Truppenpsychologe: Es wurde alles getan, was möglich war
Vorfälle wie die mutmaßlichen Totenschändungen durch deutsche Soldaten sind nach Einschätzung des Truppenpsychologen Bernd Willkomm trotz vieler Schulungen nicht vorhersehbar. Solche Entgleisungen seien bei der Bundeswehr in Einzelfällen nicht auszuschließen, sagte der Bundesvorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Post-Traumatische-Stress-Bewältigung.
Katja Schlesinger: Bundeswehrsoldaten in Afghanistan haben mutmaßlich einen Toten geschändet. Seit gestern liegen die Fotos vor. Sechs der Beteiligten sind laut Verteidigungsminister Jung bereits identifiziert. Einer soll die Tat bereits gestanden haben. Politiker, Bundeswehrangehörige, Kirchenvertreter - sie alle verurteilten diese Tat relativ schnell. Angela Merkel bezeichnete die Fotos als schockierend und abscheulich, durch nichts zu entschuldigen. Der Vorsitzende des Bundesverbandes Bernhard Gertz sprach von Entartungen und Entgleisungen.
Wie groß ist die Gefahr, dass Soldaten bei Auslandseinsätzen in Krisengebieten verrohen? Was passiert mit Soldaten in Krisengebieten und welche psychologische Betreuung brauchen sie? Fragen die ich an Bernd Willkomm richten möchte. Er ist einer von rund 100 Truppen Psychologen bei der Bundeswehr und Bundesvorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Post-Traumatische-Stress-Bewältigung. Herr Willkomm, Soldaten, die im Ausland eingesetzt werden ja medizinisch und vor allem psychologisch auch geprüft. Worauf achten Sie dabei?
Bernd Willkomm: Dabei gibt es sicher Unterschiede je nach Art der Verwendung. Grundsätzlich verlangen wir aber eine stabile Persönlichkeit und eine gewisse Reife von diesen.
Schlesinger: Wie wird so etwas überprüft?
Willkomm: Bei einigen in Form nur von Gesprächen, bei anderen werden dann ganz spezielle Auswahlverfahren angewandt, je nach Funktion. Bei Spezialkräften zum Beispiel ist es ein extrem aufwendiges Auswahlverfahren, wo nicht nur Testverfahren, Fragebögen und dergleichen eingesetzt werden, sondern auch unter Belastung die Stabilität überprüft wird.
Schlesinger: Wenn Soldaten nun vor Auslandseinsätzen stehen, werden sie, habe ich gelesen, über längere Zeit und auch dann fortlaufend beobachtet. Welche Umstände können trotzdem zu solch abscheulichen Taten führen wie dieser Totenschändung, die auf diesen Fotos zu sehen ist?
Willkomm: Wie wir unter anderem von den Amerikanern wissen, gibt es bestimmte Ansätze und bestimmte Konstellationen, die dazu führen, dass es zu solchen Entgleisungen kommt. Das hat aber nichts mit der Auswahl des Personals zu tun oder mit der Betreuung des Personals, sondern das hängt mit den Einsatzbedingungen zusammen, unter denen diese Leute arbeiten müssen. Wir haben zum Beispiel von Irak-Heimkehrern aus den USA mehrere Fälle gehabt, die danach ihre Familien ermordet haben.
Schlesinger: Was muss passieren, dass Menschen so etwas tun wie diese Fotos, ich frage es noch einmal?
Willkomm: Ja, das ist bedauerlicherweise unvorhersehbar. Wir müssen davon ausgehen, dass es Einzelfälle sind, die nicht vorhersehbar sind. Das Personal ist extrem sorgfältig ausgewählt, extrem gründlich geschult, und trotzdem kann es in Einzelfällen zu solchen Ereignissen kommen. Das Einzige, was man jetzt tun kann, ist, die Vorfälle untersuchen und versuchen festzustellen, ob man vielleicht noch mehr tun kann.
Schlesinger: Sie selbst haben Soldaten betreut und tun das immer noch, die von Auslandseinsätzen zurück nach Deutschland kommen. Was ist mit diesen Soldaten los, was erzählen die, was haben sie erlebt?
