Übersetzung als verschlüsselte Poesie
Die Ausstellung "Found in Translation" hinterfragt die Übersetzung als Mittel der Verständigung - im wörtlichen - aber auch im übertragenen Sinn. Was kann durch Übersetzungen verloren gehen, was gewonnen werden?
Sicher gerade in Zeiten zunehmender Globalisierung gilt es, sich zwischen vielen Ländern mit ihren vielen Sprachen zu verständigen. Aber - ganz profan gefragt - welche Rolle spielt da überhaupt noch die Übersetzung, wenn doch "alle Welt" Englisch spricht? Wo englische Wörter im "Top-Business" wie auch im Alltag Usus sind? Und das Internet schon gar nicht ohne denkbar ist?
Die Ausstellung im Berliner Guggenheim Museum liefert darauf viele Antworten - und hinterfragt die heutige Bedeutung des Themas auf unterschiedliche Weise. Da greifen die Künstler das Thema als plakative Metapher aus, als verschlüsselte Poesie, oder auch als komplexe Allegorie. Sie entlarven die Übersetzung als Mittel zum Zweck politischer Manipulation und als fantastischen Interpretationsspielraum. Oder sie beschäftigen sich mit ganz banalen Missverständnissen. Und zeigen, dass mit der Verbreitung des Anglizismus auch Kurioses entsteht. Etwa "chinglish":
"Das heutige China steht ja ganz im Zeichen des Wandels. Alles verändert sich rasend schnell. Die Kultur die Politik, der Alltag. Das alles bringe ich hier zusammen. Das chinesische englisch, chinglisch ist ein Produkt dieses Wandels. Die T-Shirts zum Beispiel sind ja von der Westlichen Konsumkultur inspiriert - die Menschen lieben das in China. Aber sie machen eben ihre eigene Version daraus. Und bedrucken die T-Shirts in Chinglish. Das ist eine eigene Mischung aus Ost und West. 15 Auf einem T-Shirt etwa steht Style - Allerdings fehlt dem Style das t - was das Wort eigentlich sinnlos macht. Aber, es ist gedruckt wie das Cover eines gleichnamigen Magazins, deshalb kann man es sich zusammenreimen."
Erläutert die in New York lebende Chinesin O Zhang. Für ihre 2008 in Peking entstandene Bild-Serie hat sie chinesische Teenager in diesen bedruckten T-Shirts fotografiert. In poppigen Posen präsentieren sie sich auf dem Platz des Himmlischen Friedens, vor einer Polizeiabsperrung und einem Mao-Plakat oder auch neben einem feisten Goldenen Buddha. Zusammen mit den chinesischen Propaganda Sprüchen am unteren Bildrand ist es eine ironische Abhandlung über die Identitätssuche junger Chinesen - im Zwiespalt zwischen gegenwärtigem Turbokapitalismus und kommunistischer Vergangenheit.
Wie O Zhang beziehen auch die anderen acht Künstler die Sprache direkt mit ein in ihre Arbeit. Da geht es auch um literarische Übertragungen - unter anderen von Dantes Inferno. Doch auch wenn es so einiges zu lesen gibt in der Ausstellung - trocken und verkopft wirkt das Ganze nicht. Zumal weniges einfach konzipiert, vieles inszeniert ist. Mit den verschiedensten Medien, von der Videoinstallation bis hin zur Malerei. Faszinierend etwa die monochromen Arbeiten von Matt Keegan, bei denen man schon genau hinsehen muss, um die Wörter darin zu erkennen. Wörter, die er Bild für Bild ein wenig anders kombiniert, wobei sich ganz andere Bedeutungen ergeben.
