Umgang mit einem Tabu-Thema
Die Autoren des Buches "The Sun Ain‘t Gonna Shine Anymore” haben untersucht, wie das Thema Tod und Sterben in die Rockmusik und Jugendbewegung Einzug gehalten hat. Dabei stand nicht so sehr das Ableben bekannter Musikstars im Vordergrund, sondern der Umgang mit dem Tabu selbst.
Lange Zeit war der Tod in der Unterhaltungsmusik, wie auch im gesellschaftlichen Diskurs, ein Tabu. Die Autoren des Buches haben untersucht, wie das Thema Tod und Sterben in die Rockmusik und Jugendbewegung Einzug gehalten hat und parallel dazu im Rock‘n'Popmuseum Gronau eine Ausstellung gestaltet.
Dabei standen nicht so sehr das Ableben bekannter Musikstars im Vordergrund, sondern der Umgang mit dem Tabu selbst und die Frage, wie die Musiker der verschiedenen Musikstile mit diesem Thema im Laufe der Jahrzehnte umgegangen sind.
In der Frühphase der Rock- und Popmusik, in den 1950er Jahren, fanden sich so gut wie keine Texte, die sich mit Tod und Sterben beschäftigten. Wenn überhaupt, bezogen sie sich lediglich auf den Unfalltod bekannter Stars, wie zum Beispiel wie der Flugzeugabsturz von Buddy Holly und Ritchie Valens 1959. Selbst die Voodoo-Shows des farbigen Sängers Screamin‘ Jay Hawkins, mit Sarg und Totenschädel auf der Bühne, waren eher als Karikatur zu verstehen und weniger als ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema.
Die Beschäftigung mit dem Thema änderte sich Mitte der 60er Jahre durch den Einfluss bewusstseinserweiternder Drogen und letztendlich durch den Tod vieler bekannter Musiker. Auch der Vietnam-Krieg und der Umgang mit existentiellen Fragen spiegelten sich nun in der Rockmusik. Todessymbole waren an der Tagesordnung, apokalyptische Visionen galten als schick.
Bands und Musiker wie Black Sabbath, Alice Cooper und Velvet Underground stellten den Tod sogar in den Mittelpunkt ihrer musikalischen Performance und erreichten dadurch ungeheure Aufmerksamkeit. Das steigerte ihren Marktwert und wurde verstärkt als kommerzielles Marketinginstrument eingesetzt.
Der Tabubruch entwickelte eine ausgesprochen explosive Wirkung und diente als Provokation gegenüber der Erwachsenenwelt. Ende der 70er Jahre bildete sich mit der Gothic-Kultur sogar ein eigenständiger Musikstil heraus, deren schwarz gekleidete Anhänger das Thema Tod und Sterben zum Lebensgefühl erklärten, Partys auf Friedhöfen feierten, Todessymbole anlegten und sich der romantischen Verklärung von Tod und Sterben hingaben.
Die Autoren des Buches, darunter auch Studenten eines Seminars zu "Rockmusik und Todesthema", haben in 18 Einzelaufsätzen über die verschiedensten Aspekte und Facetten quer durch die Geschichte der Rockmusik gearbeitet. Dabei entstand eine Dokumentation, die an vielen Stellen mehr Informationen zu einzelnen Themen vermissen lässt. Zu viele Thesen und Themen werden nur kurz und oberflächlich angerissen, zu wenig hinterfragt und mit Nachweisen unterfüttert. Vor allem Songtexte, die sich inhaltlich mit dem Thema auseinandersetzen, finden sich im Buch zu wenige. Ebenso fehlen tiefer gehende philosophische Denkmodelle, die mehr über die Beweggründe der Musiker und die gesellschaftlichen Querverbindungen aufzeigen.
Das Buch ist dennoch empfehlenswert, da es das einzige, zumindest in Deutsch veröffentlichte Werk über dieses Thema ist und damit der passenden Einstieg für die Leser, die sich damit noch intensiver beschäftigen möchten. Zudem ist es den Autoren gelungen, sich allgemein verständlich und nicht zu wissenschaftlich auszudrücken. Es ist mit seinem didaktischen Ansatz gerade deshalb als Lehr- und Schulbuch die passende Begleitung einer Ausstellung zum Thema "Tod und Sterben in der Rockmusik" im Rock‘n'Popmuseum Gronau.
Das Buch "The Sun Ain‘t Gonna Shine Anymore - Tod und Sterben in der Rockmusik" ist eine Materialsammlung der Herausgeber Roland Seim und Josef Spiegel. Es ist als Katalogbuch zur gleichnamigen Ausstellung im Rock‘n Popmuseum Gronau erschienen. Das Buch hat 267 Seiten, 185 Farb- und 30 S/W-Abbildungen, ist im Telos Verlag Münster erschienen und kostet 16,80 Euro.
