Über das Leben einer Diva
Sie war Jetsetterin, Weltbürgerin und gefeierte Schriftstellerin: Ingeborg Bachmann. Die Literaturwissenschaftlerin Frauke Meyer-Gosau hat mit „Einmal muß das Fest ja kommen“ eine Biografie herausgebracht, in der sie versucht hat, hinter die Fassade der Bachmann zu schauen.
Sie wollte sie „ins Leben erzählen“, vor dem Vergessen bewahren, die Schriftstellerin Ingeborg Bachmann. Der Literaturwissenschaftlerin und Kritikerin Frauke Meyer-Gosau schien es unglaublich, dass es vor zwei Jahren, zum 80. Geburtstag von Bachmann, kaum ein Echo gab. Konnte es sein, dass sich an die Dichterin, Star der Gruppe 47, ein Idol zu Lebzeiten und vor allem als Erzählerin von der Frauenbewegung in den 70er-Jahren gefeiert, kaum noch jemand erinnerte?
Dabei gibt es, was Bachmann und ihr Werk angeht, viel Faszinierendes und noch immer Ungeklärtes. Umgab die Schriftstellerin doch eine divenartige Aura, aber auch etwas Melancholisches – gescheiterte Beziehungen, ihre Medikamentenabhängigkeit und ihr früher tragischer Tod durch einen Brandunfall.
Frauke Meyer-Gosau machte sich auf, um hinter die vermeintlich bekannte Fassade dieser Frau zu schauen. Sie traf Menschen, die sie kannten: die beiden Herausgeberinnen ihres Werkes Inge von Weidenbaum und Christine Koschel, die Schwester Isolde, die im Elternhaus ein Zimmer mit den Möbeln Bachmanns bestückt hat und so das Andenken bewahrt, oder die Kustodin des Nachlasses der Autorin in der der Wiener Nationalbibliothek, der zum Teil noch unter Verschluss ist.
Und Meyer-Gosau machte sich auf zu den Originalschauplätzen des Lebens der Ingeborg Bachmann, die sich auch in ihrer Literatur widerspiegeln: Rom, Wien, Paris, Berlin, Zürich – und schließlich führt die Reise zurück in die Vergangenheit an den Geburtsort Klagenfurt, dem sie Zeit ihres Lebens verbunden blieb. Die Jetsetterin und Weltbürgerin, eine moderne Intellektuelle und für ihre Zeit ungewöhnlich unabhängige Frau, zog es immer wieder in jene Stadt, deren kleinbürgerliche Enge sie gerne auch verspottete – ein Indiz für die Zerrissenheit dieser Frau, die sich bei aller Selbständigkeit doch auch nach einem bürgerlichen Familienleben, zumindest nach Geborgenheit sehnte?
Meyer-Gosau kann und will diese Frage gar nicht beantworten. Ihr geht es darum, Widersprüchliches zu zeigen, weniger bekannte Facetten der Autorin. Manches erscheint in einem neuen Licht. War das Hilflose eine Pose, Teil einer Inszenierung, die sie meisterlich beherrschte, oder nur Folge einer sehr starken Kurzsichtigkeit, weil sie keine Brille tragen mochte?
Ein Mensch wird auf dieser Reise erkennbar, der nicht nur traurig war sondern auch heiter, selbstbewusst, im Alltag stehend, gerne tanzte, lange Spaziergänge unternahm oder Fahrradtouren im Berliner Grunewald gemeinsam mit Uwe Johnson und Walter Höllerer. Eine Diva war sie tatsächlich, liebte Ruhm und Glanz und teure Kleider, verfolgte zielstrebig ihre Karriere als Schriftstellerin und verstand es, mit den Medien umzugehen.
In der Liebe hatte sie wenig Glück. Doch da bleibt Meyer-Gosau diskret, beruft sich, was die Beziehungen etwa zu Paul Celan oder zu Max Frisch angeht, auf das, was ohnehin bekannt ist.
„Einmal muss das Fest ja kommen“ ist ein Beispiel für eine meisterliche literarische Reportage. Meyer-Gosau ist eine kluge Beobachterin. Ihr Stil ist so anschaulich und plastisch, dass die Orte sowie die Person, um die es geht, lebendig werden. Bei einem Besuch mit dem einstigen Freund und künstlerischen Partner Hans Werner Henze hat man das Gefühl, als müsse Ingeborg Bachmann gleich zur Tür hereinkommen. Dadurch, dass sie Bachmanns Werk immer wieder mit heranzieht, bekommen ihre Recherchen ein literarisch belegbares Fundament.
Der Titel des Buches bezieht sich auf einen Satz, der Anfang der 50er-Jahre auf Ischia fiel, wohin Hans Werner Henze sie eingeladen hatte. Ein passender Titel für ein Buch über eine Frau, die es verstand, Feste zu feiern, die dafür aber auch einen hohen Preis zahlte.
