Ultraschall Berlin 2015

Nietzsches Tantra

Der Komponist Sergej Newski
Der Komponist Sergej Newski © Harald Hoffmann/Ultraschall
28.01.2015
Tod und Antichrist erklingen und Heiner Müllers wird gedacht - Literatur und Musik gehen in diesem Festival-Konzert eine enge Verbindung ein. Die Neuen Vocalsolisten Stuttgart leihen ihre Stimmen den Werken von Sergej Newski, Stefan Keller, Oscar Bianchi und Luca Francesconi.
"Meiner Meinung nach bezieht die Kunst ihre Würde aus ihrer erneuernden Energie" - das sagt Helmut Lachenmann, der dieses Jahr 80 Jahre alt wird. Doch nicht nur Vaterfiguren wie Lachenmann oder Nikolaus Brass widmet sich Ultraschall Berlin, sondern auch zahlreichen jüngeren Komponisten. Mehr als 25 Ur- und Erstaufführungen – unter anderem von Michael Pelzel, Sergej Newski, Sarah Nemtsov und Vito Žuraj – bilden mit Wiederaufführungen wichtiger Werke der jüngsten Vergangenheit ein Netz von Bezügen und neuen Kontexten.
Es ist seit jeher der Ehrgeiz von Ultraschall Berlin, das Deutschlandradio Kultur und das Kulturradio vom RBB gemeinsam veranstalten, die besten Interpreten von Neuer Musik einzuladen. In diesem Jahr sind die großen Ensembles wie das Klangforum Wien, das Ensemble Modern, das ensemble recherche oder die Neuen Vocalsolisten Stuttgart ebenso vertreten wie jüngere Formationen, darunter das Trio Catch, das zu den hoffnungsvollen Entdeckungen der Neue Musik-Szene gehört, oder das Ensemblekollektiv Berlin.
Im Konzert der Neuen Vokalsolisten Stuttgart am zweiten Festivaltag im Hebbel am Ufer stand die enge Verbindung zwischen Literatur und Musik im Mittelpunkt: "Ante litteram" nennt Oscar Bianchi sein Werk, das sich der Inspiration durch so unterschiedliche Bücher wie The Infinite Jest von David Foster Wallace, Friedrich Nietzsches Der Antichrist und das Vigyan Bairav Tantra verdankt. Anagramme der Lyrikerin Unica Zürn bilden den literarischen Bezugspunkt für ein neues Vokalwerk des Schweizer Komponisten Stefan Keller. Gleich zweifach ist Sergej Newski vertreten. Sein Streichquartett "Und dass der Tod nicht fernbleibt" setzt sich mit dem Lyriker Michael Lentz auseinander. Heiner Müllers Dramolett "Herzstück" schließlich verwandelt sich bei Luca Francesconi in ein vielschichtiges, hintergründiges, sarkastisches Drama.
Ultraschall Berlin
Hebbel am Ufer, Berlin
Aufzeichnung vom 22. Januar 2015
Oscar Bianchi
"Ante litteram" für sechs Stimmen a cappella, Text: Oscar Bianchi
Sergej Newski
"Und dass der Tod nicht fern bleibt" für Sprecher und Streichquartett, Text: Michael Lentz
Stefan Keller
"Dunkel ist das WAR" für sechs Stimmen auf ein Anagramm von Unica Zürn (Uraufführung)
Luca Francesconi
"Herzstück" für sechs Stimmen auf einen Text von Heiner Müller
Neue Vocalsolisten Stuttgart:
Johanna Zimmer, Sopran
Susanne Leitz-Lorey, Sopran
Truike van der Poel, Mezzosopran
Daniel Gloger, Countertenor
Martin Nagy, Tenor
Guillermo Anzorena, Bariton
Andreas Fischer, Bass
Martin Engler, Sprecher
Sonar Quartett:
Susanne Zapf, Violine
Wojciech Garbowski, Violine
Nikolaus Schlierf, Viola
Cosima Gerhardt, Violoncello