Trumps CNN-Tweet

Aufregung in getrennten Echokammern

Donald Trumps Twitter-Meldungen auf einem Smartphone. Im Hintergrund das Logo von CNN. Trump postete ein Video, das ihn in einem Wrestlingkampf zeigt, wobei sein Opfer durch ein CNN-Logo ersetzt wurde.
Donald Trumps Twitter-Meldungen auf einem Smartphone, im Hintergrund das Logo von CNN © imago / Jaap Arriens
Von Nina Scholz · 03.07.2017
US-Präsident Donald Trump kennt die Empörungsspirale der Journalisten: Darin bestehe der eigentliche Skandal des CNN-Prügel-Tweets, kommentiert Nina Scholz. Aus diesem von Trump kalkulierten Kreislauf auszubrechen, sei die Herausforderung für Berichterstatter und Medien.
Heute Morgen in der Redaktionskonferenz: Diskutiert wird ein Tweet von Donald Trump. Er hat ein Video gepostet, das ihn zeigt, wie er jemanden am Rande einer Wrestling-Show verprügelt. Das Gesicht der verprügelten Person wurde durch das Logo des amerikanischen TV-Senders CNN ersetzt. Wir fragen uns: Müssen wir darüber berichten, schließlich greift damit Trump damit die Presse und die Pressefreiheit an und die ist essentiell für die Demokratie. Wir fühlen uns angegriffen. Wir sind empört.

Trump kennt die Rolle der Journalisten

Der eigentliche Skandal ist aber nicht, dass Trump hier CNN, die für ihn und auch für andere ein Symbol der liberalen Presse sind, diskreditiert. Der Skandal ist, dass er die Empörungsspirale der Journalisten genau kennt und wir alle unsere Rolle spielen und sie nicht unterbrechen. Trump weiß, wie Social Media funktioniert. Während Trump erst in den Sozialen Netzwerken und dann in den alten Medien Entrüstung für seine Äußerungen erntet, macht er trotzdem ganz klassische, graue, bürokratische Politik und die bekommt nicht so viel Aufmerksamkeit von uns wie sie sollte.
Schaut man nämlich in die Sozialen Netzwerke und in Google-Suchergebnisse, kann man leicht erkennen, wie wenig Aufmerksamkeit diese Themen bei uns bekommen im Gegensatz zu seinen Tweets, in denen er sich als starker Mann, als provokanter Präsident geriert.
Es gibt aber auch noch ein weiteres, weitaus größeres Problem und auch das betrifft uns Journalisten. Wir sind alle empört über diese Tweets und äußern diesen Unmut in unseren Zeitungen, in unseren Sendern. Das Problem ist aber: Wir erreichen damit nur jene, die auch empört sind. Der Tweet wurde bereits 280.000 Mal geteilt, Tendenz steigend. Tweets werden meistens dann geteilt, wenn man ihnen zustimmt. Was ist also mit den Menschen, die so einen Tweet teilen? Interessieren uns die nicht, weil wir das, was Trump sagt und macht für falsch halten? Und selbst wenn wir es für falsch halten: Geben wir die Menschen einfach auf? Schreiben wir nicht mehr für sie? Reden wir nicht mit ihnen?

Empörte Artikel sind keine Lösung

Unsere empörten Artikel erreichen sie jedenfalls nicht. Wir sind eine Echokammer, die Trump-Fans sind eine andere Echokammer. Zwischen uns und ihnen gibt es keine Kommunikation und das ist unwürdig für Medien, die demokratisch sein wollen. Demokratisch sein heißt, auch die, die jemanden wie Trump wählen, ernst zu nehmen. Das vergessen wir gerne mal, vor allem wenn Trump uns als Journalisten angreift und alle um uns herum so empört sind wie wir - vor allem, wenn sie auch Journalisten sind.
Wir stehen also vor einem doppelten Problem: Wir müssen aus dem News-Cycle, den der Präsident uns diktiert, ein Stück weit ausbrechen. Wir müssen uns fragen: Was passiert gerade hinter den Kulissen? Und vielleicht auch: Warum will er gerade jetzt stark wirken? Während wir uns gleichzeitig auch fragen müssen: Warum finden es fast 280.000 Menschen gut, dass Kollegen von uns vom amerikanischen Präsidenten verprügelt werden? Was machen wir falsch, dass so viele Menschen so wenig Vertrauen in uns haben und uns so wenig mögen? Hat das vielleicht auch mit unserer Empörung zu tun?
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