Ukraine

    Kiew hält russische Soldaten für angriffsbereit

    Mann mit russischer Fahne und zwei Soldaten auf der Krim (Aufnahme vom 3. März 2014)
    Mann mit russischer Fahne und zwei Soldaten auf der Krim © dpa / picture alliance / Stanislav Krasilnikov
    Die militärische Einschnürung der Ukraine macht den Westen nervös. Außenminister Steinmeier warnt Putin davor, "über die Krim hinauszugreifen", während der Russland-Koordinator Erler einen "Sanktionsautomatismus" ablehnt.
    Die ukrainische Übergangsführung hält die russischen Truppen an der Ostgrenze des Landes für eine akute Bedrohung. Die russischen Soldaten seien "jederzeit zu einem Angriff bereit", sagte der Chef des ukrainischen Sicherheits- und Verteidigungsrats, Andrij Parubij. Das Ziel von Präsident Wladimir Putin sei "nicht die Krim, sondern die gesamte Ukraine".
    Das russische Verteidigungsministerium wies Berichte über eine angebliche Konzentration der Streitkräfte an der Angst vor der nächsten Grenze zur Ukraine zurück. Besonders die USA seien aufgerufen, die militärischen Aktivitäten russischer Truppen objektiv zu beurteilen und nicht die gespannte Lage weiter aufzuheizen, sagte Vizeverteidigungsminister Anatoli Antonow.
    Der Kommandant des ukrainischen Luftwaffenstützpunktes Belbek auf der Krim ist nach der Erstürmung durch prorussische Kräfte am Samstag festgenommen worden. Das teilte der Übergangspräsident der Ukraine, Alexander Turtschinow, mit. Er sprach von einer "Entführung" und forderte die Freilassung von Oberst Juli Mamtschur. Einheiten ohne Abzeichen hatten den Stützpunkt bei Sewastopol gestürmt und die Kontrolle übernommen. Unklar war, ob es sich um russische Soldaten oder prorussische Milizen handelte
    Außenminister Frank-Walter Steinmeier äußerte sich in Kiew besorgt über die "dramatische Situation". Die neue ukrainische Regierung stehe "vor einem fast übermenschlichen Reformprogramm", sagte der SPD-Politiker bei einem Treffen mit Premier Arseni Jazenjuk. In der Industriemetropole Donezk traf Steinmeier anschließend den reichsten Mann der Ukraine, den Oligarchen Rinat Achmetow, berichtet Jörg Brandscheid im Deutschlandradio Kultur.
    Die Lage vor allem in der Ostukraine sei immer noch "alles andere als stabil", sagte Steinmeier der Welt am Sonntag: "Sollte Russland über die Krim hinausgreifen, werden wir in Europa einschneidende Maßnahmen beschließen, selbst wenn wir hierfür wirtschaftliche Nachteile in Kauf nehmen müssen."
    Demonstranten fordern Anschluss an Russland
    Demonstration in Donezk
    Demonstration für den Anschluss an Russland in der ostukrainischen Metropole Donezk© dpa / picture alliance / Rogulin Dmitry
    Auch in der ostukrainischen Stadt Donezk verlangten am Sonntag erneut tausende Menschen ein Referendum über den Anschluss an Russland. Sie skandierten auf dem Lenin-Platz "Russland, Russland" und forderten, die Europäische Union und USA sollten sich aus der Ukraine heraushalten. Viele Demonstranten unterzeichneten Probestimmzettel für ein Referendum.
    Die Sowjetnostalgiker seien aber nur eine kleine Minderheit in der Ukraine, die große Mehrheit wolle nicht unter "Putins Fuchtel", sagte Ralf Fücks von der Heinrich-Böll-Stiftung im Deutschlandradio Kultur. Die prorussischen Demonstrationen im Osten des Landes seien zum großen Teil von Russland inszeniert.
    Vor einem "Sanktionsmechanismus oder gar -automatismus" warnt Gernot Erler (SPD), der Koordinator der Bundesregierung für deutsch-russische Beziehungen. Die Weltgemeinschaft brauche Russland als konstruktiven Partner. Im Deutschlandradio Kultur sagte Erler allerdings auch: "Ich glaube, die russische Seite ist sich schon bewusst, dass das einen hohen Preis hätte, wenn man jetzt anders als angesagt trotzdem zu Destabilisierungsmaßnahmen, zu Provokationen greift." Erler reiste am Sonntag zu Gesprächen mit der russischen Führung nach Moskau.
    Transnistrien kann der nächste Brennpunkt sein
    Nach Ansicht der NATO droht ein Konflikt um die abtrünnige moldawische Region Transnistrien. Der Oberkommandierende der NATO, Philip Breedlove, sprach von einer riesigen Streitmacht, die Russland an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen habe. Diese reiche aus, um in Transnistrien einzugreifen. In dem Gebiet leben viele ethnische Russen, dort sind auch russische Soldaten stationiert.
    Die Krim-Krise könnte nach Meinung von Großbritanniens Außenminister William Hague das Verhältnis Russlands zum Westen auf lange Zeit belasten und das Land isolieren. "Wir und unsere Verbündeten müssen darauf vorbereitet sein, eine neue Art der Beziehung zu Russland in Betracht zu ziehen, die sich sehr stark von der in den vergangenen 20 Jahren unterscheidet", schrieb Hague in einem Beitrag für die britische Tageszeitung The Telegraph.
    Der Krim-Konflikt war am Sonntag auch Thema beim Bundesparteitag der "Alternative für Deutschland" (AfD) in Erfurt. Die eurokritische Partei wandte sich gegen Sanktionen gegen Russland und gegen eine Aufnahme der Ukraine in die EU oder NATO, berichtet Stefan Maas im Deutschlandradio Kultur.
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