"Türkisch für Anfänger"

Von Hans-Ulrich Pönack · 14.03.2012
Auf einem Flug nach Südostasien trifft die 19-jährige, emanzipierte Lena auf den testosterongesteuerten Cem. Als die Maschine notwassern muss, gerät die Lage auch zwischen den beiden vollends außer Kontrolle. Ironisch und durchweg amüsant, findet Hans-Ulrich Pönack.
Der Regisseur Bora Dagtekin, 1978 in Hannover als Sohn einer Deutschen und eines Türken geboren, war bislang - als Drehbuchautor - im deutschen Serienfernsehen unterwegs ("Doctor's Diary"; "Gute Zeiten, schlechte Zeiten"). 2006 war er einer der Drehbuchschreiber für den Kino-Blödsinn "Wo ist Fred?" von Anno Saul mit Til Schweiger. Bekannt aber wurde er vor allem als verantwortlicher Autor für die ARD-Vorabendserie "Türkisch für Anfänger", die im Ersten in drei Staffeln zwischen März 2006 und Dezember 2008 lief und sowohl mit dem "Deutschen Fernsehpreis" wie mit dem hiesigen TV-Oscar, dem Adolf Grimme-Preis, ausgezeichnet wurde.

Gleich - ich kenne diese Serie nicht, habe aber natürlich von ihr gehört. Bin sozusagen unschuldig in den Kinofilm gegangen, der praktisch die Vorgeschichte zur Serie erzählt.

Zwei Familien, zwei Kulturwelten. Aus Deutschland. Familie Schneider, Familie Öztürk. Beide wollen Urlaub machen in Thailand. Wie Lena Schneider, 19, vom noch jungen Leben schon frustriert und durch eine antiautoritäre Erziehung ihrer lebenslustigen, öfter geschiedenen Mutter Doris - einer Alt-68er-Therapeutin und Berufsjugendlichen von ewig 38 - traumatisiert. Hat eigentlich überhaupt keinen Bock auf so was. Zumal dann auch diese beknackte Sitzplatzbegegnung mit dem Voll-Macho-Nachbarn Cem Öztürk alles andere als sympathisch verläuft. Cem ist mit seinem Erzeuger Metin unterwegs, einem verwitweten Polizeikommissar mit Migrationshintergrund und Spießer-Geruch, sowie mit seiner gläubigen Schwester Yagmur, die listig auf keusche Muslima macht.

Kurzum - das Flugzeug kommt ins Wackeln. Die Alten landen am Urlaubsort, die Jungen auf einer abgelegenen Insel, wo sich dann noch ein stotternder Grieche hinzugesellt und das verbale Kloppen beginnen kann.

So prächtig witzig ging es schon lange nicht mehr zu im deutschen Komödien-Kino Mit Pointen, die ihren lustigen Namen auch wirklich verdienen: ironisch, treffsicher, frech, durchweg amüsant. Es sprühen die kessen Unterhaltungsfunken. Über pfiffige Situationskomik. Krassen Spott. Süffisantem Klischee-Kompott. Mit spitzzüngigen Lächerlichkeiten in Sachen dussliger Vorurteile. In Sachen verkrampftem Multikulti-Gehabe. In Sachen ritualisierte Macht-Spielchen. Was für ein temperamentvolles Locker-Vergnügen!

Ein herrlicher Wonneproppen ist die hart-zarte 25-jährige Josefine Preuß aus Brandenburg als wunderbar kesse Göre Lena. Erinnerungen an die junge Nora Tschirner ("Kebab Connection", 2005; zuletzt: "Offroad") werden wach: Ein feuriges Mädel teilt rotzig-romatisch aus - gegen Elyas M'Barek (neulich auch in "Offroad", davor in "What A Man!" von M. Schweighöfer) als Macho-Stänkerer Cem. Ein uriges Paar. Das mit guten lachhaften Power-Sprüchen ausgestattet ist. Anna Stieblich gibt eine köstlich penetrante unkonventionelle Lena-Mutter; Adnan Maral ist der behutsame, stolze Cem-Vater. Der Kinofilm "Türkisch für Anfänger" tritt voll aufs Lach-Gas.

Deutschland 2011; Regie: Bora Dagtekin; Darsteller: Josefine Preuß, Elyas M'Barek, Anna Stieblich, Adnan Maral, Pegah Ferydoni, Arnel Taci, Katja Riemann; ab 12 Jahren; 105 Minuten

Mehr zum Thema bei dradio.de:
"Jede Nation hat das Recht, irgendwie verrückt dargestellt zu werden" - Interview mit Regisseur und Drehbuchautor Bora Dagtekin (DKultur, Radiofeuilleton Kino und Film vom 11.3.2012)

Filmhomepage "Türkisch für Anfänger"
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