Umdenken in Zeiten der Finanzkrise

Millionenerbe engagiert sich für Griechenland

Straßenszene in Athen am 20. August 2018, dem Tag, an dem das Rettungsprogramm für Griechenland ausläuft
Griechenland ist zwar vor dem Staatsbankrott bewahrt worden, vielen Menschen gehe es wirtschaftlich aber weiterhin nicht gut. © dpa / picture alliance / Ayhan Mehmet
von Florian Schmitz  · 20.08.2018
Heute läuft das internationale Kreditprogramm zur Rettung Griechenlands aus. Der Deutsch-Grieche Antonis Schwarz glaubt aber nicht an ein Ende der Krise. Er gehört zwar zum Kreis der Superreichen, mit seiner "Guerrilla Foundation" will er aber Europa-Projekte unterstützen.
Griechenland ist gerettet. Europas Sorgenkind bewahrt vor dem Staatsbankrott. Ab jetzt geht es aufwärts – so zumindest lautet die Botschaft aus Athen, Berlin und Brüssel. Auf den Straßen Griechenlands sieht man das anders: Kaum jemand profitiert vom Aufschwung. Auch die 42-jährige Grafikdesignerin Katarina sucht vergeblich nach Arbeit. An das Ende der Krise glaubt sie nicht. "Es gibt einfach keine richtigen Jobs", sagt sie. "Und wenn, dann sind die Löhne sehr gering. Von der Arbeit, die man findet, kann man kaum leben. Auch Vollzeitbeschäftigte bekommen kein ausreichendes Gehalt."
Solche Probleme kennt Antonis Schwarz nicht. Der 29-jährige Deutsch-Grieche wurde in eine milliardenschwere Pharmafamilie geboren. Für ihn jedoch kein Grund, Champagner zu schlürfen, während Andere ums Überleben kämpfen. "Eigentum verpflichtet" steht im Grundgesetz. Der Millionenerbe nimmt das ernst und sagt: "Mit viel Macht kommt auch viel Verantwortung. Als vermögender Mensch hat man die Möglichkeit, viele Dinge in Bewegung zu setzen. Man hat eine Wunderwaffe, die es einem ermöglicht, die Gesellschaft positiv zu gestalten. Und wenn man das in so kritischen Zeiten wie heute nicht macht, dann ist das schon grob fahrlässig."

Unterstützung für gesellschaftliches Umdenken

Schwarz entschied sich gegen eine Karriere im lukrativen Finanzsektor und zog ins kriselnde Griechenland. Von dort begann er, Menschen zu unterstützen, denen es wie ihm vor allem um eines geht: gesellschafliches Umdenken. Inzwischen ist daraus die "Guerrilla Foundation" geworden. Schwarz will mit dieser Stiftung Projekte finanzieren, die im Wirrwarr europäischer Förderung untergehen. "Wir unterstützen zum Beispiel Leute, die einen nachhaltigen Konsumstil fördern oder auch neue Ideen und Konzepte für eine Redemokratisierung präsentieren, Veranstaltungen und auch Aktionen mit zivilem Ungehorsam. Also eine breitgemischte Palette an Organisationen mit dem gemeinsamen Nenner, unser System zu verändern in eines, das sozial ist und ökologisches Wohlbefinden eher priorisiert als unser derzeitiges System."

Der gebürtige Münchener glaubt fest an die freie Marktwirtschaft und an einen funktionierenden Staat. Diesem aber mangele es in Griechenland trotz der Reformen an Effizienz. Dass viele Menschen hier keine Steuer zahlen? Schwarz hat dafür Verständnis. Man müsse gegen undurchsichtige Verflechtungen zwischen Politik und Wirtschaft vorgehen – und das nicht nur in Griechenland. Er sagt: "Was wir erst mal brauchen, ist stärkere Transparenz und eine Begrenzung des Einflusses von Lobbygruppen. Egal, wo du hingehst – in Europa gibt es das Problem, dass wirtschaftliche Eliten, also die Vermögenden, aber auch große Firmen, Unmengen an Geldern unkontrolliert an Parteien und an Politiker spenden können."
Der Deutsch-Grieche Antonis Schwarz
Der Deutsch-Grieche Antonis Schwarz© A. Schwarz

Mehr Transparenz

Inspiriert von der Transparenzinitiative "abgeordnetenwatch.de" gründete Schwarz vor vier Jahren gemeinsam mit Stefanos Loukopoulos den griechischen Ableger "vouliwatch". Auf der Plattform können Bürger mit Abgeordneten in Kontakt treten und sich über Vorgänge im Parlament informieren. Dort sei man mit dieser Idee zunächst auf Skepsis gestoßen, erinnert sich Loukopoulos:
"Als wir angefangen haben, war die Zurückhaltung in der Politik sehr groß. Man hatte einfach kein Verständnis dafür, wozu so etwas gut sein soll. Aber mit der Zeit haben sie verstanden, dass wir nicht von Drahtziehern gelenkt werden, auch, indem wir als Initiative selbst transparent sind. Außerdem haben die Medien viel über uns berichtet. Und dann haben sich einige im Parlament gedacht: 'Vielleicht bringt es doch etwas, wenn ich mich hier beteilige'."
Inzwischen beantworten gut 65 Prozent der Parlamentarier regelmäßig Fragen aus dem Volk. Für Schwarz ein wichtiger Schritt hin zu mehr Bürgerbeteiligung und einer Gesellschaft, die den Herausforderungen unserer Zeit neue Lösungen entgegensetzt und den Mächtigen dieser Welt die Stirn bietet: "Wir sollten uns in diesem Haus, in dem wir wohnen, in Europa, nicht zu sicher fühlen. Der Preis der Freiheit ist die ewige Wachsamkeit und wenn man sich nicht einsetzt, wird es ungemütlich."
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