Juristin zum Ukraine-Krieg

Putin könnten Kriegsverbrechen nachgewiesen werden

07:46 Minuten
Russlands Präsident Wladimir Putin
Russlands Präsident Wladimir Putin: "Mein Eindruck ist, dass er nervös wird", sagt Liane Bednarz. © picture alliance / AP / Alexei Nikolsky
Liane Bednarz im Gespräch mit Julius Stucke · 05.03.2022
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Der Druck auf Russlands Präsident Putin wächst. Auch juristisch wird inzwischen gegen ihn vorgegangen. Selbst wenn Putin vorerst nicht in Den Haag landet, ist die Symbolwirkung der Verfahren ungeheuer wichtig, glaubt die Juristin Liane Bednarz.
Russlands Präsidenten Putin drohen wegen des Krieges gegen die Ukraine zwei internationale juristische Verfahren. Zum einen klage die Ukraine beim internationalen Gerichtshof (IGH) gegen das Land – zum anderen ermittelt der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) gegen den russischen Machthaber.
Mit ihrer Klage beim IGH wolle die Ukraine zweierlei erreichen, erklärt die Juristin Liane Bednarz. Der Gerichtshof soll feststellen, dass Russlands Behauptung falsch sei, das Land würde sich mit seinem Militärschlag lediglich verteidigen, weil die Ukraine angeblich einen Genozid an russischen Bürgern im Donbas verüben würde. Zum anderen soll das Gericht einen Völkermord Russlands gegenüber der Ukraine feststellen.

Russland hat Völkermordkonvention unterzeichnet

Das IGH-Verfahren ist deshalb möglich, da beide Länder die Völkermordkonvention von 1948 unterzeichnet habe, sagt die Juristin. Bednarz rechnet auch damit, dass die Zuständigkeit vom Gericht bejaht wird. Die Beweisführung könne allerdings schwierig werden. „Aber es wäre ein klares Signal, wenn diese weltweit anerkannte Organisation feststellt, dass Russland einen Völkermord begeht“, sagt sie.
Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hat unterdessen bereits ein Verfahren gegen Russlands Präsidenten eingeleitet. Dabei gehe es „gegen die Person Putin“, erklärt die Juristin. IStGH-Chefermittler Karim Khan könne ermitteln, ob es einen Angriffskrieg Russlands gegeben habe. Ein solches Verfahren wäre nach Ansicht der Juristin aber aussichtslos, denn dem Verfahren müssten Putin oder der UN-Sicherheitsrat zustimmen. Bednarz: „Das wird nicht passieren. Da wird Russland sein Veto einlegen.“

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Leichter ist es voraussichtlich, festzustellen, dass der russische Präsident Kriegsverbrechen begeht, glaubt die Juristin. Dazu gehörten insbesondere Angriffe auf Zivilisten oder zivile Ziele. Die Bombardierung eines Wohnhauses in Kiew in der ersten Kriegswoche oder des Kernkraftwerkes nahe Saporischschja könnten darunter fallen. Es müsse dann nachgewiesen werden, dass Putin die Angriffe entweder befohlen oder wissentlich in Kauf genommen habe, dass dies systematisch geschehe, so Bednarz.

„Putin wird nervös“

Derzeit wäre es zwar schwierig, Putin nach Den Haag zu überstellen. „Aber wer weiß“, sagt Bednarz. „Sollte es in Russland zu einem regime change kommen, könnte es durchaus sein.“ Wichtig sei aber auch die Symbolwirkung. Bednarz: „Und mein Eindruck ist, dass er nervös wird.“ Laut einem Medienbericht habe Putin seinen Verteidigungsminister Sergei Schoigu beim UN-Generalsekretär António Guterres anrufen lassen, um den Vorwurf des Angriffs auf zivile Ziele zurückzuweisen. Liane Bednarz sagt: „Es wäre ein Super-Gau, wenn jetzt auch noch diese Gerichte offiziell feststellen, dass sowohl Russland einen Völkermord begeht und er selber Kriegsverbrechen.“
(tmk)

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