Ukraine

Ein gespaltenes Land

Von Sabine Adler · 03.12.2013
Es gab tumultartige Szenen im ukrainischen Parlament, aber am Ende scheiterte der Misstrauensantrag gegen den Präsidenten. Jetzt fordern die Demonstranten ein Enthebungsverfahren, doch sie sprechen nicht für das gesamte Land.
Präsident Janukowitsch ist auf Staatsbesuch in China, um dringend nötige Investitionen ins Land zu holen, und auch Ministerpräsident Asarow war zunächst nicht anwesend, obwohl es um die Abwahl seiner Regierung ging.
Asarow entschuldigte sich später im Namen des Präsidenten und der Regierung für das Eingreifen der Sicherheitskräfte am Samstag, doch die Abgeordneten der Opposition überstimmten ihn, zumindest was die Lautstärke anging. "Rücktritt" riefen sie, während der Premier sprach.
Misstrauensantrag scheiterte deutlich
Die Chancen standen schlecht, dass die Opposition mit ihrem Misstrauensantrag Erfolg haben würde, denn ihr fehlt die nötige Mehrheit. Weil die nur mit Kommunisten zusammen zu bekommen wäre, griff der Fraktionschef der Timoschenko-Partei "Vaterland" in die Trickkiste:
Jaqzeniuk: "Lassen Sie uns über den Rücktrittsantrag der Kommunistischen Partei abstimmen, die Opposition unterstützt ihn."
Hauptsache, die Regierung Asarow wäre gestürzt. Doch Parlamentspräsident Rybak ließ die Abstimmung nicht zu, sondern nur den ursprünglichen Antrag der Opposition. Der scheiterte mit 186 Stimmen, 40 Stimmen mehr wären nötig gewesen.
Einer trug einen aufgespießten Schweinekopf vor sich her
Der Antrag der Kommunisten wurde nicht beraten, er müsse erst registriert werden. Die Opposition stürmte empört die Tribüne des Parlaments, der Sprecher erklärte die Sitzung für geschlossen. Laut Satzung kann damit in diesem Kalenderjahr kein neuer Misstrauensantrag gegen die Regierung mehr gestellt werden.
Ein einziger Abgeordneter der Partei der Regionen hatte für den Rücktritt der Regierung gestimmt. Er muss sich jetzt dafür verantworten. In den vergangenen Tagen soll es mehrere Parteiaustritte gegeben haben, prominente Abgeordnete begründeten ihre Entscheidung damit, dass der Pro-Russland-Flügel in der Janukowitsch-Partei immer stärker werde.
Mehrere Tausend sind heute vom Maidan hoch auf den Hügel zur Werchowna Rada marschiert, einer trug einen aufgespießten Schweinekopf vor sich her:
"Ein Symbol für die absolut unhaltbare Situation in unserem Land, diese Regierung hat uns in diese Krise gestürzt."
Rückendeckung aus dem Heimatdorf
Nach dem gescheiterten Misstrauensvotum gegen die Regierung hoffen die Demonstranten nun auf ein Amtsenthebungsverfahren des Präsidenten. Im ganzen Land finden Demonstrationen statt, doch nicht alle unterstützen die Protestbewegung in Kiew. Der in diesen Tagen vielgescholtene Präsident erhielt heute Rückendeckung aus seinem Heimatort Jenakiewo im Donbass:
"Viktor Fodorowitsch, Jenakiewo steht hinter Ihnen, wir lassen es nicht zu, dass Anarchisten, Marodeure und Banditen die Lage destabilisieren",
sagte Bürgermeister Waleri Olejnik.
Und er fügte voller Vertrauen in den Präsidenten hinzu: Er wisse, dass er handle wie ein Vater, und ein Vater verrate niemals seine Kinder.
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