Überwachungssoftware austricksen

"Ein schiefer Pony kann helfen"

Eine Videokamera beobachtet einen Mann.
Die Bundespolizei testet Gesichtserkennung durch Überwachungskameras an einem Berliner Bahnhof. Anne Roth kritisiert die Maßnahme. © imago/ Ikon Images
Anne Roth im Gespräch mit Max Oppel · 01.08.2017
Die Bundespolizei testet ab sofort in einem Berliner Bahnhof Gesichtserkennung durch Überwachungskameras und Computer. Für die linke Politikwissenschaftlerin und Aktivistin Anne Roth ist das ein Horrorszenario. Und sie gibt Tipps, wie Passagiere die Kameras austricksen können.
Sechs Monate dauert der Test der Bundespolizei am Berliner Bahnhof Südkreuz. Mit Überwachungskameras und Computern will sie herausfinden, ob die Gesichter von Passanten erkannt werden können. Ziel soll es sein, Straftaten und Gefahren zu verhindern. Aber das Projekt ist umstritten, Datenschützer halten den Einsatz biometrischer Gesichtserkennungs-Programme für rechtswidrig.
Anne Roth, linke Politikwissenschaftlerin und Aktivistin, gehört zu den Kritikern: "Ich glaube, der große Schaden ist, dass wir uns daran gewöhnen, in einer Überwachungsgesellschaft zu leben", sagt sie auf Deutschlandfunk Kultur. Viele Leser von George Orwells Roman "1984" hätten "ein sehr unwohles Gefühl bei dieser Idee gehabt, wir können überall beobachtet werden".
Sie glaube, in genau diese Richtung bewege sich der deutsche Staat aber gerade. Das sei "ein Riesenproblem für eine demokratische Gesellschaft, weil wir eben den Raum brauchen uns frei bewegen zu können, uns frei ausdrücken zu können und vielleicht auch Gedanken und politische Haltungen erstmal zu entwickeln, bevor wir das polizeilich überprüft haben wollen". Sie bezweifelt außerdem den Gewinn für die Terrorbekämpfung an.

Assymmetrie verwirrt die Software

Etwa 300 Testpersonen hatten sich für den Probelauf freiwillig gemeldet. Ihre Namen sowie Fotos der Gesichter wurden gespeichert.
Drei Kameras filmen an einem Ein- und Ausgang sowie an einer Rolltreppe des großen Fern- und S-Bahnhofs Berlin-Südkreuz. Per Computer werden die Aufnahmen mit den gespeicherten Fotos verglichen.
Roth hat aber auch ein paar Tipps für Menschen, die die Kameras austricksen wollen.
"Was helfen kann, ist, wenn man irgendwas im Gesicht hat, was die Symmetrie stört."
Schließlich seien die Systeme nur darauf spezialisiert, Pixel zu erkennen. "Ein halbschiefer Pony, der übers Gesicht hängt, oder bunte Flecken im Gesicht, was natürlich im Alltag ziemlich seltsam aussieht", sagt sie. Wissenschaftler und Künstler hätten sich mit dem Problem auseinandergesetzt und entsprechende Mode entwickelt, etwa Brillen mit bunten, gepunkteten Mustern.
Es sei aber nicht sicher, ob diese Maßnahmen wirklich vollen Schutz vor der Erkennung durch die Spezialsoftware brächten. Aber "Leute auf der Straße, die erstmal nicht in so eine Art Orwell-Szenario geraten wollen, die können einfach verschiedene solcher Sachen ausprobieren".
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