Unesco-Direktorin über Notre-Dame

Wie die Restauration des Welterbes gelingen kann

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Blick auf das zerstörte Dach der Kathedrale Notre Dame in Paris
Die Unesco hat ihre Hilfe beim Wiederaufbau der zerstörten Teile von Notre-Dame de Paris angeboten. © AFP / Christophe Petit Tesson / Pool
Mechthild Rössler im Gespräch mit Vladimir Balzer · 17.04.2019
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Nach dem Brand der Pariser Kathedrale wird die französische Regierung einen Architektenwettbewerb für Notre-Dame ausschreiben. Die UNESCO will über den Wiederaufbau der Kirche wachen, sagt Mechthild Rössler, die Direktorin des Welterbezentrums.
Nach dem verheerenden Brand des Wahrzeichens wird die französische Regierung einen internationalen Architektenwettbewerb für Notre-Dame ausschreiben. Koordinieren soll den Wiederaufbau der ehemalige Generalstabschef der französischen Streitkräfte, Jean-Louis Georgelin. Präsident Emmanuel Macron hat den Wiederaufbau als "große Herausforderung und historische Verantwortung" bezeichnet. Bischof Patrick Chauvet erklärte unterdessen, die Kathedrale müsse bis zu sechs Jahre lang geschlossen bleiben.
Die Direktorin des Welterbezentrums der UNESCO in Paris, Mechthild Rössler, sagte im Deutschlandfunk Kultur, ihre Organisation habe den französischen Behörden Hilfe beim Wiederaufbau von Notre-Dame angeboten. Dazu habe man bereits ein Team von Experten vorgestellt, die diesen Prozess begleiten könnten.

"Ein sehr heilsamer Prozess"

Die UNESCO kann über so manche Erfahrung im Umgang mit ihren 1092 Weltkulturerbe-Stätten zurückblicken, wie Rössler berichtet. Dabei habe es auch schon Situationen mit Feuer und Wiederaufbau gegeben. Diese Erfahrungen habe man in einem Stufenplan zusammengefasst, der auch im Fall von Notre-Dame befolgt werden könnte. Natürlich habe Frankreich genügend eigene Erfahrung und Experten.
"Aber ich glaube, der Prozess ist sehr heilsam, weil es eine komplexe Stätte ist. Notre-Dame ist ein Teil des Welterbes des Seine-Ufers und selbst eine komplexe Stätte, wo Sie die verschiedenen Schichten der Geschichte sehen." Im Laufe des stufenförmigen Prozesses würden also Fragen gestellt, bis zu welchen Zeitschichten man restaurieren wolle oder eben auch könne. Was ist überhaupt angesichts der heutzutage verfügbaren Materialien und Handwerkskünste noch möglich? "Haben wir das Holz, das wir dafür brauchen? Oder gibt es das gar nicht mehr?"

Brücke von Mostar wechselte die Welterbe-Kategorie

Natürlich werde die UNESCO die Restauration kontrollieren, was durch die sehr gute Dokumentation dieses Wahrzeichens kein Problem sei. Hier habe sie keine Bedenken, erklärt Mechthild Rössler. Für die UNESCO stehe natürlich außer Frage, dass man das Objekt im selben Zustand wiedersehen wolle, in dem es als Erbe eingetragen wurde.
Es habe aber auch schon Objekte gegeben, die nach dem Wiederaufbau nicht mehr in die ursprüngliche Kategorie eingetragen werden konnten - wie beispielsweise die Brücke von Mostar: Hier reichte es nach der Restauration nicht mehr für die Kategorie "Architektur", stattdessen nur noch für die Kategorie "assoziative Werte" - weil die Brücke zwei getrennte Völkergruppen verbinde.
Zudem dürfe man nicht vergessen, so Rössler weiter, dass es im Fall von Notre-Dame verschiedene Akteure gebe und hier die Kirche und die Gläubigen dazugehörten. Daher plädiert sie für einen transparenten Prozess.
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