Rezensiert von Uwe Wohlmacher
Roland Seim/Josef Spiegel: The Sun Ain‘t Gonna Shine Anymore
- Tod und Sterben in der Rockmusik
Telos Verlag, Münster 2009
267 Seiten, 16,80 Euro.
Dabei standen nicht so sehr das Ableben bekannter Musikstars im Vordergrund, sondern der Umgang mit dem Tabu selbst und die Frage, wie die Musiker der verschiedenen Musikstile mit diesem Thema im Laufe der Jahrzehnte umgegangen sind.
In der Frühphase der Rock- und Popmusik, in den 1950er Jahren, fanden sich so gut wie keine Texte, die sich mit Tod und Sterben beschäftigten. Wenn überhaupt, bezogen sie sich lediglich auf den Unfalltod bekannter Stars, wie zum Beispiel wie der Flugzeugabsturz von Buddy Holly und Ritchie Valens 1959. Selbst die Voodoo-Shows des farbigen Sängers Screamin‘ Jay Hawkins, mit Sarg und Totenschädel auf der Bühne, waren eher als Karikatur zu verstehen und weniger als ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema.
Die Beschäftigung mit dem Thema änderte sich Mitte der 60er Jahre durch den Einfluss bewusstseinserweiternder Drogen und letztendlich durch den Tod vieler bekannter Musiker. Auch der Vietnam-Krieg und der Umgang mit existentiellen Fragen spiegelten sich nun in der Rockmusik. Todessymbole waren an der Tagesordnung, apokalyptische Visionen galten als schick.
Bands und Musiker wie Black Sabbath, Alice Cooper und Velvet Underground stellten den Tod sogar in den Mittelpunkt ihrer musikalischen Performance und erreichten dadurch ungeheure Aufmerksamkeit. Das steigerte ihren Marktwert und wurde verstärkt als kommerzielles Marketinginstrument eingesetzt.
Der Tabubruch entwickelte eine ausgesprochen explosive Wirkung und diente als Provokation gegenüber der Erwachsenenwelt. Ende der 70er Jahre bildete sich mit der Gothic-Kultur sogar ein eigenständiger Musikstil heraus, deren schwarz gekleidete Anhänger das Thema Tod und Sterben zum Lebensgefühl erklärten, Partys auf Friedhöfen feierten, Todessymbole anlegten und sich der romantischen Verklärung von Tod und Sterben hingaben.
Die Autoren des Buches, darunter auch Studenten eines Seminars zu "Rockmusik und Todesthema", haben in 18 Einzelaufsätzen über die verschiedensten Aspekte und Facetten quer durch die Geschichte der Rockmusik gearbeitet. Dabei entstand eine Dokumentation, die an vielen Stellen mehr Informationen zu einzelnen Themen vermissen lässt. Zu viele Thesen und Themen werden nur kurz und oberflächlich angerissen, zu wenig hinterfragt und mit Nachweisen unterfüttert. Vor allem Songtexte, die sich inhaltlich mit dem Thema auseinandersetzen, finden sich im Buch zu wenige. Ebenso fehlen tiefer gehende philosophische Denkmodelle, die mehr über die Beweggründe der Musiker und die gesellschaftlichen Querverbindungen aufzeigen.
Das Buch ist dennoch empfehlenswert, da es das einzige, zumindest in Deutsch veröffentlichte Werk über dieses Thema ist und damit der passenden Einstieg für die Leser, die sich damit noch intensiver beschäftigen möchten. Zudem ist es den Autoren gelungen, sich allgemein verständlich und nicht zu wissenschaftlich auszudrücken. Es ist mit seinem didaktischen Ansatz gerade deshalb als Lehr- und Schulbuch die passende Begleitung einer Ausstellung zum Thema "Tod und Sterben in der Rockmusik" im Rock‘n'Popmuseum Gronau.
Das Buch "The Sun Ain‘t Gonna Shine Anymore - Tod und Sterben in der Rockmusik" ist eine Materialsammlung der Herausgeber Roland Seim und Josef Spiegel. Es ist als Katalogbuch zur gleichnamigen Ausstellung im Rock‘n Popmuseum Gronau erschienen. Das Buch hat 267 Seiten, 185 Farb- und 30 S/W-Abbildungen, ist im Telos Verlag Münster erschienen und kostet 16,80 Euro.
Rezensiert von Uwe Wohlmacher
Roland Seim/Josef Spiegel: The Sun Ain‘t Gonna Shine Anymore
- Tod und Sterben in der Rockmusik
Telos Verlag, Münster 2009
267 Seiten, 16,80 Euro.