UN-Material zu Kriegsverbrechen

Ein erst geheimes und jetzt für alle offenes Archiv

Zwei Kinder in London am 8. Mai 1945, dem Tag des Kriegsendes
Zwei Kinder in London am 8. Mai 1945, dem Tag des Kriegsendes. Danach begann auch die Aufklärungsarbeit der UN-Kommission zu Kriegsverbrechen. © dpa / picture alliance / epa Imperial War Museum/Ho
Bianca Bailey im Gespräch mit Vladimir Balzer · 02.05.2017
Als erste europäische Bibliothek macht die Wiener Library in London das UN-Archivmaterial zu Kriegsverbrechen für die Öffentlichkeit zugänglich. Die Geschichte dieses Archivs ist eng mit der Nachkriegszeit und den Spannungen des Kalten Krieges verbunden.
Die Wiener Library in London hat eine digitale Kopie des bisher nur in New York zugänglichen UN-Archivmaterials zu Kriegsverbrechen im Umfang von 900 Gigabyte erhalten. Es dokumentiert die Arbeit der United Nations War Crimes Commission (UNWCC).
Das UN-Archivmaterial sei nicht nur für Forscher, sondern für jedermann zugänglich, erläutert Bianca Bailey von der Wiener Library im Deutschlandfunk Kultur. Allerdings müssten Nutzer eine Verpflichtung zur Unterlassung jeglicher Veröffentlichung unterzeichnen.

Eine wechselvolle Geschichte

Die amerikanische UN-Kommission zu Kriegsverbrechen habe am Anfang eher im Geheimen gewirkt, so berichtet Bailey. Deren Arbeit sei eng mit der Nachkriegsgeschichte und den folgenden Spannungen des Kalten Krieges verbunden gewesen. Das habe zu einer wechselvollen Geschichte geführt:
"Nach dem Krieg war die Priorität des Westens der Wiederaufbau Deutschlands wegen der Drohung vom Kommunismus. Und die Kommission hat zu diesem Zeitpunkt vorgehabt, das Archiv der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Aber dann, durch die Dringlichkeit des Kalten Krieges, wurde das Archiv 1949 geschlossen. Warum dann später der Zugang so schwer gemacht wurde, das wissen wir nicht wirklich."
In den 80er-Jahren seien der Öffentlichkeit dann allmählich Akten – auch wegen der Waldheim-Affäre - zugänglich gemacht worden, sagt Bailey:
"Es wurden auch Berichte der Kommission veröffentlicht, das heißt, es war nicht geheim. Aber der Zugang war beschränkt. Das war das einzige Problem."
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