Ultraschall Berlin 2016

Empfindsamer Widerschein

Die lächelnden Musikerinnen des Boulanger Trio im Halbporträt mit einem Flügel im Hintergrund: Ilona Kindt, Karla Haltenwanger und Birgit Erz.
Die Musikerinnen des Boulanger Trio: Ilona Kindt, Karla Haltenwanger und Birgit Erz. © Felix Broede/Ultraschall
21.01.2016
Vier aufeinanderfolgende Abende vom Festival Ultraschall Berlin – diese Sendung steht in dieser Woche ganz im Zeichen der musikalischen Avantgarde. Heute Abend die Beiträge vom Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, vom Boulanger-Trio und vom Minguet Quartett.
Das Festival für neue Musik, das wir gemeinsam mit dem kulturradio vom rbb veranstalten, spürt auch in diesem Jahr wieder neuen künstlerischen Entwicklungen nach und bringt dabei denkbar Heterogenes in neue Kontexte.
Die Spanne reicht von der Hommage an Friedrich Cerha, den Doyen der österreichischen Nachkriegs-Moderne, bis zu jungen, multimedial arbeitenden Künstlern. Nicht weniger als vier höchst unterschiedliche Solo-Recitals loten das Spannungsfeld von Intimität und Extrovertiertheit aus. Das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin und das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin warten mit orchestraler Klangraffinesse auf. Und drei große Ensemblekonzerte bieten einerseits Einblicke in die Berliner Komponistenszene, andererseits Werke europäischer KomponistInnen wie Agata Zubel oder Francesco Filidei.
Am 17. Februar 2016 feiert Friedrich Cerha seinen 90. Geburtstag. Er ist ohne jede Frage der Doyen der Nachkriegs-Avantgarde in Österreich. Als Komponist hat er von Neoklassizismus und Serialismus zu einem höchst individuellen, unterschiedliche Elemente amalgamierenden Stil gefunden. Als Leiter des Ensembles die reihe hat er sich auch um das Konzertleben seiner Heimat verdient gemacht.
Das Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin und das Boulanger Trio kombinieren die Musik von Friedrich Cerha mit einem Werk des Cerha-Schülers Georg Friedrich Haas. Zugleich ist dieses Konzert ein Record Release Concert für eine neue CD des Boulanger Trios mit Kammermusik von Friedrich Cerha, die als Koproduktion mit Deutschlandradio Kultur entstand.
An der Bedeutung der Gattung Streichquartett, in der viele Komponisten seit Joseph Haydn Essentielles gesagt haben, hat sich bis in die Gegenwart und trotz zahlreicher Versuche, die Gattung totzusagen, nichts geändert.
In seinem dritten Streichquartett thematisiert Robert David Rusconi den Atem als "primitivsten und physischsten Akt zu leben, spielen und beten". Ein Versuch, "ein einmaliges Wiederfinden zwischen menschlicher Physiologie, Klangerzeugung und Hören zu erschaffen".
Auch die Komponistin Konstantia Gourzi sieht ihre Musik als einen "Widerschein von Empfindungen und Erinnerungen. Ich möchte sie immer wieder neu erwecken und meine Seele mit Tönen erzählen lassen" – in Kontrast zu Wolfgang Rihm, dessen neues Streichquartett in diesem Konzert seine deutsche Erstaufführung erlebt und der einmal Komponieren mit dem trockenen Satz bezeichnet hat: "Es entsteht nur etwas, wo es nicht steht."
Ausführliche Informationen zu Ultraschall Berlin finden Sie auf der Website des Festivals: ultraschallberlin.de
Ultraschall Berlin - Festival für neue Musik
Live aus dem Funkhaus Nalepastraße, Berlin
Georg Friedrich Haas
"Unheimat" für 19 Streichinstrumente (2009)
Friedrich Cerha
"Drei Stücke" für Violoncello und Klavier (2013)
Friedrich Cerha
"Fünf Sätze" für Violine, Violoncello und Klavier (2007)
Friedrich Cerha
"Fantasiestück in C.s Manier" für Violoncello und Orchester (1989/1999)
Boulanger Trio:
Karla Haltenwanger, Klavier
Birgit Erz, Violine
Ilona Kindt, Violoncello
Bruno Weinmeister, Violoncello
Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin
Leitung: Matthias Hermann
ca. 21:30 Uhr
Wolfgang Rihm
"Geste zu Vedova" für Streichquartett (2015)
Deutsche Erstaufführung
Roberto Rusconi
"De Arte Respirandi" Streichquartett Nr. 3 (2011)
Konstantia Gourzi
"Anájikon, the Angel in the Blue Garden" op. 61 für Streichquartett (2015)
Minguet Quartett:
Ulrich Isfort, Violine
Annette Reisinger, Violine
Aroa Sorin, Viola
Matthias Diener, Violoncello