Um der Menschen willen
Reform muss sein! Daran lässt der Ratsvorsitzende der EKD angesichts der gesellschaftlichen Entwicklungen in Deutschland keinen Zweifel. Ein Mehr an Reformen ist notwendig - ebenso ein Mehr an sozialer Gerechtigkeit, an Solidarität zwischen Reichen und Armen.
Für den erforderlichen Wandlungsprozess sind Glaubwürdigkeit und Vertrauen unabdingbare Voraussetzungen. Um der Zukunftsfähigkeit willen appelliert Huber nicht nur an die Kirchen, den sachlichen Blick auf gesellschaftliche Probleme zu fördern und für nachhaltige Lösungen einzutreten.
Worauf kommt es an, wenn eine Gesellschaft im Umbruch ist, wenn vermutlich nicht mehr trägt, was bislang stabil zu sein schien? Wie reagieren auf Staatsverschuldung und hohe Arbeitslosenzahlen, auf den Alterswandel der Gesellschaft und steigende Kosten im Gesundheitswesen?
Reformen sind unerlässlich. Angesichts zahlreicher Problemfelder spricht sich der Ratsvorsitzende der EKD für eine "atmende Reform" aus, für Reformen, mit denen auf neue gesellschaftliche Entwicklungen und Einsichten, auf erkannte Fehler und nicht beabsichtigte Nebenwirkungen reagiert wird. Bei allen theoretischen und pragmatischen Antworten, so Huber, bleiben die Kernfragen: Was ist letztlich das Ziel der Reformen? Und: Welches Menschenbild dient als Basis der Überlegungen?
Viele Menschen, so scheint es, glauben nicht an die positive Kraft der anstehenden Reformen. Sie fürchten Verluste, sehen sich als zukünftige Opfer oder sind bereits von den Reformmaßnahmen negativ betroffen. Demgegenüber hält der langjährige Professor für Evangelische Sozialethik fest:
"Reformen sind dazu da, das Vertrauen der Menschen in die Zukunft zu stärken. ... Von einer Reform des Sozialstaats ist zu erwarten, dass durch sie der Sozialstaat erhalten und zukunftsfest gemacht wird."
Vertrauen ist Huber zufolge das Schlüsselwort in der Orientierungskrise der Gegenwart. "Ohne Vertrauen in die Zukunft verliert eine Gesellschaft an Zukunftsfähigkeit." Vertrauen erneuern, lautet demnach Hubers Forderung.
Das gleichnamige Taschenbuch vereint auf knapp 130 Seiten acht Kapitel mit sozialethischen Darlegungen, die auf Ansprachen und Reflexionen Hubers aus dem Vorjahr zurückgehen. Von Verteilungs-, Beteiligungs- und Befähigungsgerechtigkeit ist ebenso die Rede wie von sozialer und kultureller Nachhaltigkeit. Man liest vom Umgang mit Feiertagen angesichts unbedachter Ökonomisierung und von der Notwendigkeit eines verstärkten gesellschaftlichen Dialogs über das Ziel des gegenwärtigen Reformprozesses wie über die Wege zu diesem Ziel.
Mit der Forderung "Vertrauen erneuern" weiß sich der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz in guter Gesellschaft: Johannes Rau hatte in seiner letzten Berliner Rede Vertrauen und Verantwortung als Grundlage jeglicher Veränderung herausgestellt. Und der amtierende Bundespräsident verwies in seiner Antrittsrede darauf, dass es "gerade in Umbruchphasen auf Vertrauen als Sozialkapital" ankomme. Hinter solcher Beschwörung des Vertrauens, dessen ist sich Huber sicher, steht eine Verunsicherung, wenn nicht gar eine "Erosion des Vertrauens". Davon wissen angesichts sinkender Mitgliederzahlen insbesondere Gewerkschaften und Parteien ein Lied zu singen. Für die Kirchen gilt Ähnliches.
Zwar zitiert Huber die Online-Untersuchung "Perspektive Deutschland", doch entnimmt er ihr eher Positives. Unerwähnt bleibt, dass 64 Prozent der Bundesbürger hohes Vertrauen in die Institution ADAC haben. (Auto und Mobilität sind und bleiben der Deutschen höchstes Gut.) Demgegenüber schneiden die katholische und evangelische Kirche mit 11 Prozent beziehungsweise 17 Prozent deutlich schlechter ab.
Huber schreibt für interessierte Laien in gut verständlicher Sprache. Er nennt die Probleme beim Namen, legt sozialethische Prinzipien dar, deutet Lösungswege an und bietet immer wieder Einblicke in das biblische Fundament seiner Reflexionen.
Bleibt anzumerken: Am 1. Juli stellt Gerhard Schröder im Bundestag die Vertrauensfrage. Egal, wie die Antwort ausfällt, schon jetzt steht fest: In den nächsten Jahren stehen zahlreiche und umfassende Reformen an. Sie erfordern Vertrauen - und können Vertrauen erneuern, wenn sozialethische Überlegungen und christliche Werte miteinbezogen, wenn die Ziele der Reformen und die Wege zu diesen Zielen transparent gemacht werden.
