Türkei

    Gewerkschaft fordert Massenstreik

    Sanitäter tragen einen verletzten Bergmann zum Krankenwagen.
    Bei einem Grubenunglück im türkischen Manisa starben mehr als 200 Menschen. © dpa / Depo Photos
    15.05.2014
    Nach dem Grubenunglück in Soma wegen der offenbar groben Sicherheitsmängel fordern Gewerkschaften und Opposition nun Konsequenzen. Die türkische Regierung hat die Opferzahl inzwischen auf mindestens 280 korrigiert.
    Vier Gewerkschaftsverbände erklärten, die Beschäftigten sollten einen Tag lang die Arbeit ruhen lassen. "Hunderte unserer Kollegen in Soma wurden von Anfang an dem Tod überlassen, indem sie gezwungen wurden, unter brutalen Arbeitsbedingungen zu schuften, damit die höchsten Gewinne
    In die Trauer mischt sich nun in der Türkei immer mehr Wut auf Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan, seine Regierung und seine Partei AKP. Nicht nur im westtürkischen Soma, sondern auch in Istanbul und Ankara kam es am Mittwoch zu teils gewaltsamen Protesten. Demonstranten und Gewerkschaften kritisierten, es habe sich nicht um einen Unfall, sondern um "Mord" an den Arbeitern gehandelt.erreicht werden", heißt es in einer Erklärung.
    Demonstranten forderten in Sprechchören den Rücktritt der Regierung wegen des Unglücks. Die Polizei ging mit Wasserwerfern und Tränengas gegen Demonstranten vor.
    Die Regierung in Ankara gab die Zahl der Opfer inzwischen mit 282 an. In den vergangenen zwölf Stunden seien aus dem Kohlebergwerk Soma keine Kumpel mehr lebend geborgen worden, sondern lediglich tote Bergmänner, teilte die Regierung laut der Nachrichtenagentur Anadolu mit. Die Bergungsarbeiten würden nun fortgesetzt. Vermisst würden noch mehr als 130 Arbeiter.
    Vermisstensuche, Beileidsbekundungen und Gewalt gegen Demonstranten
    Auch wenn die Hoffnungen schwänden, noch Überlebende zu finden, seien die Rettungsmaßnahmen nun auf zwei Gebiete in der Mine konzentriert worden, sagte Energieminister Taner Yildiz. Noch immer brenne ein Feuer, das die Rettungsarbeiten behindere. Die Regierung hatte erklärt, in der Mine hätten sich zum Unglückszeitpunkt am Dienstag 787 Menschen befunden. 363 wurden gerettet.

    Parallel zu den Rettungsarbeiten liefen nun die Untersuchungen über die Ursachen des Unglücks sagte der türkische Staatspräsident Abdullah Gül am Donnerstag nach einem Besuch an der Unglückszeche. Er sprach den Angehörigen der Opfer sein Beileid aus. Der Besuch von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan in Soma am Mittwoch war von Protesten begleitet worden. Für Empörung sorgte dabei ein Berater Erdogans, der auf einen am Boden liegenden Demonstranten eintrat.

    Die türkische Polizei setzt am 14.05.2014 in Istanbul Wasserwerfer gegen Demonstranten ein, die der Regierung "Mord" im Zusammenhang mit dem Grubenunglück von Soma vorwerfen.
    Schwere Proteste gegen den Regierungskurs in der Türkei nach dem Bekanntwerden des Grubenunglücks.© dpa picture alliance / Sedat Suna
    Elektrischer Defekt soll Brände und Explosionen ausgelöst haben
    Medienberichten zufolge hatte in dem Stollen ein elektrischer Defekt in einem Trafo zunächst eine Explosion und dann einen Brand verursacht, der nach Angaben von Yildiz in 150 Metern Tiefe ausbrach. Türkische Medien hatten berichtet, die Regierungspartei AKP habe im vergangenen Monat Forderungen der Opposition zurückgewiesen, die Sicherheitsvorkehrungen an der Zeche Soma zu überprüfen. Die Bergwerksgesellschaft teilte mit, die letzten Sicherheitsüberprüfungen habe es vor zwei Monaten gegeben.
    Schwerstes Grubenunglück weltweit seit 40 Jahren
    Das Grubenunglück ist das schwerste in der Geschichte der Türkei und zugleich das schwerste weltweit seit fast 40 Jahren. Nach Angaben der Regierung wurden bei dem Unglück 80 Menschen verletzt. 27 davon werden nach Angaben der Regierung noch im Krankenhaus behandelt.
    Weltweit sorgte das Unglück für Trauer. Mehrere Länder boten der Türkei Hilfe an. An der Botschaft Deutschlands in der Türkei und den Konsulaten wurden in Trauer um die Opfer die Fahnen auf halbmast gesetzt. "Wir trauern um die Bergleute von Soma", hieß es am Donnerstag auf der Homepage der Botschaft in Ankara. "In dieser schweren Stunde sind unsere Gedanken bei ihren Familien. Wir hoffen von ganzem Herzen auf die Rettung der eingeschlossenen Bergleute."

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    Programmtipp : In der Ortszeit um 12:07 Uhr berichtet Susanne Güsten über die lebensgefährlichen Arbeitsbedingungen in sehr vielen Gruben in der Türkei. Außerdem: Korrespondent Thomas Bormann gibt eine Einschätzung über die Auswirkungen des Unglücks auf das politische Gleichgewicht im Land.
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