Ukraine-Krise

"Unfreundliche Gesten an die Adresse Russlands"

Der Kreml an den Ufern der Moskwa in Moskau.
Der Kreml an den Ufern der Moskwa in Moskau. © dpa picture alliance / Matthias Toedt
Von Gesine Dornblüth · 29.04.2014
Der Westen hat weitere Sanktionen gegen Russland verhängt. Nach den USA veröffentlichte die EU eine Liste von 15 Personen, gegen die Kontensperrungen und Visa-Beschränkungen verfügt wurden.
"Kontraproduktiv" seien die Sanktionen der USA und der EU gegen Russland, sagte Vizeaußenminister Grigorij Karasin – und das ist noch die mildeste Bezeichnung. Ein Sprecher des russischen Außenministeriums verlas eine Erklärung, darin heißt es, die Strafmaßnahmen der EU seien, so wörtlich, abstoßend.
"Anstatt die Kiewer Clique zu zwingen, sich mit dem Südosten der Ukraine an den Verhandlungstisch zu setzen und die Zukunft des Landes aufzubauen, richten unsere Partner im Schlepptau Washingtons neue unfreundliche Gesten an die Adresse Russlands. Das ist eine direkte Einladung an die örtlichen Neonazis, ihre gesetzlosen Taten und die Lynchjustiz an der friedlichen Bevölkerung im Südosten der Ukraine fortzusetzen. Schämen sie sich nicht?"
Die Sanktionen der EU richten sich nunmehr gegen knapp 50 Personen, vornehmlich russische Regierungsvertreter und Politiker sowie Funktionsträger auf der Krim und Anführer der Separatisten in der Ostukraine. Valentina Matwienko, Vorsitzende des Föderationsrates, wurde bereits im März von der sogenannten zweiten Sanktionsstufe der EU getroffen und darf seitdem nicht mehr in die EU einreisen. Sie drohte heute mit Gegenmaßnahmen:
"Sanktionen als Mittel einzusetzen, um Russlands Außenpolitik zu ändern, ist völlig inakzeptabel. Man darf mit keinem souveränen Staat in der Sprache von Drohungen sprechen, erst recht nicht mit einem so mächtigen, respektierten und einflussreichen Staat wie Russland, das eine riesige Rolle in der Weltpolitik und in der Weltwirtschaft spielt. Ich gehe davon aus, dass wir in diesem Fall symmetrisch antworten und zeigen müssen, dass niemand so mit Russland umgehen darf."
Vizepremier Dmitrij Rogozin, gleichfalls bereits seit März auf der Liste, wurde konkreter. Die USA haben angekündigt, die Ausfuhr von Hightech-Artikeln nach Russland zu beschränken, die für militärische Zwecke verwendet werden können. Rogozin, zuständig für die russische Rüstungsindustrie, sagte bei einem Besuch auf der Krim:
"Die Amerikaner sagen, rührt die Internationale Raumstation und die Raumfahrtprogramme nicht an. Gut. Aber wenn sie dem russischen Raketenbau schaden wollen, dann schaden sie damit auch ihren eigenen Astronauten auf der ISS."
Die USA sind auf russische Sojus-Kapseln für die Flüge zur ISS angewiesen.
Betont gelassen reagierten hingegen russische Wirtschaftsvertreter auf die Sanktionen. Möglicherweise aus Erleichterung. Die EU hat darauf verzichtet, russische Geschäftsleute auf die Sanktionsliste zu setzen. Die USA hatten gestern zum Beispiel den Putin-Vertrauten Igor Setschin, Chef des staatlichen Ölkonzerns Rosneft, mit einer Visa- und Kontosperre belegt. Sie hatten aber keine Sanktionen gegen Rosneft insgesamt verhängt, auch nicht gegen den staatlichen Gasriesen Gazprom. Der Tenor in der russischen Geschäftswelt denn auch: Es hätte schlimmer kommen können.