Ein Buch nicht nur für Bachmann-Fans sondern auch für Menschen, die gern reisen, um etwas zu entdecken – eine faszinierende Autorin beispielsweise, deren Rätselhaftigkeit und Widersprüche trotz allem bleiben – zum Glück.
Rezensiert von Dorothea Westphal
Frauke Meyer-Gosau: „Einmal muß das Fest ja kommen, Eine Reise zu Ingeborg Bachmann
C.H. Beck Verlag, München 2008
237 Seiten, 19, 90 Euro
Dabei gibt es, was Bachmann und ihr Werk angeht, viel Faszinierendes und noch immer Ungeklärtes. Umgab die Schriftstellerin doch eine divenartige Aura, aber auch etwas Melancholisches – gescheiterte Beziehungen, ihre Medikamentenabhängigkeit und ihr früher tragischer Tod durch einen Brandunfall.
Frauke Meyer-Gosau machte sich auf, um hinter die vermeintlich bekannte Fassade dieser Frau zu schauen. Sie traf Menschen, die sie kannten: die beiden Herausgeberinnen ihres Werkes Inge von Weidenbaum und Christine Koschel, die Schwester Isolde, die im Elternhaus ein Zimmer mit den Möbeln Bachmanns bestückt hat und so das Andenken bewahrt, oder die Kustodin des Nachlasses der Autorin in der der Wiener Nationalbibliothek, der zum Teil noch unter Verschluss ist.
Und Meyer-Gosau machte sich auf zu den Originalschauplätzen des Lebens der Ingeborg Bachmann, die sich auch in ihrer Literatur widerspiegeln: Rom, Wien, Paris, Berlin, Zürich – und schließlich führt die Reise zurück in die Vergangenheit an den Geburtsort Klagenfurt, dem sie Zeit ihres Lebens verbunden blieb. Die Jetsetterin und Weltbürgerin, eine moderne Intellektuelle und für ihre Zeit ungewöhnlich unabhängige Frau, zog es immer wieder in jene Stadt, deren kleinbürgerliche Enge sie gerne auch verspottete – ein Indiz für die Zerrissenheit dieser Frau, die sich bei aller Selbständigkeit doch auch nach einem bürgerlichen Familienleben, zumindest nach Geborgenheit sehnte?
Meyer-Gosau kann und will diese Frage gar nicht beantworten. Ihr geht es darum, Widersprüchliches zu zeigen, weniger bekannte Facetten der Autorin. Manches erscheint in einem neuen Licht. War das Hilflose eine Pose, Teil einer Inszenierung, die sie meisterlich beherrschte, oder nur Folge einer sehr starken Kurzsichtigkeit, weil sie keine Brille tragen mochte?
Ein Mensch wird auf dieser Reise erkennbar, der nicht nur traurig war sondern auch heiter, selbstbewusst, im Alltag stehend, gerne tanzte, lange Spaziergänge unternahm oder Fahrradtouren im Berliner Grunewald gemeinsam mit Uwe Johnson und Walter Höllerer. Eine Diva war sie tatsächlich, liebte Ruhm und Glanz und teure Kleider, verfolgte zielstrebig ihre Karriere als Schriftstellerin und verstand es, mit den Medien umzugehen.
In der Liebe hatte sie wenig Glück. Doch da bleibt Meyer-Gosau diskret, beruft sich, was die Beziehungen etwa zu Paul Celan oder zu Max Frisch angeht, auf das, was ohnehin bekannt ist.
„Einmal muss das Fest ja kommen“ ist ein Beispiel für eine meisterliche literarische Reportage. Meyer-Gosau ist eine kluge Beobachterin. Ihr Stil ist so anschaulich und plastisch, dass die Orte sowie die Person, um die es geht, lebendig werden. Bei einem Besuch mit dem einstigen Freund und künstlerischen Partner Hans Werner Henze hat man das Gefühl, als müsse Ingeborg Bachmann gleich zur Tür hereinkommen. Dadurch, dass sie Bachmanns Werk immer wieder mit heranzieht, bekommen ihre Recherchen ein literarisch belegbares Fundament.
Der Titel des Buches bezieht sich auf einen Satz, der Anfang der 50er-Jahre auf Ischia fiel, wohin Hans Werner Henze sie eingeladen hatte. Ein passender Titel für ein Buch über eine Frau, die es verstand, Feste zu feiern, die dafür aber auch einen hohen Preis zahlte.
Ein Buch nicht nur für Bachmann-Fans sondern auch für Menschen, die gern reisen, um etwas zu entdecken – eine faszinierende Autorin beispielsweise, deren Rätselhaftigkeit und Widersprüche trotz allem bleiben – zum Glück.
Rezensiert von Dorothea Westphal
Frauke Meyer-Gosau: „Einmal muß das Fest ja kommen, Eine Reise zu Ingeborg Bachmann
C.H. Beck Verlag, München 2008
237 Seiten, 19, 90 Euro