TÜV für die Hüfte
Etwa jede zweite deutsche Klinik bietet künstliche Kniegelenke oder Hüften an. Aber nicht alle machen es gleich gut: Häufig müssen die Implantate schnell wieder ausgetauscht werden. Der Fachverband von Orthopäden und Chirurgen hat deswegen ein Qualitätssiegel eingeführt.
So klingt es, wenn ein Gelenk erneuert wird. Unter Vollnarkose sägen die Ärzte ganze Knochenteile ab und erneuern sie durch Metall oder Keramik. Künstlicher Gelenkersatz - kein Patient möchte diesen schweren Eingriff ohne Not ein zweites Mal erleben. Aber genau das steht Bärbel Schumacher jetzt bevor. Ihre künstliche Hüfte wurde schief eingebaut. Der Prothesen-Schaft bohrt sich förmlich in ihren Knochen:
"Alle die Dinge, die mit Bewegung zu tun haben, die kann ich nicht mehr machen. Und das ist natürlich schon hart."
Es hilft nichts: Die schiefsitzende Hüfte muss erneuert werden. Solche Vorfälle gibt es immer häufiger, gesteht Holger Haas. Er ist Orthopäde und Chirurg am Gemeinschaftskrankenhaus in Bonn. Und er nennt erschreckende Zahlen: Jedes Jahr müssen fast 40.000 Patienten noch einmal unters Messer - weil ihre Prothese schlecht sitzt, sich gelockert, sich entzündet hat oder schlicht verschlissen ist. Prothesen sollten etwa 15 Jahre halten, etliche müssen aber bereits nach ein oder zwei Jahren erneuert werden. Besonders diese vorzeitigen Wechseloperationen nehmen zu.
Haas: "Und dieser Anteil ist zu hoch. Und das ist ein Trend, den man deutlich beobachten kann. Und dagegen sollte man etwas unternehmen."
Holger Haas möchte erreichen, dass Patienten sich Kunstgelenke nur noch in spezialisierten Zentren einsetzen lassen. Deswegen hat er zusammen mit dem Fachverband der Orthopäden und Chirurgen eine Art Gütesiegel entwickelt. Es heißt EndoCert.
"Denken Sie an Brustkrebszentren, denken Sie an Darmkrebszentren. Für diese Bereiche ist belegt, dass entsprechende Erfahrung eine bessere Behandlung gewährleistet. Und das wollen wir für den Bereich der Endoprothetik genauso."
"Alle die Dinge, die mit Bewegung zu tun haben, die kann ich nicht mehr machen. Und das ist natürlich schon hart."
Es hilft nichts: Die schiefsitzende Hüfte muss erneuert werden. Solche Vorfälle gibt es immer häufiger, gesteht Holger Haas. Er ist Orthopäde und Chirurg am Gemeinschaftskrankenhaus in Bonn. Und er nennt erschreckende Zahlen: Jedes Jahr müssen fast 40.000 Patienten noch einmal unters Messer - weil ihre Prothese schlecht sitzt, sich gelockert, sich entzündet hat oder schlicht verschlissen ist. Prothesen sollten etwa 15 Jahre halten, etliche müssen aber bereits nach ein oder zwei Jahren erneuert werden. Besonders diese vorzeitigen Wechseloperationen nehmen zu.
Haas: "Und dieser Anteil ist zu hoch. Und das ist ein Trend, den man deutlich beobachten kann. Und dagegen sollte man etwas unternehmen."
Holger Haas möchte erreichen, dass Patienten sich Kunstgelenke nur noch in spezialisierten Zentren einsetzen lassen. Deswegen hat er zusammen mit dem Fachverband der Orthopäden und Chirurgen eine Art Gütesiegel entwickelt. Es heißt EndoCert.
"Denken Sie an Brustkrebszentren, denken Sie an Darmkrebszentren. Für diese Bereiche ist belegt, dass entsprechende Erfahrung eine bessere Behandlung gewährleistet. Und das wollen wir für den Bereich der Endoprothetik genauso."
