Ultra-Boykott beim SV Meppen

Unrechtsempfinden? Fehlanzeige!

03:17 Minuten
Ultras des SV Meppen boykottieren das Spiel gegen Erzgebirge Aue.
"Kein Wille. Keine Leidenschaft. Kein Support!": Ultras des SV Meppen boykottieren das Spiel gegen Erzgebirge Aue. © dpa / picture alliance / Frank Wenzel
Von Heinz Schindler · 02.04.2023
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Die Ultras beim Drittligisten SV Meppen haben das letzte Heimspiel boykottiert. Die Gründe waren schlechte Leistungen – und weil der Verein mehrere Anhänger bestrafte, die Pyrotechnik zündeten. Unser Kommentator hat für manche Fans kein Verständnis.
Ich muss hier jetzt mal meinen Dank loswerden. An die Ultras des SV Meppen aus der dritten Liga. Die haben beim letzten Heimspiel zum Stimmungsboykott aufgerufen.
Kein Dauer-Singsang, keine Selbstinszenierung und keine Pyrotechnik: Auch das trug zu einem schönen Fußballnachmittag bei - und das empfanden sicherlich auch andere der 7000 Zuschauer so.

Der Verein will sich das Geld für die Strafe zurück

Der Stimmungsboykott war die - von den Ultras so empfundene - Abstrafung der Mannschaft für schlechte Leistungen, aber auch eine Reaktion darauf, dass der SV Meppen die Krawallbrüder unter ihnen mit Hilfe der Polizei ausfindig gemacht und Stadionverbote ausgesprochen hatte.
Die 9130 Euro Strafe, die der DFB-Kontrollausschuss verlangt, sind für einen Drittligisten viel Geld - und das will sich der Verein nun wieder holen.

Und da wird es interessant. Denn auf Meppens Facebook-Seite sprechen sich tatsächlich Leute dafür aus, dass diejenigen, die die Stadionverbote durchsetzen wollen, doch sofort den Verein verlassen sollten. Sind ja keine echten Meppener und so weiter, das übliche Geplapper.

Mich erschüttert dieses nicht vorhandene Rechts- oder besser Unrechtsempfinden ähnlich wie das, was da an den Spieltagen immer öfter die Rahmenhandlung für den Sport bildet.

Denn wir reden im konkreten Fall des SV Meppen um die Ahndung von Hausfriedensbruch, versuchter gefährlicher Körperverletzung, versuchte Gefangenenbefreiung, versuchte tätliche Angriffe auf Vollstreckungsbeamte und selbstredend auch Verstößen gegen das Sprengstoffgesetz.

Meppen ist fast überall

Doch Meppen ist fast überall, nur anderenorts in größeren Dimensionen. Und das soll zum Fußball dazu gehören? Das soll man hinnehmen, wenn man ein Spiel besucht? Weil die Bengalo-Fetischisten und die Verbrecher in ihrem Schlepptau allen anderen weismachen wollen, das sei Fankultur?
Das Amtsgericht Hannover hat schon vor zwei Jahren das Zünden von bengalischen Fackeln als „eine versuchte gefährliche Körperverletzung nach Paragraf 224 Strafgesetzbuch“ bewertet. Eine Einschätzung, die viel zu wenig Beachtung gefunden hat, so scheint es.

Funktioniert die klare Kante eines Vereins nur hier?

Und vor diesem Hintergrund frage ich mich, warum manche Offizielle das immer noch verharmlosen. Sogar verhandeln wollen mit diesen Straftätern. Worüber eigentlich? Ob für 90 Minuten mal ein rechtsfreier Raum angebracht wäre?
Funktioniert die klare Kante eines Vereins wirklich nur im kleinen Meppen?

Lassen sich Bilder mit Pyro besser verkaufen?

In oberen Ligen gibt es sicherlich auch hier und da mal Stadionverbote, aber das Problem kriegt man nicht in den Griff. Jedenfalls nicht mit vorgestanzten Pressemitteilungen mit zur Schau getragener Empörung - und auch nicht, wenn die großen Vereine stillschweigend die Strafen bezahlen, die ihnen die Verbrecher unter ihrer Kundschaft einbrocken.

Oder lassen sich im Rahmen der weltweiten Vermarktung die Fernsehbilder mit Pyro etwa besser verkaufen dorthin, wo in bunten Qualm gehüllte Stadien als normal empfunden werden? Ich will das nicht hoffen, aber was kann man im Fußball von heute schon ausschließen? 

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