Typisch deutsch? - Kochen

"Viel Fleisch, viel Fett, viel Salz"

Pappteller mit Currywurst mit Pommes Frites steht auf einem Tisch in Konnopke's Imbiss in Berlin. Angeblich wurde die Currywurst 1949 in Berlin erfunden.
Pappteller mit Currywurst mit Pommes Frites © picture alliance / dpa / Federico Gambarini
Von Matthias Baxmann und Matthias Eckoldt · 29.06.2017
"Die deutsche Küche vertrage ich nicht", sagt der Korrespondent Duc Chung Nguyen aus Vietnam, denn das Essen sei zu salzig und fettig. Oliver Towfigh Nia aus dem Iran und Flaminia Bussotti aus Italien finden hingegen, die Deutschen sollten ihre eigene Küche mehr pflegen.
Duc Chung Nguyen, Vietnam:
"Die deutsche Küche vertrage ich nicht. Die ist mir viel zu salzig und zu fettig. Ganz typisch deutsch ist das Eisbein. Viel Fleisch, viel Fett und viel Salz. Das kann ich nicht essen. Wir mögen es eher scharf, die Deutschen eher salzig. Dann mögen sie auch sehr viel Süßes. Das kann ich auch nicht nachvollziehen. In Vietnam kocht man oft zusammen mit Freunden, Nachbarn und der Familie. Das ist dann immer sehr schön. Ein kleines Fest. Das gibt es in Deutschland wenig, finde ich. Wenn, dann gibt es einen Gastgeber, der für alle kocht."
Edith Oltay, Ungarn:
"Die Deutschen widmen dem Thema Kochen sehr viel Aufmerksamkeit. Seit den 1980er-Jahren, als ich in Bonn studiert habe, hat sich sehr viel getan. Die Deutschen legen viel mehr Wert auf gutes und gesundes Essen als damals. Die Schweinshaxe ist nicht mehr so nachgefragt. Ich habe längere Zeit in Bayern gelebt, und da musste ich feststellen, dass sich die Bayern ihre Weißwurst auf keinen Fall nehmen lassen – egal wie ungesund sie auch sein mag. Ebenso ist es mit dem Sauerbraten in der Region um Bonn oder der Currywurst in Berlin."
Oliver Towfigh Nia, Iran:
"Die Deutschen sind im Privaten bessere Köche, wenn es um die internationale, als wenn es um die deutsche Küche geht. Wenn ich eingeladen bin, gibt es Spaghetti oder indisches oder portugiesisches Essen, aber niemals Sauerbraten, Klöße und Rotkohl. Allerdings sind die Deutschen noch lange nicht so vernarrt ins Kochen wie die Iraner. Dort kocht man eigentlich den ganzen Tag. Die deutsche Küche ist mittlerweile sehr internationalisiert. Ich erinnere mich noch, als ich Anfang der 80er-Jahre mal in Deutschland war, wurde in Frankfurt ein chinesisches Restaurant eröffnet. Darüber gab es sogar einen Bericht in der ARD."
Yaotzin Botello, Mexiko:
"Da habe ich mich bereits etwas eingedeutscht. Ich mag mittlerweile alle Arten von Würsten und Bouletten und all diese kleinen, fettigen Dinge, die man auch noch nachts an einem Kiosk essen kann, wenn man aus der Bar kommt. Was ich beim Thema Kochen völlig schräg finde, ist, dass man auf eine Party eingeladen wird und dann soll man noch etwas zu essen mitbringen. Schön finde ich dagegen, mit Freunden zusammen zu kochen. Da trifft man sich zwei, drei Stunden, bevor gegessen werden soll, und dann wird von jedem Einzelnen Kreativität erwartet. Dabei wird dann geredet und gescherzt. Das finde ich schön."
Flaminia Bussotti, Italien: "Kochen ist zu einer Art Weltneurose geworden. Kaum macht man den Fernseher an, gibt es eine Kochsendung, und jeder möchte sich im Privaten als Chefkoch aufführen. Aber es hat sich eine Menge getan in Deutschland. Als ich das erste Mal in den 70er-Jahren als Studentin hierher kam, gab es im Supermarkt nicht einmal Olivenöl. An Mozzarella war gar nicht zu denken. Pizza gab es mit Ananas und Schinken. Gruselig. Mittlerweile kann man in Deutschland zumindest im Restaurant wirklich gut essen.
Im Privaten gibt es aus meiner Sicht noch erheblichen Nachholbedarf. Besonders, wenn die Deutschen italienisch kochen. Das ist mir ein Graus, und ich meckere innerlich an allem herum. Außerdem finde ich es schade, dass die Deutschen ihre eigene Küche nicht pflegen. Würde ich gern auch einmal kosten. Allerdings würde das auch nicht einfach werden, weil ich Vegetarierin bin."

Unsere Serie "Typisch deutsch" wird an jedem Donnerstag um 17.50 Uhr in der Sendung "Studio 9" ausgestrahlt. Die Autoren Matthias Baxmann und Matthias Eckoldt haben Korrespondenten aus rund 30 Ländern zu ihren Erfahrungen befragt. Dazu ist auch das Buch "Typisch deutsch" im Holiday Verlag erschienen.



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