Unbekannte Filme aus allen Ecken der Welt
Vom 12. bis zum 18. Juni findet im spanischen Granada zum 4. Mal das "Festival des Südens", "Cines del Sur” statt. Es zeigt Filme aus den Regionen, die man früher unter dem Begriff "Dritte Welt” zusammenfasste. Neun Filme stehen im Wettbewerb um die goldene Alhambra.
Ein iranischer Geheimpolizist gesteht einer Kassiererin im Supermarkt seine Liebe. Vergeblich. Eine der ineinander verschachtelten skurrilen Episoden des iranischen Debütfilms "Ashkan, der Zauberring und anderer Geschichten".
In ausdrucksstarken Schwarz-Weiß-Bildern und mit trockenem Humor hat Filmemacher Shahram Mokri starke Anleihen bei Tarantino und anderen amerikanischen Regisseuren gemacht. Der 35-jährige sieht sich als Vertreter einer neuen Generation des iranischen Films:
Shahram Mokri: "Ich bin sehr froh, dass mittlerweile iranische Filme auch eine neue Sicht auf unser Land zeigen. Ich habe nie viel von dieser Reduzierung iranischer Filmemacher auf das Exotische gehalten. Ich möchte, dass so viel wie möglich unterschiedliche Facetten unseres Landes sichtbar werden."
Iran stand dieses Jahr im Brennpunkt des Festivals, eine Hommage galt ein Jahr nach dem Beginn der Protestbewegungen dem Filmemacher Jafar Panahi, der vor Monaten in Teheran verhaftet wurde. Vor vier Jahren war er der erste Jurypräsident in Granada. Für die iranischen Filmemacher, so Sharam Mokri, seien solche Solidaritätsbezeugungen sehr wichtig:
"Die politische und auch die juristische Situation hat sich für alle Filmemacher verschärft. Und Panahi ist der Erste von uns, der wirklich massive Probleme bekommen hat. Auch deshalb setzen wir uns mit allen Mitteln für seine Freiheit ein."
Weitere Schwerpunkte waren dieses Jahr dieses Jahr Israel und Palästina. Der israelische Wettbewerbsbeitrag "A Film Finished" setzt sich mit der Entstehung von NS-Propagandaaufnahmen aus dem Warschauer Ghetto auseinander. Dabei geht es dem Film, so Produzent Itay Ken-Tor, um grundsätzliche Wirkungsmechanismen filmischer Propaganda:
"Für mich ist es nicht nur ein Film über den Holocaust, es ist ein Film über Bilder, und wie wir sie wahrnehmen. Und gerade heute, wo Bilder immer stärker unsere Wahrnehmung der Wirklichkeit beeinflussen, ist es gut darüber nachzudenken, wie und warum sie entstehen."
Beklemmend direkt sind die Bilder eines palästinensischen Dokumentarfilmers, den die Invasion des Gazastreifens durch die israelische Armee gemeinsam mit internationalen Freiwilligen, Rettungssanitätern und Ärzten überraschte. Ein israelischer Dokumentarfilm hinterfragt kritisch die Bedeutung des Antisemitismus für die Rechtfertigung der israelischen Politik. Die kritische Grundhaltung des linken israelischen Filmemachers machte wenig Eindruck auf die spanischen Jugendlichen, die mit wehenden palästinensischen Fahnen vor dem Freilichtkino zum Boykott israelischer Filme aufforderten.
Der Filmkritiker Kasimiro Torreiro, einer der Programmgestalter, sieht das Festival jenseits starrer Protestrituale als Brücke zwischen unterschiedlichen politischen und kulturellen Positionen:
Kasimiro Torreiro: "Es geht uns nicht darum, Konflikte zu schüren, was wir suchen, ist etwas ganz anderes: etwa, dass sich der iranische Filmemacher und der israelische Produzent plötzlich beim Mittagessen gegenübersitzen und merken, dass sie eigentlich in allen Fragen übereinstimmen, alsodass ein junger Iraner, Ahmadinedschad-Gegner, und ein progressiver Israeli merken, dass sie viel mehr gemeinsam haben als die Positionen ihrer Regierungen."
Im Wettbewerb standen neben sozialen und politischen Themen auch die sehr persönlichen Geschichten: aus Ägypten, dem Libanon und Israel, aber auch aus Brasilien, Vietnam, China und Südafrika, der größte Teil davon Debütfilme. Dabei reduziert sich Granada nicht auf das Autorenkino, sondern zeigt auch kommerziellere Genrefilme.