Wolfgang Huber: Vertrauen erneuern. Eine Reform um der Menschen willen
HERDER spektrum, Band 5605
Herder Verlag: Freiburg i.Br. / Basel / Wien 2005
127 Seiten, 7,90 Euro
Worauf kommt es an, wenn eine Gesellschaft im Umbruch ist, wenn vermutlich nicht mehr trägt, was bislang stabil zu sein schien? Wie reagieren auf Staatsverschuldung und hohe Arbeitslosenzahlen, auf den Alterswandel der Gesellschaft und steigende Kosten im Gesundheitswesen?
Reformen sind unerlässlich. Angesichts zahlreicher Problemfelder spricht sich der Ratsvorsitzende der EKD für eine "atmende Reform" aus, für Reformen, mit denen auf neue gesellschaftliche Entwicklungen und Einsichten, auf erkannte Fehler und nicht beabsichtigte Nebenwirkungen reagiert wird. Bei allen theoretischen und pragmatischen Antworten, so Huber, bleiben die Kernfragen: Was ist letztlich das Ziel der Reformen? Und: Welches Menschenbild dient als Basis der Überlegungen?
Viele Menschen, so scheint es, glauben nicht an die positive Kraft der anstehenden Reformen. Sie fürchten Verluste, sehen sich als zukünftige Opfer oder sind bereits von den Reformmaßnahmen negativ betroffen. Demgegenüber hält der langjährige Professor für Evangelische Sozialethik fest:
"Reformen sind dazu da, das Vertrauen der Menschen in die Zukunft zu stärken. ... Von einer Reform des Sozialstaats ist zu erwarten, dass durch sie der Sozialstaat erhalten und zukunftsfest gemacht wird."
Vertrauen ist Huber zufolge das Schlüsselwort in der Orientierungskrise der Gegenwart. "Ohne Vertrauen in die Zukunft verliert eine Gesellschaft an Zukunftsfähigkeit." Vertrauen erneuern, lautet demnach Hubers Forderung.
Das gleichnamige Taschenbuch vereint auf knapp 130 Seiten acht Kapitel mit sozialethischen Darlegungen, die auf Ansprachen und Reflexionen Hubers aus dem Vorjahr zurückgehen. Von Verteilungs-, Beteiligungs- und Befähigungsgerechtigkeit ist ebenso die Rede wie von sozialer und kultureller Nachhaltigkeit. Man liest vom Umgang mit Feiertagen angesichts unbedachter Ökonomisierung und von der Notwendigkeit eines verstärkten gesellschaftlichen Dialogs über das Ziel des gegenwärtigen Reformprozesses wie über die Wege zu diesem Ziel.
Mit der Forderung "Vertrauen erneuern" weiß sich der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz in guter Gesellschaft: Johannes Rau hatte in seiner letzten Berliner Rede Vertrauen und Verantwortung als Grundlage jeglicher Veränderung herausgestellt. Und der amtierende Bundespräsident verwies in seiner Antrittsrede darauf, dass es "gerade in Umbruchphasen auf Vertrauen als Sozialkapital" ankomme. Hinter solcher Beschwörung des Vertrauens, dessen ist sich Huber sicher, steht eine Verunsicherung, wenn nicht gar eine "Erosion des Vertrauens". Davon wissen angesichts sinkender Mitgliederzahlen insbesondere Gewerkschaften und Parteien ein Lied zu singen. Für die Kirchen gilt Ähnliches.
Zwar zitiert Huber die Online-Untersuchung "Perspektive Deutschland", doch entnimmt er ihr eher Positives. Unerwähnt bleibt, dass 64 Prozent der Bundesbürger hohes Vertrauen in die Institution ADAC haben. (Auto und Mobilität sind und bleiben der Deutschen höchstes Gut.) Demgegenüber schneiden die katholische und evangelische Kirche mit 11 Prozent beziehungsweise 17 Prozent deutlich schlechter ab.
Huber schreibt für interessierte Laien in gut verständlicher Sprache. Er nennt die Probleme beim Namen, legt sozialethische Prinzipien dar, deutet Lösungswege an und bietet immer wieder Einblicke in das biblische Fundament seiner Reflexionen.
Bleibt anzumerken: Am 1. Juli stellt Gerhard Schröder im Bundestag die Vertrauensfrage. Egal, wie die Antwort ausfällt, schon jetzt steht fest: In den nächsten Jahren stehen zahlreiche und umfassende Reformen an. Sie erfordern Vertrauen - und können Vertrauen erneuern, wenn sozialethische Überlegungen und christliche Werte miteinbezogen, wenn die Ziele der Reformen und die Wege zu diesen Zielen transparent gemacht werden.
Wolfgang Huber: Vertrauen erneuern. Eine Reform um der Menschen willen
HERDER spektrum, Band 5605
Herder Verlag: Freiburg i.Br. / Basel / Wien 2005
127 Seiten, 7,90 Euro