investigatives Fernsehmagazin, finanziert allerdings von Geschäftsleuten, die der Orban-Partei Fidesz nahestehen. Also werden immer nur oppositionelle Sozialisten aufs Korn genommen. Das sehr gut. Aber andere Themen rühren sie nicht an."
Bodoky selbst hat den Anspruch, unabhängig zu sein. Er hofft auf finanzielle Unterstützung privater Stiftungen, etwa aus Norwegen und den USA. Bisher arbeitet die Zehn-Mann-Redaktion weitgehend ehrenamtlich. Das inhaltliche Echo sieht er als Erfolg:
"In der ersten Woche hatten wir 50.000 Leser, das ist nicht schlecht. Wir wollen am Ende drei Funktionen erfüllen: Selbstrecherchierte Geschichten veröffentlichen, die Möglichkeit für jedermann bieten, anonym Hinweise online zu stellen, und Bürger unterstützen, denen Regierungsbehörden Informationen verweigern."
Ob man ihn gewähren lässt? Niemand weiß, was passieren wird, sagt Tamás Bodoky:
"Selbst Anwälte können nicht einschätzen, was passiert, weil das neue Gesetz unpräzise ist. Es kommt also darauf an, wie die Behörden das Mediengesetz anwenden."
"Ich habe einen Bericht über einen Hacker-Angriff auf eine Finanzberatungsgesellschaft veröffentlicht",
erzählt Bodoky bei unserem Treffen in einem Budapester Café.
"Der Hacker-Angriff fand bereits vergangenes Jahr statt, aber niemand hat bisher gewagt, darüber zu berichten, weil diese Firma selbst ein wichtiger Geldgeber für verschiedene Medien ist. Am Tag nach der Veröffentlichung klingelte die Polizei bei mir und fragte, woher ich von dem Hacker-Angriff wisse. Sie haben eine meiner Festplatten beschlagnahmt und sich auf das neue Medien-Gesetz berufen."
Das Mediengesetz der Regierung Orban ist seit Monaten in der Kritik. Es schreibt zwar "ausgewogene Berichterstattung" vor, doch was ausgewogen bedeutet, entscheidet ein Medienrat, der allein mit Parteifreunden Orbans besetzt ist. Bei Rügen des Medienrats drohen Zeitungen ruinös hohe Geldstrafen. Im öffentlich-rechtlichen Rundfunk wurde hunderten unliebsamen Redakteuren gekündigt. Und das Gesetz verlangt, unter nicht näher definierten Umständen Informations-Quellen offenzulegen. Bodoky sieht seine Enthüllungs-Plattform als direkte Antwort, als "ungarisches WikiLeaks", wie er sagt:
"Ich dachte mir, lasst uns das neue Gesetz testen, ob es die Pressefreiheit garantiert oder nicht",
so der renommierte Universitätsdozent und Journalist, der in der Vergangenheit mehrere Preise gewonnen hat, unter anderem für das Aufdecken einer Korruptionsaffäre beim staatlichen Energieversorger MVM. Wenn in Ungarn Affären offengelegt werden, sagt Bodoky, ist das fast immer politisch gesteuert:
"Es gibt zum Beispiel ein sehr gut gemachtes investigatives Fernsehmagazin, finanziert allerdings von Geschäftsleuten, die der Orban-Partei Fidesz nahestehen. Also werden immer nur oppositionelle Sozialisten aufs Korn genommen. Das sehr gut. Aber andere Themen rühren sie nicht an."
Bodoky selbst hat den Anspruch, unabhängig zu sein. Er hofft auf finanzielle Unterstützung privater Stiftungen, etwa aus Norwegen und den USA. Bisher arbeitet die Zehn-Mann-Redaktion weitgehend ehrenamtlich. Das inhaltliche Echo sieht er als Erfolg:
"In der ersten Woche hatten wir 50.000 Leser, das ist nicht schlecht. Wir wollen am Ende drei Funktionen erfüllen: Selbstrecherchierte Geschichten veröffentlichen, die Möglichkeit für jedermann bieten, anonym Hinweise online zu stellen, und Bürger unterstützen, denen Regierungsbehörden Informationen verweigern."
Ob man ihn gewähren lässt? Niemand weiß, was passieren wird, sagt Tamás Bodoky:
"Selbst Anwälte können nicht einschätzen, was passiert, weil das neue Gesetz unpräzise ist. Es kommt also darauf an, wie die Behörden das Mediengesetz anwenden."