Für die libanesische Filmemacherin Viola Shafik, dieses Jahr Mitglied der internationalen Jury, ist diese Vielfalt und die ganz unterschiedlichen Ausgangsbedingungen schon im Begriff "Süden" angelegt:
Viola Shafik: "Natürlich sind auch Abhängigkeiten da, die ganz klar sind, also Autorenfilme der arabischen Welt, Autorenfilme aus Afrika, aus Südostasien würden nicht funktionieren ohne europäisches Geld. Das ist ganz klar. Also insofern sind da diese Abhängigkeitsverhältnisse immer noch gegeben, sie verschieben sich halt teilweise, wie sich eben auch die Begriffe verschieben, dann eben von Orient-Okzident, mal Dritte Welt-Erste Welt, jetzt sind wir bei Süden-Norden angelangt, aber letztendlich die Grundproblematik hat sich teilweise eben noch nicht aufgelöst, also auch in der Sichtweise."
Um gemeinsame Perspektiven so unterschiedlicher Filmkulturen bemüht sich seit vier Jahren die Plattform von insgesamt 15 "Festivals des Südens". Neben Indien, Südkorea und Ägypten ist auch das des afrikanischen Films in Burkina Faso und das des lateinamerikanischen Films im kubanischen Havanna vertreten. Konkret plant man dieses Jahr eine gemeinsame Retrospektive, eine Filmreihe, die dann auf allen Festivals der Plattform gezeigt werden soll. Der Direktor des Festivals von Havanna, Ivan Giroud:
Ivan Giroud: "Ziel unserer Plattform ist es, das lateinamerikanische, das asiatische und das afrikanische Kino zu verbreiten, in der Regel Filme, die in den großen Vertriebssystemen keinen Platz finden. Filme, die wir über unsere Festivals überall auf der Welt bekannt machen wollen."
Morgen endet das Festival mit einem indischen Stummfilmklassiker - "A throw of dice" aus dem Jahre 1929. Regie führte der deutsche Filmemacher Franz Osten. Der Blick zurück ist Teil der Philosophie von "Cines del sur", sagt der Programmgestalter und spanische Filmhistoriker Alberto Elena:
Alberto Elena: "Um die aktuelle Filmproduktion in Asien, Afrika und Lateinamerika zu verstehen, muss man auch wissen, dass sie nicht aus dem Nichts entstanden ist, sondern eine lange und ganz spezifische Geschichte haben. Deswegen zeigen wir dieses Jahr einen Stummfilmklassiker an so einem privilegierten Punkt des Programms wie der Abschlussgala."
In ausdrucksstarken Schwarz-Weiß-Bildern und mit trockenem Humor hat Filmemacher Shahram Mokri starke Anleihen bei Tarantino und anderen amerikanischen Regisseuren gemacht. Der 35-jährige sieht sich als Vertreter einer neuen Generation des iranischen Films:
Shahram Mokri: "Ich bin sehr froh, dass mittlerweile iranische Filme auch eine neue Sicht auf unser Land zeigen. Ich habe nie viel von dieser Reduzierung iranischer Filmemacher auf das Exotische gehalten. Ich möchte, dass so viel wie möglich unterschiedliche Facetten unseres Landes sichtbar werden."
Iran stand dieses Jahr im Brennpunkt des Festivals, eine Hommage galt ein Jahr nach dem Beginn der Protestbewegungen dem Filmemacher Jafar Panahi, der vor Monaten in Teheran verhaftet wurde. Vor vier Jahren war er der erste Jurypräsident in Granada. Für die iranischen Filmemacher, so Sharam Mokri, seien solche Solidaritätsbezeugungen sehr wichtig:
"Die politische und auch die juristische Situation hat sich für alle Filmemacher verschärft. Und Panahi ist der Erste von uns, der wirklich massive Probleme bekommen hat. Auch deshalb setzen wir uns mit allen Mitteln für seine Freiheit ein."
Weitere Schwerpunkte waren dieses Jahr dieses Jahr Israel und Palästina. Der israelische Wettbewerbsbeitrag "A Film Finished" setzt sich mit der Entstehung von NS-Propagandaaufnahmen aus dem Warschauer Ghetto auseinander. Dabei geht es dem Film, so Produzent Itay Ken-Tor, um grundsätzliche Wirkungsmechanismen filmischer Propaganda:
"Für mich ist es nicht nur ein Film über den Holocaust, es ist ein Film über Bilder, und wie wir sie wahrnehmen. Und gerade heute, wo Bilder immer stärker unsere Wahrnehmung der Wirklichkeit beeinflussen, ist es gut darüber nachzudenken, wie und warum sie entstehen."
