Türkei

    Kein Ende des Korruptionsskandals

    27.12.2013
    Der Korruptionsskandal in der Türkei spitzt sich zu. Mit einer radikalen Kabinettsumbildung hat Regierungschef Recep Tayyip Erdogan bereits versucht, eine der schwersten politischen Krisen seiner Amtszeit in den Griff zu bekommen. Doch Rücktrittsforderungen werden lauter.
    Auch eine Woche, nachdem der Korruptionsskandal in der Türkei öffentlich wurde, halten die Diskussionen darum an. Immer neue Gerüchte und Vorwürfe setzen Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan noch stärker unter Druck. Aus Protest gegen Erdogan sind am Freitag drei Abgeordnete aus dessen Partei für Gerechtigkeit und Freiheit (AKP) ausgetreten. Die Regierungspartei werde von "Arroganz" geführt, sagte der frühere Kulturminister Ertugrul Günay, als er seinen Schritt und den seiner beiden Kollegen bekanntgab.
    Der Türkei-Experte Günter Seufert von der Stiftung Wissenschaft und Politik begrüßt, dass es in dem Land endlich eine grundsätzliche Diskussion über Machtstrukturen gibt. Andererseits bestehe die Gefahr, dass in den kommenden Jahren immer wieder ähnliche Zwischenfälle die politischen Verhältnisse in der Türkei erschüttern werden, sagte Seufert im Interview auf Deutschlandradio Kultur.
    Im Laufe der Weihnachtstage hatte der Regierungschef insgesamt 10 seiner 26 Minister ausgewechselt. Die Minister für Wirtschaft, Inneres und Umwelt traten wegen Korruptionsermittlungen gegen ihre Söhne selbst zurück. Die Opposition fordert seit Tagen den Rücktritt der gesamten Regierung.
    Vorwürfe auch gegen Erdogans Sohn
    Am Donnerstag waren auch Gerüchte zu hören, Erdogans Sohn Bilal sei in die Korruptionsaffäre verstrickt. Er werde höchstwahrscheinlich das nächste Ziel der Ermittlungen sein, schrieb die oppositionsnahe Zeitung "Cumhuriyet". Dabei gehe es um Bauaufträge an eine Nichtregierungsorganisation, die Verbindungen zu dem Politikersohn unterhalte.
    Türkei-Experten, wie etwa Michael Lüders, vermuten, dass der Skandal für Erdogan viel gefährlicher ist als es die Demonstrationen am Gezi-Park in Istanbul waren. Der Skandal hat sich längst zur Machtprobe der Staatsführung entwickelt. Erdogan unterstellt der Justiz und der Polizei, die Vorwürfe gegen ihn als Teil einer "politischen Verschwörung" inszeniert zu haben. Der Journalist Jürgen Gottschlich teilt den Eindruck, dass die Affäre Erdogan das Amt kosten könnte. Als entscheidend sieht er aber den Ausgang der Kommunalwahlen im März.
    Dass die Protestbewegung, die in diesem Jahr Demonstrationen am Gezi-Park in Istanbul organisierte, noch nicht wieder so stark wahrnehmbar ist, erklärt sich der deutsch-türkische Architekt Erdogan Altindis mit Repressionen gegen sie und einem weit verbreiteten Gefühl der Ohnmacht. Er glaubt, dass eher die internen Machtkämpfe und Verwerfungen zum Ende der Regierung führen werden.
    Regierungskrise erschüttert die Börse
    Die Folgen der politischen Krise bekommt auch die Wirtschaft zu spüren. Die Landeswährung verliert rasant an Wert, am Freitag erreichte die Türkische Lira ein Rekordtief mit 2,1467 im Vergleich zum Dollar. Auch der Aktienindex der Börse in Istanbul gab am Vormittag zwischenzeitlich um 3,76 Prozent nach, nachdem er am Donnerstag um 2,33 Prozent und am Mittwoch um 4,2 Prozent gefallen war.
    mau (mit AFP, dpa)