Willkomm: Also ich glaube, dass die amerikanischen Soldaten natürlich ganz andere Dinge erlebt haben, die aus dem Irak zurückkamen. Ich glaube, dass die Ursache dann hauptsächlich darin liegt, dass sie mit sich selbst nicht mehr klarkommen, dass sie sich von ihrem Umfeld nicht mehr verstanden fühlen, in völlige Hilflosigkeit verfallen. Und Hilflosigkeit ist natürlich eine Möglichkeit, aus der man sich mit Aggression retten kann. In dem Ausmaß haben wir das bei Bundeswehrsoldaten noch nicht gehabt, aber es ist durchaus nicht selten, dass auch Bundeswehrsoldaten nach der Rückkehr aus dem Auslandeinsatz einige Wochen brauchen, bevor sie hier zurück in der Heimat und mit der Familie wieder an dem Punkt angelangt sind, wo sie vor dem Einsatz waren.
Schlesinger: Und was nennen Sie als Gründe in Gesprächen mit Ihnen?
Willkomm: Diese Soldaten gehen in den Einsatz, werden dort mit Dingen konfrontiert wie Bedrohung, Gewalt, Zerstörung - was, wenn sie in den Einsatz kommen, zunächst mal für sie nicht die Normalität ist. Je länger ein Einsatz dauert, umso mehr wird das zur Normalität, und wenn der Einsatz über mehrere Monate geht, kann es dann durchaus passieren, dass man dann das Zuhause nicht mehr als normal erlebt, weil man eben gezwungen war, sich ein Umfeld mit Zerstörung, Gewalt als Normalität zu akzeptieren.
Schlesinger: Und kann das wiederum auch zur Verrohung schon am Einsatzort, zum Beispiel in Afghanistan führen?
Willkomm: Also ich glaube, dass da die Konfrontation mit massiver Bedrohung, mit massiver Gewalt und eben eine längere Eingriffszeit erforderlich ist. Es gibt sicher auch einen Grund, warum die Bundeswehr die durchschnittliche Einsatzdauer von sechs auf vier Monate verkürzt hat.
Schlesinger: Um solchen Dingen vorzubeugen?
Willkomm: Sowohl diesen Dingen vorzubeugen, dass nämlich diese Veränderungen in der Denkweise, im Weltbild nicht so massiv wird, und zweitens auch, um natürlich diese familiäre Belastung zu reduzieren.
Schlesinger: Herr Willkomm, es gibt 100 Truppenpsychologen bei der Bundeswehr. Wie viele davon sind eigentlich konkret im Ausland?
Willkomm: Wir haben bei jedem Kontingent, das ungefähr Bataillonstärke oder -größe hat, einen Truppenpsychologen ständig vor Ort.
Schlesinger: Ein Kontingent sind bis zu 1500 Soldaten?
Willkomm: Das kann man so sehen, ja.
Schlesinger: In einem Interview mit der Deutschen Welle vor zwei Jahren haben Sie gesagt, dass die psychologische Betreuung bei der Bundeswehr an sich gut abgedeckt sei, und nannten auch diese Zahl, dass eben ein Truppenpsychologe pro Einsatzkontingent, also 1500 Soldaten, zuständig sei. Sind Sie immer noch der Meinung, dass die psychologische Betreuung bei der Bundeswehr ausreichend ist?
Willkomm: Das ist eine ganz schwierige Frage. Man könnte sicher mehr tun, aber wie Sie selber wissen, unterliegen wir auch Zwängen der Personalreduzierung, nicht nur im militärischen, sondern auch im zivilen Bereich. Unter dem Aspekt tun wir das Möglichste, und bisher hat sich das aber auch als ausreichend und bewährt erwiesen.
Schlesinger: Nun wissen wir alle nicht, die Bilder sind von 2003, ob nicht in Zukunft noch andere Bilder auftauchen werden. Sie haben eben selbst gesagt, dass man so etwas nie voraussehen kann, bei aller guter Ausbildung und psychologischer Überprüfung. Bei der Ausbildung der Soldaten und ihrer Vorbereitung auf Auslandseinsätze wird ja von psychologischer Seite sehr viel Wert darauf gelegt, dass die Soldaten lernen, mit Stressmomenten umzugehen. Wird dabei überhaupt auch in Erwägung gezogen, dass Soldaten in Krisenzeiten, in Kriegen abstumpfen und verrohen können?
