Über das Sprechen im Chor

"Wir sind das Volk!"

Eine Illustration zeigt bunte Figuren auf einer Wolke.
Sprechchor als Comic © imago images / Ikon Images
Von Georg Beck · 02.10.2019
Die Geschichte des Sprechchors ist eng verbunden mit der Weimarer Republik. Wie hat sich das Genre bis heute entwickelt? Wo spielen Sprechgesänge heute außerhalb des Fußballstadions eine Rolle?
Wir sind die Champions, wir sind das Volk, in jedem Fall sind wir die Größten, an uns kann keiner vorbei. Keine Schlacht auf dem Fußballplatz, auf den Straßen und im wirklichen Leben ohne Sprechchor. Dann fallen sie: gegnerische Verteidigungslinien, manchmal ganze Systeme, wie im Herbst ’89 mit dem Untergang der DDR.

Sprechchor als Format des Politischen

Im Prinzip war die große Zeit des Sprechchors da schon vorbei, war es doch die Weimarer Republik, die diese geniale Mischung aus Agitprop und Kunst zum Liebling der Linken aufsteigen ließ. Wie lange ist das her. Heute finden wir den Sprechchor in kulturellen Nischen, in künstlich erzeugten Feuchtgebieten. Theaterdramaturgen, die am Puls der Zeit sein wollen, flirten wieder mit ihm. Sicher, die Autoren seit Sophokles’ Zeiten mögen ihn, mochten ihn schon immer, die Komponisten sowieso. Und die Choristen? Wer einmal erfolgreich Ernst Tochs "Fuge aus der Geographie" musiziert hat, kennt es, dieses Gefühl des Einsseins, Einswerdens im Akt des Sprechens. Das geht dem Fan im Stadion nicht anders. Wo aber liegt der Unterschied?
Mehr zum Thema