Tumulte auf der Pressekonferenz

Von Gesine Dornblüth · 10.10.2013
Das Urteil der OSZE-Wahlbeobachter fiel vernichtend aus: Bei der Präsidentenwahl in Aserbaidschan sei die Auszählung der Stimmen in mehr als der Hälfte der Wahllokale schlecht verlaufen. Doch diesen Vorwurf wollten der Präsident Ilham Alijew und seine Anhänger nicht auf sich sitzen lassen.
So klingt es, wenn OSZE-Wahlbeobachter eine Pressekonferenz in Aserbaidschan abhalten. Die ersten Reihen sind voll besetzt mit Claqueuren: jungen Leuten, die nicht mal einen Notizblock dabei haben, und Abgeordneten der Präsidentenpartei. Sie reißen das Saalmikrofon an sich, buhen die Sprecher nieder und Journalisten, die neutrale Fragen stellen. Und sie werden sogar handgreiflich.

Die Journalisten Aytan Mamedova von der Oppositionszeitung "Azadlyq":

"Da sehen Sie, wie es bei uns um die Meinungsfreiheit steht."

Zuvor hatten die OSZE-Beobachter die gestrige Präsidentenwahl ungewöhnlich deutlich kritisiert. Die Italienerin Tana de Zulueta:

"Den Berichten unserer Beobachter zufolge verlief die Eröffnung des Wahlprozesses in 19 Prozent der von ihnen besuchten Wahllokale schlecht oder sehr schlecht. Bei der Stimmabgabe gab es in 11 Prozent der Wahllokale Probleme. Doch am schlimmsten wurde es, als die Wahllokale schlossen und die Auszählung begann. Die Auszählung verlief in 58 Prozent der Wahllokale schlecht oder sehr schlecht."

350 Wahlbeobachter aus 40 Ländern hatten gestern für die OSZE flächendeckend in ganz Aserbaidschan Wahllokale besucht. Dazu kamen 30 Langzeitbeobachter. Sie hatten bereits in den Wochen vor der Wahl massiven Druck auf die Opposition sowie Einschränkungen der Versammlungs- und der Meinungsfreiheit beklagt. Tana de Zulueta:

"Wenn wir die Fakten betrachten, die unsere Mission in den letzten sechs Wochen gesammelt hat, ist die nüchterne Realität, dass der gesamte Wahlprozess den OSZE-Verpflichtungen in den meisten Feldern bei weitem nicht entsprochen hat. Ich hoffe sehr, dass die Führung Aserbaidschans diesen vorläufigen Bericht zum Anlass nimmt, die Situation zu verbessern."

Die Reaktionen noch während der Pressekonferenz lassen nicht darauf schließen. Der Chefredakteur einer Staatszeitung warf den Wahlbeobachtern vor, sie hätten den Bericht schon lange zuvor angefertigt. Staatspräsident Ilham Alijew hatte sich bereits gestern als Wahlsieger präsentiert und von einem "Sieg der Demokratie" gesprochen.