Umgang mit den Corona-Toten

Das einsame Sterben in der Pandemie

In den Krematorien stapeln sich die Särge mit der Aufschrift "Corona".
In den Krematorien stapeln sich die Särge mit der Aufschrift "Corona". © Jens Schlueter / AFP
Gerold Eppler im Gespräch mit Marietta Schwarz · 24.01.2021
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Corona-Patienten sterben einsam im Krankenhaus. Ein Abschiednehmen ist nicht möglich, weil sie hochansteckend sind. Und wenn sie gestorben sind, werden sie in Plastik eingeschweißt in den Sarg gelegt – erschwerte Bedingungen für trauernde Angehörige.
"Der Leichnam von Corona-Toten wird in sogenannte Bodybags eingeschweißt, um die Menschen zu schützen, die im Bestattungsinstitut, auf den Friedhöfen und in den Krematorien mit dem Leichnam umgehen", berichtet Gerold Eppler. Er ist stellvertretender Direktor des Museums für Sepulkralkultur.
50.000 solcher kontaminierter Leichname gibt es in Deutschland mittlerweile. Ihre Särge werden in den Krematorien extra gekennzeichnet, weil Amtsärzte, die einen letzten Blick auf die Toten werfen müssen, dies nur in kompletter Schutzausrüstung dürfen.

Erschwerte Trauerbedingungen

Die Menschen, die nun eingeschweißt in diesen Bodybags liegen, sind in der Regel einsam gestorben, wie Eppler berichtet: Ein Abschiednehmen am Krankenbett war in der Regel nicht möglich, weil sie als hoch ansteckend galten. Das alles erschwere die Trauer der Angehörigen sehr, so Eppler.
Doch von öffentlicher Trauer ist bislang nichts zu spüren. Nach Ansicht von Gerold Eppler liegt das daran, dass sich diese Pandemie langsam ausbreitet, und vor allem Einzelfälle gesehen werden.
"Es ist anders als bei Katastrophen, die plötzlich über die Menschen hereinbrechen, wie bei einem Flugzeugunglück, Tsunami oder Bombenanschlag." Solche Ereignisse betreffen viele Menschen auf einmal, sodass es hier zu Solidarisierungen kommt, wie Eppler erklärt.

Von der Aids-Pandemie lernen

"Angesichts des Todes erfahren wir unsere absolute Ohnmacht. Und angesichts der Pandemie haben wir kaum Möglichkeiten, uns mit Ritualen oder symbolhaften Handlungen aus dieser Ohnmacht zu befreien", sagt Eppler.
Dabei helfe ein Blick in die Vergangenheit: In den 1980er-Jahren, als viele Menschen an Aids starben, etablierten deren Angehörige neue Rituale, die später von den Bestattern aufgegriffen wurden, wie Eppler berichtet. Aus dieser Zeit kommt das Abspielen von Liedern, die die Verstorbenen gerne gehört haben, oder das Aufsteigenlassen von Luftballons in dem Augenblick, in dem der Sarg oder die Urne ins Grab gesenkt wird.
"Das waren ganz einfache, schlichte Rituale, die dazu beigetragen haben, ein Gemeinschaftsgefühl zu erzeugen."
(ckr)
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