Übernahme von Time Warner

Ein gefährlicher Mega-Deal

Das Time-Warner-Büro in New York.
Das Time-Warner-Büro in New York. © dpa / picture alliance / Justin Lane
Von Brigitte Baetz · 24.10.2016
Für über 100 Milliarden Dollar will der Telefonriese AT&T den Medienkonzern Time Warner kaufen, zu dem auch die Fernsehsender HBO und CNN gehören. Brigitte Baetz zweifelt, dass das neue Großunternehmen mit wendigen Kreativ-Unternehmen mithalten kann.
Nie war es Managern wirklich nahezubringen, dass es auf Größe eigentlich nicht ankommt. Doch der Telefonriese AT&T und der Unterhaltungskonzern Time Warner versuchen einmal mehr, den Beweis des Gegenteils zu erbringen.
Sie schaffen einen Mediengiganten, der das reine Entertainmentgeschäft mit dem Vertriebsgeschäft kombiniert. Eine auf den ersten Blick einleuchtende Kombination: AT&T kann auf dem Markt der Telekommunikation und im Kabelnetz nicht weiter wachsen und versorgt sich mittels Time Warner mit den Inhalten, die sich in Zukunft auf Smartphones und Tablets und im wachsenden Abo-TV-Markt gut zu Geld machen lassen. Schließlich werden die strategischen Karten im so genannten "Krieg um die Augäpfel" derzeit neu gemischt.
Immer weniger Menschen schauen noch klassisches Fernsehen. Wer sich im Medienmarkt behaupten will, muss sich mit möglichst hochwertigen und exklusiven Inhalten schmücken, um die zahlende Kundschaft zu gewinnen und zu halten. HBO, CNN und die Filmfirma Warner Bros. versprechen da Markenqualität vom Feinsten – zumindest auf dem Papier. Doch alle drei Leuchttürme des altehrwürdigen Time-Warner-Konzerns schwächeln.

Was passiert mit HBO nach "Game of Thrones"?

Der Bezahlfernsehkanal HBO fürchtet schon jetzt die Stunde, da das Welterfolgsepos "Game of Thrones" auserzählt sein wird. Wie soll das gigantische Projekt, dessen letzte Folgen jeweils allein zehn Millionen Dollar Produktionskosten verschlungen haben, jemals zu toppen sein?
Längst räumen Serien von Streamingdiensten wie dem von Amazon oder Netflix bei den Emmys gleichberechtigt die Preise ab. CNN ist zwar international der bekannteste amerikanische Sender, fällt aber trotz seines Quotenerfolgs bei den Präsidentschaftsdebatten seit Jahren in der Zuschauergunst zurück. Und Filmstudios wie die von Warner Bros. leiden extrem unter illegalen Downloads und dem Überangebot an Videos im Netz. Ob da die schiere Größe eines neuen Gemeinschaftsunternehmens wirklich hilft?
In der jüngsten Vergangenheit hat sich gezeigt, dass sich im digitalen Mediengeschäft eher die wendigen, besonders kreativen Unternehmen bewähren: beispielsweise der kanadische Vice-Konzern, der sich aus einem Arbeitslosenprojekt zum weltumspannenden Jugendszene-Anbieter entwickelt hat – natürlich auch mit Hilfe von großen Unternehmen, aber eben mit einer eigenen Vision.

Kann so ein Großunternehmen kreativ sein?

Auch der Streamingdienst Netflix, der gerade die Branche mit immer neuen Serien weltweit vor sich her treibt, wurde als schlichte Online-Videothek gegründet und konnte sich gerade durch seine Konzentration auf ein relativ einfaches Geschäftsmodell als Marke durchsetzen.
Das Geschäft mit Kultur – und dazu gehören bewegte Bilder nun mal – ist ein Schwieriges. Ob ein Großunternehmen, das vor allem seinen Aktionären gute Zahlen präsentieren will, die nötige Kreativität und Umsicht mitbringt, sich auf das Wichtige zu fokussieren und viel Unwichtiges zu lassen, darf bezweifelt werden.