Reaktionen auf Chemnitz

Brauchen wir schärfere Sicherheitsgesetze?

Polizei und Spurensicherung verlassen am 10.10.2016 ein Haus im Stadtteil Paunsdorf in Leipzig (Sachsen). Zwei Tage nach dem brisanten Bombenfund in Chemnitz hat die Polizei dort den bundesweit gesuchten Terrorverdächtigen Syrer festgenommen.
Hier erfolgte der Zugriff: Ein Haus im Stadtteil Paunsdorf in Leipzig (Sachsen). © dpa / picture alliance / Hendrik Schmidt
Von Azadê Peşmen · 11.10.2016
Nach dem Fund von Sprengstoff in Chemnitz ist eine Debatte über die Sicherheit in Deutschland entbrannt. Die Unionsparteien fordern eine Verschärfung der Gesetze und bessere Überprüfung von Asylsuchenden. Der Koalitionspartner SPD ist da anderer Meinung.
Die Bundeskanzlerin Angela Merkel dankt den Syrern, die die Verhaftung des mutmaßlichen Terroristen Jaber al-Bakr erst möglich machten. Dass der Zugriff nur durch einen Zufall erfolgte, streitet Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen im Morgenmagazin ab:
"Nein das war nicht Kommissar Zufall, als Nachrichtendienst haben wir einen sehr hohes Interesse daran, dass keine Terroranschläge stattfinden. Wir sind nicht so interessiert an der Strafverfolgung, das ist Aufgabe des Generalbundesanwalts. Ich will nicht, dass es in diesem Land Terroranschläge gibt und das haben wir verhindert. Aus meiner Sicht war es fünf vor zwölf und wir haben insoweit alles richtig gemacht."
Der Sprengstofffund in Chemnitz hat eine bundespolitische Debatte über die Sicherheit in Deutschland ausgelöst. CSU-Innenpolitiker Hans-Peter Uhl fordert, dass Geheimdienste "endlich einen vollautomatischen Zugang zur Kerndatenbank der Asylsuchenden bekommen". Jeder Asylsuchende in Deutschland müsse mit allen international verfügbaren Datenbanken über Terrorverdächtige abgeglichen werden. Die CDU fordert, die Sicherheitsgesetze für Geflüchtete zu verschärfen und Polizei und Verfassungsschutz zu ermöglichen, sie bereits bei der Ankunft zu überprüfen.

Generalbundesanwalt: "Homegrown Terrorism" spiele wichtige Rolle

Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der SPD, Eva Högl, spricht sich dagegen aus, da diese Maßnahme alle Geflüchteten unter Generalverdacht stelle. Auch einen neuen Haftgrund mit dem Namen "Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung" zu schaffen, wie von Innenminister Thomas de Mazière im August vorgeschlagen, lehnt sie ab:
"Man kann nicht jede Person, die irgendwie potenziell gefährlich sein könnte, direkt inhaftieren, sondern wir haben gute Haftgründe, die sehen ein ausreichendes Instrumentarium vor für Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte, Personen festzusetzen. Und daran müssen wir auch erstmal nichts ändern."
Es sind aber nicht nur Menschen, die erst seit Kurzem in Deutschland leben, die im Visier der Sicherheitsdienste sind. Der so genannte "Homegrown Terrorism" - also mutmaßliche Täter, die in Deutschland aufgewachsen sind und sich hier radikalisieren - spielt ebenfalls eine wichtige Rolle, meint Generalbundesanwalt Peter Frank:
"Deutschland ist schon seit Längerem im Visier des islamistischen Terrorismus. Das sagen die Sicherheitsbehörden seit einigen Monaten und seit über zwei Jahren, das hat sich jetzt auch wieder realisiert. Wir müssen auch sehen, dass nicht nur durch Flüchtlinge Anschlagspläne und Anschläge nach Deutschland gekommen sind. Denken sie nur an den Anschlag, den eine Jugendliche am Hannoverschen Hauptbahnhof gegen einen Bundespolizisten durchgeführt hat. Dabei handelte es sich nicht um einen Flüchtling."
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