Ukraine

Maidan-Rat prüft Kabinettsliste

Von Sabine Adler · 26.02.2014
Jeder Kandidat für die neue ukrainische Regierung muss sich heute einer Prüfung unterziehen. Initiiert hat das Verfahren einer der wichtigsten Organisatoren des monatelangen Widerstandskampfes.
Die neue ukrainische Regierung, die morgen im Parlament gewählt werden soll, muss ihre erste Bewährungsprobe heute Abend bestehen, wenn der Maidan-Rat jeden Kandidaten, vom Premier zu den einzelnen Ministern einer Prüfung unterzieht. Mitinitiator dieses Verfahrens ist der Maidan-Kommandant Andrij Paruboj, einer der wichtigsten Organisatoren des monatelangen Widerstandskampfes in Kiew:
"Vor uns steht die Schlüsselfrage: Die Bildung einer Regierung des nationalen Vertrauens. Es wurden Kriterien für diese Regierung aufgestellt, damit es einerseits Reformen geben kann, die Ukraine aus der Krise herauskommt, das Land nicht gespalten wird, wie man an Charkow und der Krim sieht und dass die Regierung das volle Vertrauen genießt auf dem Maidan und in der Gesellschaft."
Paruboj wird wohl in der neuen Regierung entweder Verteidigungsminister oder Chef des Nationalen Sicherheitsrats, der Vorsitzende des sogenannten Rechten Sektors auf dem Maidan, Dmitir Jarosch, sein Stellvertreter.
Der mutmaßlich gefolterte Auto-Maidan-Führer Dmitri Bulatow ist als Jugend- und Sportminister vorgesehen, die investigative Journalistin Tetjana Tschornowl als Anti-Korruptionsbeauftragte, die Leiterin des Rettungsdienstes auf dem Unabhängigkeitsplatz als Gesundheitsministerin, so die Kandidaten bestätigt werden.
Zäune vor dem Parlament abgebaut
Favoriten für das Amt des Regierungschefs sind Arseni Jazeniuk von der Partei Vaterland und der Oligarch Pjotr Poroschenko, der mit seinen Fernsehkanal rund um die Uhr über die Protestbewegung berichtete. Vitali Klitschko kandidiert bei der Präsidentschaftswahl. Die Maidan-Organisatoren kündigten an, den Unabhängigkeitsplatz bis zum 25. Mai besetzt zu halten.
Der amtierende Präsident Turtschinow ließ heute die Zäune vor dem Parlament abbauen, eine Geste auch an die Demonstranten vor der Werchowna Rada:
"Es kann nicht sein, dass wir nicht wissen, was sie dort im Parlament machen“, sagt eine Frau. "Sie sollten inzwischen verstanden haben, dass bei uns das Volk eine wichtige Rolle spielt."
Ende der Spezialtruppe begrüßt
In etlichen Orten gab es heute emotional aufgeladene Demonstrationen. In Charkow, einer Industriestadt im Osten, die zu Sowjetzeiten kurz Hauptstadt der Ukraine war, zogen pro Russland eingestellte Demonstranten eine Russlandfahne vor dem Gouverneurssitz auf. "Schau her, Kiew!", riefen die Aktivisten.
Das vom Parlament am Sonntag verabschiedete Sprachengesetz hat zur Eskalation beigetragen. Es verbietet Russisch als Amtssprache, auch dort, wo der überwiegende Teil der Einwohner Russisch spricht.
Begrüßt wurde in Kiew die Auflösung der Sondereinheit der Polizei Berkut. Der amtierende Innenminister Arsen Awakow hat heute das Ende der Spezialtruppe verfügt. Deren Heckenschützen hatten am vergangenen Donnerstag auf die Maidan-Demonstranten geschossen und rund 50 Menschen getötet.
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