"Typisch deutsch?"

Wie emanzipiert sind deutsche Frauen?

Lila Luftballons mit dem aufgedruckten Symbol für weiblich schweben am 14.02.2014 über den Köpfen von Demonstrationsteilnehmern in München (Oberbayern). Die Demonstration richtete sich gegen Gewalt an Frauen und warb für mehr Gerechtigkeit im Umgang mit Frauen.
"Eine Quote für Frauen in Führungspositionen gibt es in China längst", sagt Korrespondentin Xuejun Feng aus China. © picture alliance / dpa / Rene Ruprecht
Von Matthias Baxmann und Matthias Eckoldt · 30.03.2017
Kapka Todorova aus Bulgarien war enttäuscht von der vermeintlich fortgeschrittenen Emanzipation der deutschen Frauen. Die Österreicherin Evelyn Peternel und der Franzose Thibaut Madelin denken bei Emanzipation auch an verunsicherte Männer.
Kapka Todorova, Bulgarien:
"Als ich nach Deutschland kam, dachte ich, ich komme jetzt in das Land der emanzipierten Frauen. Mein damaliger bulgarischer Chef sagte mir auch, ich solle nicht erwarten, dass mir in Deutschland ein Mann die Hand reichen würde, damit ich aus der Straßenbahn steigen kann und dass ich lange darauf warten könnte, bis mir ein Mann Feuer gibt. Dem war auch so. Allerdings war ich von der Emanzipation der Frauen im Allgemeinen sehr enttäuscht. Da dachte ich: Wir sind in Bulgarien doch schon erheblich weiter. Denn dort war es gang und gäbe, dass die Frauen studieren und arbeiten. Das war eine der wenigen Errungenschaften des Sozialismus. Ich landete noch 1999, als ich zuerst nach Köln kam, in einem Land, in dem meine Altersgenossinnen als erste Generation massenhaft studiert hatten und auch arbeiten gingen. Viele ihrer Mütter waren noch klassische Hausfrauen. Da war es überhaupt nicht selbstverständlich, dass der Mann – wie bei uns in Bulgarien seit geraumer Zeit – auch zu Hause hilft. In Deutschland war es in vielen Familien meiner Elterngeneration, die ich durch meine Freunde kennengelernt habe, noch zur Jahrtausendwende verbreitet, dass der Mann ein warmes Essen erwartet, wenn er von der Arbeit kommt."
Xuejun Feng, China:
"Ich bin sehr beeindruckt von den deutschen Frauen. Sie sind sehr stark. Auch körperlich. Letztens habe ich eine deutsche Familie gesehen, da trug der Mann das Baby und die Frau einen Rucksack und noch einen Koffer dazu. Das hat mich sehr amüsiert. So etwas würde es in China nicht geben. Da würde immer der Mann die schweren Sachen tragen. Abgesehen davon sind mir nicht viele Unterschiede hinsichtlich der Emanzipation in China und in Deutschland aufgefallen. In Deutschland ist ja jetzt eine Quote eingeführt worden, dass ein bestimmter Prozentsatz Frauen in Führungspositionen sein soll. In China gibt es das längst."
Thibaut Madelin, Frankreich:
"In Frankreich gibt es viel mehr Frauen, die arbeiten. Auch in Führungspositionen. Man könnte fast so weit gehen zu sagen: Wenn du als Frau in Frankreich nicht arbeitest, wirst du schief angeschaut. In dieser Hinsicht sind die Frauen in Frankreich wahrscheinlich emanzipierter. Im Alltag aber finde ich, dass die deutschen Frauen freier und selbstbewusster sind. Die sind weit davon entfernt, sich dem Mann zu unterwerfen, selbst wenn er das Geld nach Hause bringt. Die Männer sind ohnehin in ihrem Rollenverständnis verunsichert, aber das ist, glaube ich, nicht nur ein deutsches Phänomen."
Evelyn Peternel, Österreich:
"Emanzipation war für mich immer ein deutsches Thema. Die wurde von Alice Schwarzer und der 'Emma' angeschoben und schwappte dann nach Österreich hinüber. Aber sparsam. Das sieht man heute noch beim Thema Elternzeit. Da könnte ja jeder ein Jahr zu Hause bleiben und sich um das oder die Kinder kümmern. Das nimmt in Österreich kaum ein Mann in Anspruch. Mein Gesamteindruck ist, dass die deutschen Frauen emanzipierter sind im Sinne der Gleichberechtigung. Das zieht jedoch hier eine Verunsicherung der Männer nach sich, die ihre Rolle nicht mehr so richtig finden und nicht wissen, was sie machen sollen oder dürfen. Diese Verunsicherung der Männer gibt es in Österreich nicht in diesem Ausmaß."
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