Beklemmend direkt sind die Bilder eines palästinensischen Dokumentarfilmers, den die Invasion des Gazastreifens durch die israelische Armee gemeinsam mit internationalen Freiwilligen, Rettungssanitätern und Ärzten überraschte. Ein israelischer Dokumentarfilm hinterfragt kritisch die Bedeutung des Antisemitismus für die Rechtfertigung der israelischen Politik. Die kritische Grundhaltung des linken israelischen Filmemachers machte wenig Eindruck auf die spanischen Jugendlichen, die mit wehenden palästinensischen Fahnen vor dem Freilichtkino zum Boykott israelischer Filme aufforderten.
Der Filmkritiker Kasimiro Torreiro, einer der Programmgestalter, sieht das Festival jenseits starrer Protestrituale als Brücke zwischen unterschiedlichen politischen und kulturellen Positionen:
Kasimiro Torreiro: "Es geht uns nicht darum, Konflikte zu schüren, was wir suchen, ist etwas ganz anderes: etwa, dass sich der iranische Filmemacher und der israelische Produzent plötzlich beim Mittagessen gegenübersitzen und merken, dass sie eigentlich in allen Fragen übereinstimmen, alsodass ein junger Iraner, Ahmadinedschad-Gegner, und ein progressiver Israeli merken, dass sie viel mehr gemeinsam haben als die Positionen ihrer Regierungen."
Im Wettbewerb standen neben sozialen und politischen Themen auch die sehr persönlichen Geschichten: aus Ägypten, dem Libanon und Israel, aber auch aus Brasilien, Vietnam, China und Südafrika, der größte Teil davon Debütfilme. Dabei reduziert sich Granada nicht auf das Autorenkino, sondern zeigt auch kommerziellere Genrefilme.
Für die libanesische Filmemacherin Viola Shafik, dieses Jahr Mitglied der internationalen Jury, ist diese Vielfalt und die ganz unterschiedlichen Ausgangsbedingungen schon im Begriff "Süden" angelegt:
Viola Shafik: "Natürlich sind auch Abhängigkeiten da, die ganz klar sind, also Autorenfilme der arabischen Welt, Autorenfilme aus Afrika, aus Südostasien würden nicht funktionieren ohne europäisches Geld. Das ist ganz klar. Also insofern sind da diese Abhängigkeitsverhältnisse immer noch gegeben, sie verschieben sich halt teilweise, wie sich eben auch die Begriffe verschieben, dann eben von Orient-Okzident, mal Dritte Welt-Erste Welt, jetzt sind wir bei Süden-Norden angelangt, aber letztendlich die Grundproblematik hat sich teilweise eben noch nicht aufgelöst, also auch in der Sichtweise."
Um gemeinsame Perspektiven so unterschiedlicher Filmkulturen bemüht sich seit vier Jahren die Plattform von insgesamt 15 "Festivals des Südens". Neben Indien, Südkorea und Ägypten ist auch das des afrikanischen Films in Burkina Faso und das des lateinamerikanischen Films im kubanischen Havanna vertreten. Konkret plant man dieses Jahr eine gemeinsame Retrospektive, eine Filmreihe, die dann auf allen Festivals der Plattform gezeigt werden soll. Der Direktor des Festivals von Havanna, Ivan Giroud:
Ivan Giroud: "Ziel unserer Plattform ist es, das lateinamerikanische, das asiatische und das afrikanische Kino zu verbreiten, in der Regel Filme, die in den großen Vertriebssystemen keinen Platz finden. Filme, die wir über unsere Festivals überall auf der Welt bekannt machen wollen."
Morgen endet das Festival mit einem indischen Stummfilmklassiker - "A throw of dice" aus dem Jahre 1929. Regie führte der deutsche Filmemacher Franz Osten. Der Blick zurück ist Teil der Philosophie von "Cines del sur", sagt der Programmgestalter und spanische Filmhistoriker Alberto Elena:
Alberto Elena: "Um die aktuelle Filmproduktion in Asien, Afrika und Lateinamerika zu verstehen, muss man auch wissen, dass sie nicht aus dem Nichts entstanden ist, sondern eine lange und ganz spezifische Geschichte haben. Deswegen zeigen wir dieses Jahr einen Stummfilmklassiker an so einem privilegierten Punkt des Programms wie der Abschlussgala."