Ukraine

Konfrontation statt Kompromiss

Polizisten mit einem Demonstrenten am 11. Dezember 2013 in Kiew
Polizisten mit einem Demonstrenten am 11. Dezember 2013 in Kiew © dpa / picture-alliance / Iliya Pitalev
Von Sabine Adler |
Viktor Janukowitsch ist ein echter Januskopf: Einerseits bietet der Präsident der Ukraine den Demonstranten in Kiew Gespräche an, andererseits schickte er in der Nacht Polizeikräfte, um den Maidan-Platz räumen zu lassen.
Auf dem Unabhängigkeitsplatz war man zu jeder Stunde in der Nacht auf eine Räumungsaktion vorbereitet. Um ein Uhr begannen die Sicherheitskräfte auf einer Straße, die direkt auf den Maidan führt, die Barrikaden zu räumen und kamen so den Aktivisten auf dem Platz immer näher. Es wurde Tränengas eingesetzt, Demonstranten festgenommen. Auch auf das besetzte Bürgermeisteramt, dem der Strom abgeschaltet wurde, bewegten sich die Einsatzkommandos zu. Ihnen traten die Demonstranten mit der Nationalhymne und Rufen wie "Ruhm der Ukraine" und "Ukrainer, steht auf!" entgegen.
Um halb vier Ortszeit rief Vitali Klitschko: Wir verteidigungen unser Recht, in einem freien Land zu leben.
Die Lage ist angespannt, denn um den Maidan herum ist die Sondereinheit Berkut zusammengezogen worden.
"Wir organisieren hier unsere Selbstverteidigung", sagt der 30-jährige Andrej Solowalo.
"Wir sind 500 ehemalige Offiziere und andere Ex- Armeeangehörige. Wir sind nicht hier, um zu kämpfen, aber wir werden uns verteidigen, wenn sie uns angreifen."
Die Aktivisten hatten die Wach- und Selbstverteidigungskommandos in der Nacht verstärkt. Das Haus der Gewerkschaften, das bis Mitternacht geräumt werden sollte, ist voller Menschen, die zum Schlafen, Essen, Ausruhen gekommen sind. Viele holen sich warme Kleidung.
"Die Kiewer machen sich Sorgen um die, die hier in der Kälte ausharren und bringen deshalb Berge von warmer Kleidung. Ich verteile sie und bin entschlossen auszuharren, wenn sie uns stürmen, werde ich bleiben, bis zum Schluss."
Sagt Aljona, eine 28-jährige Verkäuferin.
Die Temperaturen sind auf unter zehn Grad Minus gefallen, recht frostig dürfte auch die Atmosphäre heute in Brüssel sein. Nach dem über dreistündigen Gesprächen der EU-A ußenbeauftragten Cathrine Ashton in Kiew wird dort heute eine ukrainische Regierungsdelegation erwartet. Welches Ziel die Janukowitsch-Emmissäre verfolgen, ist unklar, denn der Präsident hat gestern bei dem Treffen mit seinen drei Amtsvorgängern seine Entscheidung, den Assoziierungsvertrag nicht zu unterschreiben, verteidigt. Er lehnte auch den 15 Mrd. Euro Kredit des IWF ab:
Janukowitsch: "Wenn die Bedingungen aufrechterhalten werden, also das Einfrieren der Löhne, Gehälter und Renten und die Erhöhung des Gaspreises, dann brauchen wir diese Kredite nicht."
Ex-Staatschef Kutschma appellierte an den Kollegen, von dieser Präsidentenrunde aus ein Zeichen auszusenden.
Kutschma: "Die Gesellschaft wartet auf ein Zeichen, eines, das vom Präsidenten ausgeht. Wir wissen, wie solch ein Runder Tisch aussehen müsste. Es ist jetzt unsere gemeinsame Aufgabe, einen Ausweg aus dieser Situation zu finden."
Was schwierig wird, denn die Opposition wurde bisher zu keiner Art von Konsultationen eingeladen.
Der Angesprochene bewegt sich nicht von der Stelle. Präsident Janukowitsch verurteilt stattdessen die Aufrufe der Opposition zur "Revolution" als eine "Bedrohung für die nationale Sicherheit".
Andererseits kündigte er die Freilassung von Demonstranten an, die, so wörtlich, "keine schweren Verbrechen verübt" hätten, eine entsprechende Anweisung hätte er dem Generalstaatsanwalt gegeben.