Auch Lisa Oppenheim geht mit akribischem Feinsinn ans Werk. Die Grundlage für ihre Filmarbeit ist ein chinesisches Gedicht aus dem 18. Jahrhundert, dass der Schriftsteller Ezra Pound, gefühlvoll, aber sehr frei und damit ungenau ins englische übertragen hat. Diese "falsche" kombiniert Oppenheim mit einer neuen, "korrekten" Übersetzung und fügt dann beides mit von ihr gefilmten Bildern zu einer eigenen, schräg, poetischen Interpretation
"Ich wollte einen Film über das Verhältnis zwischen diesen beiden Übersetzungen machen. Aber dabei dachte ich natürlich darüber hinaus. Ich schaute mir an, wie wir im alltäglichen Leben die Dinge übersetzen. Denn gerade in New York, wo ich seit meiner Kindheit lebe, da gilt es ständig, zwischen verschiedenen Kulturen und Sprachen zu übersetzen. Vor allem in den Straßen von Chinatown zeigt sich das. Und deshalb habe ich da auch die Bilder für meine Filminstallation gedreht."
Das Original spielt in Oppenheims Arbeit übrigens keine Rolle - nur seine verschiedenen Deutungen. Was klar macht, dass die Übersetzung mehr ist, als das Übertragen von einer in eine andere Sprache - ein kreativer Prozess. Kurator Nat Trotman:
" Im Gegensatz zur im englischen viel genutzten Phrase "Lost in Translation", also der Gefahr, dass Sprache bei der Übersetzung ihre ursprüngliche Bedeutung verlieren kann, geht es uns ja durchaus um die Möglichkeiten, die in einer Übersetzungen stecken. Selbst wenn sie nicht ganz dem Original entspricht. Walter Benjamin etwa betont in seinen Texten zum Thema die Eigenständigkeit von Übersetzungen, dass es viel mehr ist, als eine bloßes Übertragen in eine andere Sprache. Ja auf eine Art ist ein Übersetzer auch ein Urheber. Ein Autor, dessen Texte natürlich eng mit der Vorlage verbunden sind."
So ist der Titel der Schau "Found in Translation" - gut gewählt. Zwar ist manche Arbeit etwas vage, aber die meisten Künstler beschäftigen sich sehr konzentriert und tiefgründig mit dem Thema. Mit der Übersetzung als Modell und Metapher, als Symbol für Bedeutungswandel- und Verlust. Sie finden mitunter unerwartetes, erschließen neue Zusammenhänge, dort - zwischen den Sprachen und Kulturen - wo die Dinge sonst oftmals verloren gehen.
Die Ausstellung im Berliner Guggenheim Museum liefert darauf viele Antworten - und hinterfragt die heutige Bedeutung des Themas auf unterschiedliche Weise. Da greifen die Künstler das Thema als plakative Metapher aus, als verschlüsselte Poesie, oder auch als komplexe Allegorie. Sie entlarven die Übersetzung als Mittel zum Zweck politischer Manipulation und als fantastischen Interpretationsspielraum. Oder sie beschäftigen sich mit ganz banalen Missverständnissen. Und zeigen, dass mit der Verbreitung des Anglizismus auch Kurioses entsteht. Etwa "chinglish":
"Das heutige China steht ja ganz im Zeichen des Wandels. Alles verändert sich rasend schnell. Die Kultur die Politik, der Alltag. Das alles bringe ich hier zusammen. Das chinesische englisch, chinglisch ist ein Produkt dieses Wandels. Die T-Shirts zum Beispiel sind ja von der Westlichen Konsumkultur inspiriert - die Menschen lieben das in China. Aber sie machen eben ihre eigene Version daraus. Und bedrucken die T-Shirts in Chinglish. Das ist eine eigene Mischung aus Ost und West. 15 Auf einem T-Shirt etwa steht Style - Allerdings fehlt dem Style das t - was das Wort eigentlich sinnlos macht. Aber, es ist gedruckt wie das Cover eines gleichnamigen Magazins, deshalb kann man es sich zusammenreimen."