Willkomm: Dem kann man nicht vorbeugen, außer durch Information, durch Konfrontation mit bestimmten Situationen. So werden also sehr viele Soldaten auch in Situationen wie Geiselnahme und Gefangenschaft gebracht. Man kann natürlich die Realität nie vollständig abbilden, aber sie werden in solchen Situationen unter erheblichen Stress gesetzt und dort beobachtet, inwieweit sie in der Lage sind, damit umzugehen.
Schlesinger: Als Sie diese Nachricht gestern gehört haben von diesen Fotos, von diesen Vorfällen, dieser Totenschändung, haben Sie sich vielleicht nicht selbst gefragt, wo Schwachstellen in der Ausbildung und psychologischen Betreuung liegen könnten?
Willkomm: Man fragt sich das natürlich, aber wir haben nach dem bisherigen Kenntnisstand alles, was möglich war, getan. Aber trotzdem entbindet uns das nicht von der Pflicht, in diesen Fällen jetzt den Ursachen auf den Grund zu gehen und möglicherweise auch in dem Bereich nachzubessern.
Schlesinger: Was fiele Ihnen da ein?
Willkomm: Das können wir erst sagen, wenn wir die Ursachen für diese Vorfälle eruiert haben. Für uns sind diese Dinge genauso unvorstellbar gewesen bis jetzt. Wir haben den Kopf geschüttelt, als bei den Amerikaner ähnliches berichtet wurde, jetzt haben wir dasselbe. Wir müssen jetzt den Ursachen auf den Grund gehen und dann versuchen, Möglichkeiten zu finden, wie wir in Zukunft so etwas verhindern können.
Schlesinger: Die Bundeswehrsoldaten haben ja bislang vor allem in Afghanistan ein recht hohes Ansehen genossen. Die Bilder verletzen natürlich das Ansehen der Truppe im hohen Maße, und was nun in Afghanistan als Reaktion auf die Bilder möglicherweise passiert, das wissen wir nicht, das ist das Eine. Welche Auswirkungen könnte der Vorfall aber auch auf die Truppe, auf die Moral der Truppen haben, die zurzeit in Afghanistan stationiert sind?
Willkomm: Ich gehe mal davon aus, dass auch die anderen Truppen, die in Afghanistan stationiert sind, entsetzt reagiert haben. Andrerseits glaube ich aber, dass jemand, der noch nicht in einem solchen Einsatz war, vielleicht manche Dinge nicht beurteilen kann. Die Soldaten, die dort sind, werden mit Sicherheit auf Grund dieses Vorfalls nochmals zusätzlich geschult, belehrt werden. Aber ich glaube auch, dass durch diese Bilder sehr viele Soldaten auch gewarnt wurden, dass mit ihnen vielleicht so etwas auch passieren könnte.
Wie groß ist die Gefahr, dass Soldaten bei Auslandseinsätzen in Krisengebieten verrohen? Was passiert mit Soldaten in Krisengebieten und welche psychologische Betreuung brauchen sie? Fragen die ich an Bernd Willkomm richten möchte. Er ist einer von rund 100 Truppen Psychologen bei der Bundeswehr und Bundesvorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Post-Traumatische-Stress-Bewältigung. Herr Willkomm, Soldaten, die im Ausland eingesetzt werden ja medizinisch und vor allem psychologisch auch geprüft. Worauf achten Sie dabei?
Bernd Willkomm: Dabei gibt es sicher Unterschiede je nach Art der Verwendung. Grundsätzlich verlangen wir aber eine stabile Persönlichkeit und eine gewisse Reife von diesen.
Schlesinger: Wie wird so etwas überprüft?
Willkomm: Bei einigen in Form nur von Gesprächen, bei anderen werden dann ganz spezielle Auswahlverfahren angewandt, je nach Funktion. Bei Spezialkräften zum Beispiel ist es ein extrem aufwendiges Auswahlverfahren, wo nicht nur Testverfahren, Fragebögen und dergleichen eingesetzt werden, sondern auch unter Belastung die Stabilität überprüft wird.
Schlesinger: Wenn Soldaten nun vor Auslandseinsätzen stehen, werden sie, habe ich gelesen, über längere Zeit und auch dann fortlaufend beobachtet. Welche Umstände können trotzdem zu solch abscheulichen Taten führen wie dieser Totenschändung, die auf diesen Fotos zu sehen ist?
