Umstrittene CO2 Speicherung

Erster deutscher Feldversuch abgeschlossen

Pilotanlage zur CO2-Speicherung in Ketzin bei Berlin
Pilotanlage zur CO2-Speicherung in Ketzin bei Berlin © dpa/picture alliance/Bernd Settnik
Von Susanne Nessler · 28.01.2016
Acht Jahre lang haben Wissenschaftler des Geoforschung-Zentrums die Speicherung von CO2 im Untergrund in einem Feldexperiment in Brandenburg untersucht. Lässt sich CO2 tatsächlich so entsorgen? Und wie lange geht das gut?
600 Meter tief unter dem Boden im brandenburgischen Ketzin sieht es vielleicht aus wie in einer Sprudelwasserflasche. Kleine mit CO2 gefüllte Bläschen drängen sich dicht an dicht im porösen Untergrund.
"Oh, CO2 im Untergrund, wie macht man das? Ist das überhaupt möglich? / Das ist eine sehr verbreitetet Vorstellung der Leute …."
sagt Tanja Kollersberger.
Die Geophysikerin erklärt auf Deutschlands erster Versuchsanlage zur Speicherung von Kohlendioxid jedem Besucher, wie die Lagerung von CO2 im Untergrund funktioniert.
"… und da sind solche Vorstellungen: wenn da natürlich eine Leckage ist oder eine Störung, dass es dann wie bei einer Seltersflasche, die geschüttelt ist, dass CO2 dann so herauskommt."
Bislang ist das gespeicherte CO2 geblieben wo die Wissenschaftler es hineingepumpt haben. Über 600 Meter tief im Untergrund. Es befindet sich dort verteilt im sehr feinen porösen Gestein. 67.000 Tonnen CO2 - abgedichtet werden sie durch verschiedene dichte Bodenschichten wie zum Beispiel Ton. Dieser liegt über dem porösen Sandstein und verhindert, dass das CO2 wieder entweichen kann, erläutert der Leiter der geologischen Speicherung Axel Liebscher.
"Also bisher haben wir keine Anzeichen, dass das CO2 sich weder vertikal noch lateral weit von der eigentlichen Injektionsstelle entfernt hat. Lateral wäre zu erwarten, das es sich ein bisschen ausbreitet im Untergrund, vertikal wäre ein Aufstieg nach oben, also eine Leckage und da haben wir keine Hinweise, dass dies aufgetreten ist."
CO2-Experiment: Wissenschaftler sind zufrieden
Die Wissenschaftler sind zufrieden mit dem Feldexperiment. Zunächst haben sie den Untergrund erkundet, Löcher gebohrt und das Kohlendioxid dann in die entsprechende Gesteinsschicht injiziert. Das hat gut funktioniert. Vergangenen Herbst wurden dann zusätzlich fast 3000 Tonnen Sole in das unterirdische CO2-Lager gepumpt. Der Salzwassertest sollte klären, ob es zu einer Verdrängung oder Ausbreitung des CO2 im Untergrund kommen kann.
"Das soll unten im Boden bleiben, wo wir es eingespeichert haben."
Während des Versuchs wurde dann über die elektrische Spannung – die so genannte Geoelektrik – im Boden gemessen, ob das Treibhausgas auch tatsächlich im Untergrund bleibt. Oberirdisch direkt über dem Boden ermittelten die Forscher gleichzeitig die CO2-Konzentration. Das war wichtig, erklärt Axel Liebscher, denn eine der Hauptfragen war die Sicherheit.
"Die Übertragbarkeit von Ketzin auf andere Standorte ist immer schwierig, weil natürlich die Geologie an jedem Standort unterschiedlich ist. Was wir von Ketzin übertragen können, sind die Überwachungsmethoden, die wir eingesetzt haben."
In hoher Konzentration kann Kohlendioxid toxisch wirken. Das Gas ist farb- und geruchslos, etwas schwerer als Luft und reichert sich deshalb schnell am Boden an. Ein Grund weshalb der Feldversuch in Ketzin auch auf der "Grünen Wiese", außerhalb der Ortschaft durchgeführt wurde.
Politisch hat man sich vor einigen Jahren schon auf die CCS-Technik geeinigt, um die Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Doch dass die unterirdische CO2 Lagerung das Problem löst, ist ein Trugschluss, sagt Sebastian Scholz, Experte für Energiepolitik beim Naturschutzbund
"So ist es. Vor allem muss man auch sehen, dass das eine Technologie ist, die Hinterlassenschaften hat ähnlich wie die Atomkraft, nämlich auf Ewigkeiten müsste das gespeichert sein und ein Monitoring stattfinden und das kann man heute nicht gewährleisten, dass man in mehreren tausend Jahren dieses Monitoring noch hat."
"Es ist eine Lösung auf Zeit"
CCS Techniken verschieben das Problem der CO2 Emissionen nur, sie lösen es nicht. Kohlekraftwerke kann man abschalten und durch alternative nachhaltige Energiegewinnung wie zum Beispiel Windkraft ersetzen. Aber für die bei der Stahl- und Zementherstellung anfallenden CO2 Emissionen gibt es bislang keine Alternativen. Da liegt der Gedanken nahe, das Kohlendioxid aus den Prozessen abzuspalten und unterirdisch zu lagern.
"Es ist eine Lösung auf Zeit. Wer der Meinung ist, dass man nur mit CCS das Klimaproblem wird lösen können, der ist auf dem Holzweg",
… sagt auch Axel Liebscher.
Trotzdem es bleibt die Frage, für wie lange lässt sich das CO2 Problem in den Untergrund verschieben? 50, 60 vielleicht sogar 100 Jahre so die Schätzungen der Forscher. Platz ist da. Vor allem im Norden Deutschlands finden sich größere Gebiete mit den geeigneten geologischen Gesteinsschichten dafür, weiß der Forscher und verweist auf Norwegen, wo schon länger Kohlendioxid im Untergrund gelagert wird.
"Also die Norwegische Firma Stat Oil betreibt einen geologischen CO2 Speicher vor der Küste von Norwegen. Da werden seit 1996 pro Jahr eine Million Tonnen C02 eingespeichert und dieser Speicher ist noch lange nicht voll."
Im Feldversuch waren es gerade mal 67.000 Tonnen CO2. Ein Bruchteil dessen, was in Zukunft möglicherweise von Seiten der Industrie unterirdisch gespeichert werden soll.
In Ketzin verschließen die Forscher jetzt erst einmal die Bohrlöcher. Das eingespeiste CO2 bleibt im Untergrund. Es wird weiterhin überwacht. Der Versuch ist zu Ende.
Mehr zum Thema