Zertifiziert werden Kliniken mit erfahrenen Chirurgen
Endoprothetik-Zentrum - so dürfen sich zertifizierte Kliniken nur dann nennen, wenn sie bestimmte Anforderungen erfüllen wie das Herzogin Elisabeth Hospital in Braunschweig. Klinikchef Karl-Dieter Heller musste dafür zum Beispiel nachweisen, dass hier jedes Jahr mindestens 50 Endoprothesen eingesetzt werden
Heller: "Und wichtig ist: pro Operateur und nicht pro Klinik. Es kann sein, dass eine Klinik 50 Operationen macht mit fünf Operateuren - genau das will man nicht."
Wer künstliche Knie oder Hüftgelenke einsetzt, der sollte es regelmäßig tun. Und auch für den Notfall muss ein Endoprothetik-Zentren gerüstet sein. Zum Beispiel, wenn während der Operation ein großes Blutgefäß verletzt wird.
"Ist ein Internist im Haus? Gibt es eine Intensivstation? Gibt es einen Gefäßchirurgen? Das sind Dinge, die sind selten notwendig. Aber wenn der Fall eintritt, muss er da sein."
Was auch da sein sollte: ein gut gepflegter Vorrat an Prothesen. Denn jeder Patient benötigt andere Größen oder Modelle. Am Herzogin Elisabeth Hospital sorgt OP-Leiter Peter Jagdmann dafür, dass das Prothesen-Lager stets gut sortiert ist:
"Vor dem ersten Schnitt, dass überprüft wird: Haben wir alles da? Sind die Prothesen vorhanden, die unterschiedlichen Größen vorhanden? Es wäre eine Riesenkatastrophe, wenn geschnitten wird, das Knie freigelegt - und es wird dann festgestellt, dass die Prothese nicht vorhanden ist."
Heller: "Wir sind nicht in der Autowerkstatt. Das heißt, wir können nicht, wenn wir in der OP merken, dass was nicht passt, den Patienten zunähen und sagen: Wir machen morgen weiter. Das muss vorrätig sein."
Bei Anita Luzius war das passende Modell wohl nicht griffbereit. Die 80-Jährige hat in einer Frankfurter Klinik eine viel zu große Knieprothese eingesetzt bekommen. Dauerschmerzen im Knie und gereizte Bänder sind die Folge. Auch ihre Prothese muss wieder raus, und das schon nach einem Jahr. Für diese Wechsel-Operation hat sich die alte Dame jetzt ein zertifiziertes Zentrum ausgesucht. Und dabei festgestellt: Nicht nur die Operation ist hier besser organisiert als in der ersten Klinik.
"Bei der ersten OP wurden gar keine Reha-Maßnahmen gemacht. Nur einmal kam der Krankengymnast. Aber das war alles. Und hier ging es gleich los mit Lymphdrainage, Krankengymnastik."
Heller: "Und wichtig ist: pro Operateur und nicht pro Klinik. Es kann sein, dass eine Klinik 50 Operationen macht mit fünf Operateuren - genau das will man nicht."
Wer künstliche Knie oder Hüftgelenke einsetzt, der sollte es regelmäßig tun. Und auch für den Notfall muss ein Endoprothetik-Zentren gerüstet sein. Zum Beispiel, wenn während der Operation ein großes Blutgefäß verletzt wird.
"Ist ein Internist im Haus? Gibt es eine Intensivstation? Gibt es einen Gefäßchirurgen? Das sind Dinge, die sind selten notwendig. Aber wenn der Fall eintritt, muss er da sein."
