Umgang mit Wildtieren

Soll man Vögel füttern?

Eine Blaumeise (Cyanistes caeruleus) in einem Garten in Sieversdorf (Brandenburg). Vom 8. bis 10. Januar 2016 findet zum sechsten Mal die bundesweite "Stunde der Wintervögel" statt, zu der der Naturschutzbund Deutschland (NABU) aufgerufen hat.
Eine Blaumeise - der Nabu empfiehlt Vögelfüttern im Winter nur bei großer Kälte und geschlossener Schneedecke. © picture alliance / dpa / Patrick Pleul
Von Anja Nehls · 05.01.2017
Viele Tierfreunde wollen Vögeln im Winter etwas Gutes tun und füttern sie mit Kernen, Nüssen oder Obst. Ob den Tieren das nützt oder schadet, ist umstritten. Der Naturschutzbund Deutschland befürwortet das Füttern - wenn bestimmte Regeln eingehalten werden.
Max die Meise kämpft mit einem Sonnblumenkern. Ein paarmal schlägt er ihn mit dem Schnabel aufs Holz. Dann ist er aufgeknackt und Max macht den Platz frei für die nächsten seiner schätzungsweise 500 besten Freunde.
"Es kommen Meisen, es kommen Spatzen, es kommen Finken , es kommen wenn wir Glück haben Kernbeißer und die Dompfaffe."
Sagt Angelika Kortmann, die ihrem Garten in Franken ein kleines Paradies für hungrige Wintervögel geschaffen hat. Weil sie die vielen Vögel nicht wirklich unterscheiden kann, heißen alle Meisen Max und alle Finken Fritz und gehören quasi mit zur Familie. Ein prächtiges Vogelhaus aus Birkenholz mit Strohdach steht ein paar Meter vor dem Küchenfester des kleinen Einfamilienhauses. So können die Kortmanns mit Max und Co quasi gemeinsam frühstücken. Toast mit Rührei wird draußen natürlich nicht serviert:
"Füttern tun wir Sonnenblumenkerne mindestens im Jahr fünf bis sechs Sack à 25 Kilo. Soviel Vögel haben wir hier. Und als Zugabe machen wir Palminfett mit Sonnenblumenkernen gemischt in Blumentöpfe. Die werden verkehrt herum aufgehängt, unten kommt ein Tannenzweig rein und das fressen die wie wild.

Sonnenblumenkernen nicht für alle Vögel geeignet

Damit macht Familie Kortmann erstmal alles richtig, soweit sind sich fast alle Naturschutzorganisationen einig. 15 bis 20 Millionen Euro geben die Deutschen nach Angaben des Naturschutzbundes NABU jährlich für Vogelfutter aus. Ob das nun für das Überleben der Vögel im Winter wirklich nötig ist, ist umstritten. Die Natur reguliert sich weitgehend selber, meint der Nabu und lehnt eine Fütterung zwar nicht generell ab, empfiehlt sie aber nur bei großer Kälte und geschlossener Schneedecke. Wer füttern will, sollte es dann aber richtig machen, meint Kathrin Klinkusch vom NABU. Sonneblumenkerne, gehackte Nüsse, Hanf, Mohn und Getreideflocken seien gut geeignet für Meisen, Finken und Sperlinge.
"Aber es gibt eben auch Weichfutterfresser, das sind Rotkehlchen, Heckenbraunelle, Amseln, Wacholderdrossel der auch ein Zaunkönig. Für die kann man eben Rosinen, Obst einen Apfelgriepsch, angebräunte Äpfle, Haferflocken oder Kleie anbieten, am beste in Bodennähe, vielleicht auf der Terrasse auslegen.
Während der NABU das Füttern der Vögel lediglich "nicht nötig" findet, argumentieren Gegner der Winterfütterung , dass damit auch Nesträuber angelockt werden, dass sich Zusatzfutter negativ auf die Fortpflanzung der Vögel auswirke und der Population schade, weil nun auch schwächere überleben.

Natürliche Futterquellen werden weniger

All das sei Quatsch, sagt wiederum der Ornithologe Peter Berthold. Laut Roter Liste sind rund 30 Vogelarten in Deutschland vom Aussterben bedroht. Drei Viertel gelten als gefährdet. Heute bevölkern nach Angaben von Berthold 80 Prozent weniger Vögel Deutschlands Wälder, Wiesen und Gärten als noch im Jahr 1800. Was den verbleibenden Tieren vor allem fehle, sei Futter – und das sei in Deutschlands ausgeräumten Landschaften schwer zu finden:
"Das Futter hat dramatisch abgenommen, eben durch die ganze Herbizide, durch das Verschwinden von Unkräutern und durch die Vernichtung von Insekten. Wir dürfen nicht vergessen, die Insekten haben 80 Prozent in Deutschland abgenommen. Keine Insekten mehr tot an der Windschutzscheibe, damit auch kein Futter mehr für Vögel und da müssen wir nachhelfen."
Peter Berthold verfüttert sieben Tonnen Futter pro Jahr an vier Großfutterstellen. Besser sei es aber, den eigenen Garten vogelfreundlich zu gestalten, sagt Kathrin Klinkusch vom NABU:
"Dass man Mut zu wilden Hecken hat oder auch die Wildblumenmischung, wenn die denn vertrocknet sind, dass man das einfach mal stehen lässt und nicht gleich im Herbst dann alles abreißt, weil da finden die dann halt auch noch Insekten, die sich verstecken und haben die Möglichkeit dort Futter zu finden."

Meisenknödel können gefährlich sein

Bei Familie Kortmann gibt es beides, einen vogelfreundlichen Garten und Zusatzfutter im Vogelhäuschen - und das auch noch so wie es ein soll, sauber und hygienisch:
"Das wird von oben bestückt, da ist oben ein Deckel drauf, das tun wir rein, dann rutscht das unten durch einen Schlitz raus, damit die Vögel nicht in dem Futter rumtreten und vor allem nicht reinkackern können."
Vorsichtig sein sollte man auch mit Meisenknödeln, weil sich die Vögel leicht in den leeren Netzen verfangen können und sterben. Außerdem sollte ein Futterhäuschen möglichst katzensicher und nicht zu nah am Fenster aufgestellt werden. Max die Meise und seine besten Freunde werden sich freuen.
Hier eine Liste mit Empfehlungen zum Vögelfüttern vom Naturschutzbund Deutschland
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