TV-Serie "Ehen vor Gericht"

Ein deutsches Sittengemälde

09:10 Minuten
Mann und Frau stehen im Büro, am Schreibtisch sitzt verführerisch die Sekretärin: Ausschnitt aus der Serie "Ehen vor Gericht".
Das Klischee von der Affäre zwischen Chef und Sekretärin wird in der Folge "Liebe im Büro" der Serie "Ehen vor Gericht" bedient. © picture alliance / dpa / United Archives / Impress
Klaudia Wick im Gespräch mit Susanne Balthasar · 13.07.2019
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Die Frau hat was mit dem Nachbarn, der Mann ein Verhältnis mit der Sekretärin. Wer ist schuld? Solche Fragen verhandelte 30 Jahre lang, bis 2000, die Fernsehserie "Ehen vor Gericht". Heute gibt sie Einblick in damalige Moralvorstellungen und Lebenswelten.
Die meisten erinnern sich nicht mehr daran, aber: Im deutschen Fernsehen gab es 30 Jahre lang, von 1970 bis 2000, eine Serie, die hieß "Ehen vor Gericht". Es war eine der frühen Gerichtsserien, in denen stets darauf hingewiesen wurde, dass die Fälle frei erfunden sind, aber sie waren doch nahe am Leben dran, zumindest an einer gesellschaftlichen Realität früherer Jahrzehnte.
Da wurde im öffentlich-rechtlichen Fernsehen geschildert, wie eine Frau sich von ihrem untreuen Ehemann scheiden lässt und beide um das Kind kämpfen, 90 Minuten lang, gespickt mit juristischem Fachwissen. Was machte die Serie so erfolgreich, dass sie 30 Jahre lang lief?
"Das ist diese einerseits diese Beruhigung, dass einem selber das nicht passiert, und auch diese Moralfrage. Das ist letztlich wie beim Krimi: Wie wird der Richter jetzt entscheiden? Wer war denn jetzt eigentlich wirklich schuld?", sagt Klaudia Wick, Leiterin "Audiovisuelles Erbe – Fernsehen" in der "Deutschen Kinemathek – Museum für Film und Fernsehen".

Von den Schuld- zur Geldfragen

Sie selbst hat die Serie als Kind gerne gesehen. "Ich bin Jahrgang 1964. Die allerersten Folgen, da musste ich noch ins Bett zu dieser Zeit. Das war vielleicht auch gut so. Da ging es noch sehr knallhart um die Frage, was ist eigentlich ein Betrug, was muss eine Frau tun, damit ihr Mann sie nicht betrügt, was ist eine zerrüttete Ehe."
Später, als das neue Scheidungsrecht in Kraft trat und die Schuldfrage für eine Scheidung keine zentrale Rolle mehr spielte, sei es in der Serie vermehrt um Geldfragen gegangen – und die Frage, wo das Kind bleibt. "Und das war dann natürlich auch meine Welt. Da hat man dann gesagt: Gott sei dank sind Mutti und Vati noch zusammen."

"Verbraucherfernsehen" für Scheidungswillige

Gleichzeitig sei die Serie aber auch eine Art "Verbraucherfernsehen" gewesen. "Es gab einen Psychologen, der erklärte, was das mit Kindern macht oder was Zerrüttung eigentlich ist. Es waren echte Juristen am Start. Und da sich die Leute nicht so häufig haben scheiden lassen, war das auch interessant, das mal hinter den Kulissen zu sehen."
(lkn)
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