Was auch da sein sollte: ein gut gepflegter Vorrat an Prothesen. Denn jeder Patient benötigt andere Größen oder Modelle. Am Herzogin Elisabeth Hospital sorgt OP-Leiter Peter Jagdmann dafür, dass das Prothesen-Lager stets gut sortiert ist:
"Vor dem ersten Schnitt, dass überprüft wird: Haben wir alles da? Sind die Prothesen vorhanden, die unterschiedlichen Größen vorhanden? Es wäre eine Riesenkatastrophe, wenn geschnitten wird, das Knie freigelegt - und es wird dann festgestellt, dass die Prothese nicht vorhanden ist."
Heller: "Wir sind nicht in der Autowerkstatt. Das heißt, wir können nicht, wenn wir in der OP merken, dass was nicht passt, den Patienten zunähen und sagen: Wir machen morgen weiter. Das muss vorrätig sein."
Bei Anita Luzius war das passende Modell wohl nicht griffbereit. Die 80-Jährige hat in einer Frankfurter Klinik eine viel zu große Knieprothese eingesetzt bekommen. Dauerschmerzen im Knie und gereizte Bänder sind die Folge. Auch ihre Prothese muss wieder raus, und das schon nach einem Jahr. Für diese Wechsel-Operation hat sich die alte Dame jetzt ein zertifiziertes Zentrum ausgesucht. Und dabei festgestellt: Nicht nur die Operation ist hier besser organisiert als in der ersten Klinik.
"Bei der ersten OP wurden gar keine Reha-Maßnahmen gemacht. Nur einmal kam der Krankengymnast. Aber das war alles. Und hier ging es gleich los mit Lymphdrainage, Krankengymnastik."
Die Patienten werden intensiv betreut
Bewegung gleich nach der Operation ist wichtig für eine gute Heilung. Und eine intensive Betreuung des Patienten. Deswegen macht das Qualitätssiegel auch hierfür strikte Vorgaben, sagt Holger Haas:
"Das heißt, es ist keine spontane Entscheidung mehr, 'wir machen mal eine Röntgenkontrolle', sondern es ist klar vorgegeben, was wird wann beim Patienten überprüft."
Und EndoCert erhebt sogar moralische Ansprüche. Kliniken, die das Qualitätssiegel haben wollen, dürfen keine Fangprämien zahlen. Das heißt, sie dürfen kein Geld dafür bezahlen, wenn niedergelassene Ärzte ihnen Patienten schicken.
"Wenn nachgewiesen ist, dass Kliniken sich nicht daran halten, also Zahlungen erfolgen, dann führt das zum Ausschluss vom EndoCert-Verfahren."
Ein halbes Jahr gibt es EndoCert jetzt, etwa 40 Kliniken in Deutschland sind inzwischen zertifiziert. 40 von über 1000, die solche Kunstgelenk-Operationen anbieten. Finden kann man sie im Internet, auf der Seite EndoCert.de. Ob Patienten dort wirklich besser operiert werden, das ist allerdings erst noch zu beweisen. Daten zu Operationsergebnissen stehen noch aus, denn das Siegel ist ja ganz neu.
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Mehr Qualitätskontrolle bei Prothesen und Implantaten
Orthopäde über das neue sogenannte Endprothesenregister
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Und EndoCert erhebt sogar moralische Ansprüche. Kliniken, die das Qualitätssiegel haben wollen, dürfen keine Fangprämien zahlen. Das heißt, sie dürfen kein Geld dafür bezahlen, wenn niedergelassene Ärzte ihnen Patienten schicken.
"Wenn nachgewiesen ist, dass Kliniken sich nicht daran halten, also Zahlungen erfolgen, dann führt das zum Ausschluss vom EndoCert-Verfahren."
Ein halbes Jahr gibt es EndoCert jetzt, etwa 40 Kliniken in Deutschland sind inzwischen zertifiziert. 40 von über 1000, die solche Kunstgelenk-Operationen anbieten. Finden kann man sie im Internet, auf der Seite EndoCert.de. Ob Patienten dort wirklich besser operiert werden, das ist allerdings erst noch zu beweisen. Daten zu Operationsergebnissen stehen noch aus, denn das Siegel ist ja ganz neu.
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