Willkomm: Wie wir unter anderem von den Amerikanern wissen, gibt es bestimmte Ansätze und bestimmte Konstellationen, die dazu führen, dass es zu solchen Entgleisungen kommt. Das hat aber nichts mit der Auswahl des Personals zu tun oder mit der Betreuung des Personals, sondern das hängt mit den Einsatzbedingungen zusammen, unter denen diese Leute arbeiten müssen. Wir haben zum Beispiel von Irak-Heimkehrern aus den USA mehrere Fälle gehabt, die danach ihre Familien ermordet haben.
Schlesinger: Was muss passieren, dass Menschen so etwas tun wie diese Fotos, ich frage es noch einmal?
Willkomm: Ja, das ist bedauerlicherweise unvorhersehbar. Wir müssen davon ausgehen, dass es Einzelfälle sind, die nicht vorhersehbar sind. Das Personal ist extrem sorgfältig ausgewählt, extrem gründlich geschult, und trotzdem kann es in Einzelfällen zu solchen Ereignissen kommen. Das Einzige, was man jetzt tun kann, ist, die Vorfälle untersuchen und versuchen festzustellen, ob man vielleicht noch mehr tun kann.
Schlesinger: Sie selbst haben Soldaten betreut und tun das immer noch, die von Auslandseinsätzen zurück nach Deutschland kommen. Was ist mit diesen Soldaten los, was erzählen die, was haben sie erlebt?
Willkomm: Also ich glaube, dass die amerikanischen Soldaten natürlich ganz andere Dinge erlebt haben, die aus dem Irak zurückkamen. Ich glaube, dass die Ursache dann hauptsächlich darin liegt, dass sie mit sich selbst nicht mehr klarkommen, dass sie sich von ihrem Umfeld nicht mehr verstanden fühlen, in völlige Hilflosigkeit verfallen. Und Hilflosigkeit ist natürlich eine Möglichkeit, aus der man sich mit Aggression retten kann. In dem Ausmaß haben wir das bei Bundeswehrsoldaten noch nicht gehabt, aber es ist durchaus nicht selten, dass auch Bundeswehrsoldaten nach der Rückkehr aus dem Auslandeinsatz einige Wochen brauchen, bevor sie hier zurück in der Heimat und mit der Familie wieder an dem Punkt angelangt sind, wo sie vor dem Einsatz waren.
Schlesinger: Und was nennen Sie als Gründe in Gesprächen mit Ihnen?
Willkomm: Diese Soldaten gehen in den Einsatz, werden dort mit Dingen konfrontiert wie Bedrohung, Gewalt, Zerstörung - was, wenn sie in den Einsatz kommen, zunächst mal für sie nicht die Normalität ist. Je länger ein Einsatz dauert, umso mehr wird das zur Normalität, und wenn der Einsatz über mehrere Monate geht, kann es dann durchaus passieren, dass man dann das Zuhause nicht mehr als normal erlebt, weil man eben gezwungen war, sich ein Umfeld mit Zerstörung, Gewalt als Normalität zu akzeptieren.
Schlesinger: Und kann das wiederum auch zur Verrohung schon am Einsatzort, zum Beispiel in Afghanistan führen?
Willkomm: Also ich glaube, dass da die Konfrontation mit massiver Bedrohung, mit massiver Gewalt und eben eine längere Eingriffszeit erforderlich ist. Es gibt sicher auch einen Grund, warum die Bundeswehr die durchschnittliche Einsatzdauer von sechs auf vier Monate verkürzt hat.
Schlesinger: Um solchen Dingen vorzubeugen?
Willkomm: Sowohl diesen Dingen vorzubeugen, dass nämlich diese Veränderungen in der Denkweise, im Weltbild nicht so massiv wird, und zweitens auch, um natürlich diese familiäre Belastung zu reduzieren.
Schlesinger: Herr Willkomm, es gibt 100 Truppenpsychologen bei der Bundeswehr. Wie viele davon sind eigentlich konkret im Ausland?
Willkomm: Wir haben bei jedem Kontingent, das ungefähr Bataillonstärke oder -größe hat, einen Truppenpsychologen ständig vor Ort.
Schlesinger: Ein Kontingent sind bis zu 1500 Soldaten?
Willkomm: Das kann man so sehen, ja.
