Ukraine

    Mit Blockaden und Streiks gegen Janukowitsch

    Demonstranten mit ukrainischer Flagge
    Bei Protesten am Sonntag mit hunderttausenden Demonstranten kam es auch zu Gewalt. © dpa / picture alliance / Andrey Stenin
    02.12.2013
    Die Forderungen nach einem Rücktritt von Regierung und Präsident in der Ukraine werden lauter: Auch am Montag protestieren Anhänger eines EU-Kurses mit Blockaden und Streiks – trotz der Gewalteskalation am Sonntag.
    Mit Mülltonnen und Blumenkübeln haben mindestens tausend Demonstranten am Montag in Kiew Zugänge zu Regierungsgebäuden blockiert. Nach Angaben der Organisatoren beteiligten sich an den Blockaden am Morgen rund 5.000 Menschen, wie Deutschlandradio-Korrespondentin Sabine Adler berichtet. Immer wieder seien Rufe nach Europa zu hören gewesen. Zudem hat die Opposition für den Tag zu landesweiten Streiks aufgerufen. Mit den Aktionen soll der Forderung nach einem Rücktritt von Regierung und Präsident Nachdruck verliehen werden. Das Kabinett um Ministerpräsident Mykola Asarow und Staatschef Viktor Janukowitsch zogen den Zorn vieler Ukrainer durch eine Abkehr der ehemaligen Sowjetrepublik von der EU zugunsten einer Annäherung an Russland auf sich.
    Am Vortag waren mehr als 300.000 Menschen auf die Straße gegangen, tausende harrten auch in der Nacht zum Montag in der Hauptstadt Kiew aus. Die Anhänger eines EU-Kurses hatten auf dem zentralen Unabhängigkeitsplatz zahlreiche Zelte und auch Barrikaden errichtet, wie Beobachter in der Millionenmetropole berichteten.
    Präsident Janukowitsch hatte sich auf einem kürzlich in Litauen abgehaltenen Gipfeltreffen geweigert, das jahrelang geplante und unterschriftsreife Assoziierungsabkommen mit der EU zu unterzeichnen. Diese Abkehr von einem Westkurs der ehemaligen Sowjetrepublik ist Auslöser für die Proteste.
    Parlamentssitzung am Dienstag
    Am heutigen Montag treffen sich die ukrainischen Abgeordneten zu Gesprächen. Am Dienstag soll eine Parlamentssitzung abgehalten werden. Die Opposition hofft auf genügend Stimmen für eine Abwahl der Regierung um Ministerpräsident Asarow. Mehrere Abgeordnete haben Janukowitschs Partei bereits aus Protest verlassen. Der Präsident ist seit dem vergangenen Freitag nicht mehr öffentlich in Erscheinung getreten. Schriftlich hatte er am Sonntag verbreiten lassen, er wolle eine Annäherung an die EU vorantreiben. Seine Gegner glauben allerdings nicht daran, so Deutschlandradio-Korrespondentin Sabine Adler, dass es mit Janukowitsch als Präsidenten eine westliche Ausrichtung des Landes geben kann und fordern einen Regierungswechsel. Auch ein Rücktritt sei möglich.
    Der für die EU-Nachbarschaftspolitik zuständige Kommissar Stefan Füle forderte einen sofortigen Dialog über eine friedliche Lösung. NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen appellierte an beide Seiten, auf Gewalt zu verzichten. "Gewalt und Macht sind in einer demokratischen Gesellschaft keine Wege zur Beendigung politischen Streits", heißt es in einer am Sonntagabend in Brüssel veröffentlichten Erklärung. Rasmussen betonte, es sei "das Recht des Volkes, überall seine Ansicht in demokratischer Weise auszudrücken".
    Der CDU-Politiker Elmar Brok bezeichnete Janukowitsch als "nicht glaubwürdig". Er versuche die EU und Russland gegeneinander auszutarieren, sagte Brok im Deutschlandfunk. "Ich hoffe, dass er die Demonstrationen ernst nimmt und den Weg nach Europa freimacht. Wenn dies mit vorgezogenen Präsidentschaftswahlen verbunden sein könnte, wäre das umso besser."
    Polizeigewalt gegen Protestierende und Journalisten
    Die Proteste am Sonntag waren die größten seit der Orangenen Revolution vor neun Jahren. Die Opposition forderte die Demonstranten zu friedlichen Kundgebungen auf, dennoch kam es am Rande zu Auseinandersetzungen mit der Polizei. Dabei seien nach Behördenangaben mindestens 165 Menschen verletzt worden. Fast 50 Sicherheitskräfte und zahlreiche Protestierer mussten in Kliniken behandelt werden. Mindestens 22 Menschen wurden festgenommen.
    Sicherheitskräfte hatten massiv Tränengas und Blendgranaten eingesetzt. Auf Fernsehbildern waren zudem Sondereinsatzkräfte zu sehen, die mit Schlagstöcken prügelten und am Boden liegende Menschen mit Füßen traten. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, waren auch Journalisten – vor allem Kameramänner und Fotografen – ins Visier von Polizisten geraten. Mindestens zwölf seien verprügelt worden.
    bre mit AP, Reuters
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