Über die Reibung zwischen Mann und Frau
In ihrem neuen Werk hat Petra Hulova die zuletzt von ihr beschriebene Weite der Steppe durch die Enge einer Dreizimmerwohnung ersetzt. Ihre Protagonistin zeichnet sich durch ein loses Mundwerk aus - und sitzt irgendwo in Tschechien zwischen allen Stühlen.
Nichts unter der Sonne kann diese Dame erstaunen. Als Expeditionsleiterin in den Feuchtgebieten männlicher Lust hat sie schon alles gesehen. Ihr macht niemand etwas vor. Die Frau Anfang 30 ist eine erfahrene Sexarbeiterin, die in ihrer "Fickstube", einer praktisch abwaschbaren "Dreizimmerwohnung aus Plastik" ihren Körper zur Verfügung stellt und die "Männermilch" auf ihr Kreditkartenkonto lenkt, das sie im benachbarten Einkaufszentrum melken lässt. Das ist der Kreislauf ihres Lebens.
Recht reibungslos vollzieht sich in Petra Hùlovás Roman "Dreizimmerwohnung aus Plastik" die Reibung zwischen Mann und Frau mit Hilfe von "Reibeisen" und "Reinstecksel". Darüber und über fast alles andere zwischen Mann und Frau, Bett und Himmel spricht sie locker und eloquent in einem eigentümlichen Kauderwelsch und mit überraschenden Volten, also vom "Reibeisen" des Mannes aufs Konsumstöckchen und vom pädophilen "Schlimmling" aufs achtbare "Niewoh" ihrer Kunden kommend. Selbst von einem ahnungslosen Kind ist die Rede: als "Tabula der Raser". Doris Kouba hat diese Suada mit viel erfinderischem Sprachwitz übertragen.
Die produktive, 1979 geborene Schriftstellerin Petra Hùlová hat ihre bisherigen Bücher, von denen drei ins Deutsche übersetzt sind, in New York oder der Mongolei spielen lassen. Dieses Mal platziert sie ihre Erzählerin mit dem losen Mundwerk irgendwo in Tschechien und zwischen allen Stühlen. Die dienstbare Dame, deren Biografie und Psychologie im Dunkeln bleibt, ist keine Männer- oder Frauenhasserin.
Sie besitzt vielmehr Verständnis für die Männer, die dem kontrollierenden Blick der Ehefrau in der modischen Wohnküche nicht entkommen können oder den Spagat zwischen Toilettenputzen und brünstigen "Buschjäger-Bill"-Auftritten im Schlafzimmer der emanzipierten Gattin nicht bewältigen. Ihnen wird geholfen, und das mit ausgeprägtem Dienstleistungsethos.
Kein Verständnis besitzt die Erzählerin für die "Digiwelt", deren künstliche Welten sie unter Druck setzen. Sie hadert auch mit den Alterserscheinungen, die mit Joggen und Körperpflege bekämpft werden, und mit dem Misstrauen der älteren Nachbarinnen. Selbstbewusst plant die Erzählerin eine eigene Fernsehserie über allerlei Geheimnisse mit neun Folgen, die dem Buch Überschriften verschaffen und eine lockere Struktur. Im Zentrum steht die heftige Ablehnung der Pädophilie, begleitet von einer ziemlich eindeutigen Erzählung pädophiler Handlungen.
So erstaunlich die Erzählerin ihre "Erlebniserfahrungen" dünken – der Leser wird wenig Neues kennen lernen über das elementare Geschehen zwischen Männern und Frauen, ob zu zweit, dritt oder in größerer Gruppe. Er wird meist gut unterhalten durch unerwartete Verbindungen zwischen Nichtzusammengehörigem und eine ungewöhnliche, oft treffend komische Sprache. Wo das Tempo nachlässt, droht sich allerdings Überdruss und ein Gefühl der Leere einzustellen. Denn die Erzählerin bleibt in ihrer Pastikzimmerisolation, in der ein Plastik-Piepmatz über das Bett wacht, eine rechte Kunstfigur.
Besprochen von Jörg Plath
Petra Hùlová: Dreizimmerwohnung aus Plastik
Kiepenheuer & Witsch, Köln 2013
189 Seiten, 17,99 Euro
Recht reibungslos vollzieht sich in Petra Hùlovás Roman "Dreizimmerwohnung aus Plastik" die Reibung zwischen Mann und Frau mit Hilfe von "Reibeisen" und "Reinstecksel". Darüber und über fast alles andere zwischen Mann und Frau, Bett und Himmel spricht sie locker und eloquent in einem eigentümlichen Kauderwelsch und mit überraschenden Volten, also vom "Reibeisen" des Mannes aufs Konsumstöckchen und vom pädophilen "Schlimmling" aufs achtbare "Niewoh" ihrer Kunden kommend. Selbst von einem ahnungslosen Kind ist die Rede: als "Tabula der Raser". Doris Kouba hat diese Suada mit viel erfinderischem Sprachwitz übertragen.
Die produktive, 1979 geborene Schriftstellerin Petra Hùlová hat ihre bisherigen Bücher, von denen drei ins Deutsche übersetzt sind, in New York oder der Mongolei spielen lassen. Dieses Mal platziert sie ihre Erzählerin mit dem losen Mundwerk irgendwo in Tschechien und zwischen allen Stühlen. Die dienstbare Dame, deren Biografie und Psychologie im Dunkeln bleibt, ist keine Männer- oder Frauenhasserin.
Sie besitzt vielmehr Verständnis für die Männer, die dem kontrollierenden Blick der Ehefrau in der modischen Wohnküche nicht entkommen können oder den Spagat zwischen Toilettenputzen und brünstigen "Buschjäger-Bill"-Auftritten im Schlafzimmer der emanzipierten Gattin nicht bewältigen. Ihnen wird geholfen, und das mit ausgeprägtem Dienstleistungsethos.
Kein Verständnis besitzt die Erzählerin für die "Digiwelt", deren künstliche Welten sie unter Druck setzen. Sie hadert auch mit den Alterserscheinungen, die mit Joggen und Körperpflege bekämpft werden, und mit dem Misstrauen der älteren Nachbarinnen. Selbstbewusst plant die Erzählerin eine eigene Fernsehserie über allerlei Geheimnisse mit neun Folgen, die dem Buch Überschriften verschaffen und eine lockere Struktur. Im Zentrum steht die heftige Ablehnung der Pädophilie, begleitet von einer ziemlich eindeutigen Erzählung pädophiler Handlungen.
So erstaunlich die Erzählerin ihre "Erlebniserfahrungen" dünken – der Leser wird wenig Neues kennen lernen über das elementare Geschehen zwischen Männern und Frauen, ob zu zweit, dritt oder in größerer Gruppe. Er wird meist gut unterhalten durch unerwartete Verbindungen zwischen Nichtzusammengehörigem und eine ungewöhnliche, oft treffend komische Sprache. Wo das Tempo nachlässt, droht sich allerdings Überdruss und ein Gefühl der Leere einzustellen. Denn die Erzählerin bleibt in ihrer Pastikzimmerisolation, in der ein Plastik-Piepmatz über das Bett wacht, eine rechte Kunstfigur.
Besprochen von Jörg Plath
Petra Hùlová: Dreizimmerwohnung aus Plastik
Kiepenheuer & Witsch, Köln 2013
189 Seiten, 17,99 Euro