Unangestrengte Exkursion in die Welt der Pflanzen

09.01.2011
Aus Loki Schmidts Bedürfnis, anderen die Wunder der Natur nahezubringen, sind mehrere Bücher entstanden: "Das Naturbuch für Neugierige" ist das neueste und zugleich letzte der Biologin - eine Entdeckungsreise für große und kleine Leser.
Dass selbst der unwirtlichste Ort noch Pflanzen Lebensraum bieten kann, das lernte Loki Schmidt schon als kleines Mädchen. Eingezwängt in die Spalten des Kopfsteinpflasters vor der elterlichen Hinterhofwohnung entdeckte sie die Sägeblätter des Löwenzahns und fragt sich, warum der Löwenzahn auf der Waldwiese viel kräftiger ist als der zu Hause? Ihre kindliche Neugier für die sie umgebende Natur hat Loki Schmidt immer behalten. Ihre Faszination für Pflanzen und Tiere führte sie unvermeidbar zur Biologie. Da das Geld nicht für ein langes Studium reichte, wurde sie Lehrerin. Das hat sie nie bereut, denn mit großer Begeisterung erzählt sie von den Erkundungen der Natur, die sie mit ihren Klassen unternommen hat.

Aus diesem Bedürfnis, anderen die Wunder der Natur nahezubringen, sind mehrere Bücher entstanden: "Das Naturbuch für Neugierige" ist das neueste und zugleich letzte der Biologin. Loki Schmidt möchte gemeinsam mit dem Journalisten und Biologen Lothar Frenz ihre Leser, große wie kleine, auf eine Entdeckungsreise in die Pflanzenwelt mitnehmen, die uns umgibt. In einer Art Gespräch weisen sich die beiden im Buch gegenseitig auf Besonderheiten der Natur hin: Der eine steuerte eher naturwissenschaftliche Erkenntnisse bei, die andere persönliche Erinnerungen und Beobachtungen.

In zwölf Kapiteln versuchen sie, die eigene Faszination für die Welt der Pflanzen und nebenbei auch der Tiere zu erklären und zur Nachahmung zu animieren. Sie möchten dem Leser die Augen öffnen für die Schönheit der Pflanzen, die sich selbst bei unscheinbaren Gewächsen entdecken lässt - erfolgreich. Denn ihr eigenes Staunen über die botanischen Überraschungen überträgt sich. So lernt man, dass die Galläpfel auf Eichenblättern die Kinderstube für Wespen sind und früher zur Herstellung von Tinte dienten, auf unscheinbaren Moospolstern Dutzende mikroskopisch kleiner Bärtierchen leben, die winzige Algen fressen, die Zaubernuss bereits im Winter zu blühen beginnt, die Wurzeln der Wegwarte zur Chicorée-Zucht führten. Wunderschöne alte Lithographien, Zeichnungen und Fotos begleiten die Texte, machen das Erzählte anschaulich.

Vom häuslichen Rasen bis in die namibische Wüste oder die Urwälder des Amazonas – immer wieder zeigt Loki Schmidt, wie sich bereits in heimischen Pflanzen die weite Welt spiegelt, die sie als Frau des Bundeskanzlers auf Reisen kennenlernte. Statt in Boutiquen zu shoppen, streifte sie in den Gastländern lieber durch die Natur und entdeckte mit geschultem Blick sogar zwei bis dahin unbekannte Arten, in Mexiko eine Bromelie, ein Ananasgewächs, und am Amazonas einen Skorpion. Beide tragen nun ihren Namen. Etwas Unbekanntes zu entdecken - darauf war sie durchaus stolz.

Es ist nicht zuletzt die unverkrampfte Alltagssprache, der Plauderton und die unaufdringlichen Hinweise, worauf man bei der Naturbeobachtung vorrangig achten sollte, die dieses Buch zu einer unangestrengten Exkursion in die Welt der Pflanzen macht. Loki Schmidt muss eine fantastische, weil fantasievolle Lehrerin gewesen sein.

Besprochen von Johannes Kaiser

Loki Schmidt: Das Naturbuch für Neugierige
In Mitarbeit von Lothar Frenz
Rowohlt, Berlin 2010
235 Seiten, 19,95 Euro