Schlesinger: In einem Interview mit der Deutschen Welle vor zwei Jahren haben Sie gesagt, dass die psychologische Betreuung bei der Bundeswehr an sich gut abgedeckt sei, und nannten auch diese Zahl, dass eben ein Truppenpsychologe pro Einsatzkontingent, also 1500 Soldaten, zuständig sei. Sind Sie immer noch der Meinung, dass die psychologische Betreuung bei der Bundeswehr ausreichend ist?
Willkomm: Das ist eine ganz schwierige Frage. Man könnte sicher mehr tun, aber wie Sie selber wissen, unterliegen wir auch Zwängen der Personalreduzierung, nicht nur im militärischen, sondern auch im zivilen Bereich. Unter dem Aspekt tun wir das Möglichste, und bisher hat sich das aber auch als ausreichend und bewährt erwiesen.
Schlesinger: Nun wissen wir alle nicht, die Bilder sind von 2003, ob nicht in Zukunft noch andere Bilder auftauchen werden. Sie haben eben selbst gesagt, dass man so etwas nie voraussehen kann, bei aller guter Ausbildung und psychologischer Überprüfung. Bei der Ausbildung der Soldaten und ihrer Vorbereitung auf Auslandseinsätze wird ja von psychologischer Seite sehr viel Wert darauf gelegt, dass die Soldaten lernen, mit Stressmomenten umzugehen. Wird dabei überhaupt auch in Erwägung gezogen, dass Soldaten in Krisenzeiten, in Kriegen abstumpfen und verrohen können?
Willkomm: Dem kann man nicht vorbeugen, außer durch Information, durch Konfrontation mit bestimmten Situationen. So werden also sehr viele Soldaten auch in Situationen wie Geiselnahme und Gefangenschaft gebracht. Man kann natürlich die Realität nie vollständig abbilden, aber sie werden in solchen Situationen unter erheblichen Stress gesetzt und dort beobachtet, inwieweit sie in der Lage sind, damit umzugehen.
Schlesinger: Als Sie diese Nachricht gestern gehört haben von diesen Fotos, von diesen Vorfällen, dieser Totenschändung, haben Sie sich vielleicht nicht selbst gefragt, wo Schwachstellen in der Ausbildung und psychologischen Betreuung liegen könnten?
Willkomm: Man fragt sich das natürlich, aber wir haben nach dem bisherigen Kenntnisstand alles, was möglich war, getan. Aber trotzdem entbindet uns das nicht von der Pflicht, in diesen Fällen jetzt den Ursachen auf den Grund zu gehen und möglicherweise auch in dem Bereich nachzubessern.
Schlesinger: Was fiele Ihnen da ein?
Willkomm: Das können wir erst sagen, wenn wir die Ursachen für diese Vorfälle eruiert haben. Für uns sind diese Dinge genauso unvorstellbar gewesen bis jetzt. Wir haben den Kopf geschüttelt, als bei den Amerikaner ähnliches berichtet wurde, jetzt haben wir dasselbe. Wir müssen jetzt den Ursachen auf den Grund gehen und dann versuchen, Möglichkeiten zu finden, wie wir in Zukunft so etwas verhindern können.
Schlesinger: Die Bundeswehrsoldaten haben ja bislang vor allem in Afghanistan ein recht hohes Ansehen genossen. Die Bilder verletzen natürlich das Ansehen der Truppe im hohen Maße, und was nun in Afghanistan als Reaktion auf die Bilder möglicherweise passiert, das wissen wir nicht, das ist das Eine. Welche Auswirkungen könnte der Vorfall aber auch auf die Truppe, auf die Moral der Truppen haben, die zurzeit in Afghanistan stationiert sind?
Willkomm: Ich gehe mal davon aus, dass auch die anderen Truppen, die in Afghanistan stationiert sind, entsetzt reagiert haben. Andrerseits glaube ich aber, dass jemand, der noch nicht in einem solchen Einsatz war, vielleicht manche Dinge nicht beurteilen kann. Die Soldaten, die dort sind, werden mit Sicherheit auf Grund dieses Vorfalls nochmals zusätzlich geschult, belehrt werden. Aber ich glaube auch, dass durch diese Bilder sehr viele Soldaten auch gewarnt wurden, dass mit ihnen vielleicht so etwas auch passieren könnte.