Erläutert die in New York lebende Chinesin O Zhang. Für ihre 2008 in Peking entstandene Bild-Serie hat sie chinesische Teenager in diesen bedruckten T-Shirts fotografiert. In poppigen Posen präsentieren sie sich auf dem Platz des Himmlischen Friedens, vor einer Polizeiabsperrung und einem Mao-Plakat oder auch neben einem feisten Goldenen Buddha. Zusammen mit den chinesischen Propaganda Sprüchen am unteren Bildrand ist es eine ironische Abhandlung über die Identitätssuche junger Chinesen - im Zwiespalt zwischen gegenwärtigem Turbokapitalismus und kommunistischer Vergangenheit.
Wie O Zhang beziehen auch die anderen acht Künstler die Sprache direkt mit ein in ihre Arbeit. Da geht es auch um literarische Übertragungen - unter anderen von Dantes Inferno. Doch auch wenn es so einiges zu lesen gibt in der Ausstellung - trocken und verkopft wirkt das Ganze nicht. Zumal weniges einfach konzipiert, vieles inszeniert ist. Mit den verschiedensten Medien, von der Videoinstallation bis hin zur Malerei. Faszinierend etwa die monochromen Arbeiten von Matt Keegan, bei denen man schon genau hinsehen muss, um die Wörter darin zu erkennen. Wörter, die er Bild für Bild ein wenig anders kombiniert, wobei sich ganz andere Bedeutungen ergeben.
Auch Lisa Oppenheim geht mit akribischem Feinsinn ans Werk. Die Grundlage für ihre Filmarbeit ist ein chinesisches Gedicht aus dem 18. Jahrhundert, dass der Schriftsteller Ezra Pound, gefühlvoll, aber sehr frei und damit ungenau ins englische übertragen hat. Diese "falsche" kombiniert Oppenheim mit einer neuen, "korrekten" Übersetzung und fügt dann beides mit von ihr gefilmten Bildern zu einer eigenen, schräg, poetischen Interpretation
"Ich wollte einen Film über das Verhältnis zwischen diesen beiden Übersetzungen machen. Aber dabei dachte ich natürlich darüber hinaus. Ich schaute mir an, wie wir im alltäglichen Leben die Dinge übersetzen. Denn gerade in New York, wo ich seit meiner Kindheit lebe, da gilt es ständig, zwischen verschiedenen Kulturen und Sprachen zu übersetzen. Vor allem in den Straßen von Chinatown zeigt sich das. Und deshalb habe ich da auch die Bilder für meine Filminstallation gedreht."
Das Original spielt in Oppenheims Arbeit übrigens keine Rolle - nur seine verschiedenen Deutungen. Was klar macht, dass die Übersetzung mehr ist, als das Übertragen von einer in eine andere Sprache - ein kreativer Prozess. Kurator Nat Trotman:
" Im Gegensatz zur im englischen viel genutzten Phrase "Lost in Translation", also der Gefahr, dass Sprache bei der Übersetzung ihre ursprüngliche Bedeutung verlieren kann, geht es uns ja durchaus um die Möglichkeiten, die in einer Übersetzungen stecken. Selbst wenn sie nicht ganz dem Original entspricht. Walter Benjamin etwa betont in seinen Texten zum Thema die Eigenständigkeit von Übersetzungen, dass es viel mehr ist, als eine bloßes Übertragen in eine andere Sprache. Ja auf eine Art ist ein Übersetzer auch ein Urheber. Ein Autor, dessen Texte natürlich eng mit der Vorlage verbunden sind."
So ist der Titel der Schau "Found in Translation" - gut gewählt. Zwar ist manche Arbeit etwas vage, aber die meisten Künstler beschäftigen sich sehr konzentriert und tiefgründig mit dem Thema. Mit der Übersetzung als Modell und Metapher, als Symbol für Bedeutungswandel- und Verlust. Sie finden mitunter unerwartetes, erschließen neue Zusammenhänge, dort - zwischen den Sprachen und Kulturen - wo die Dinge sonst oftmals verloren gehen.