Trübe Aussichten?

Von Michael Meyer |
Die Zeitungsverleger ziehen in Berlin die Bilanz des ersten Halbjahres 2008 und blicken auch in die Zukunft: Die Konkurrenz durch Gratiszeitungen, aber auch das Internet macht den Verlegern am meisten Sorgen. Außerdem werden vielerorts Redaktionen verkleinert, weil die Zeitungen zunehmend auf Agenturmaterial zurückgreifen und sich damit thematisch immer mehr gleichen.
"Die Entwicklung der Zeitungen in Deutschland ist weiterhin nicht zufriedenstellend", meint der Geschäftsführer des Verbands der Zeitungsverleger, Dietmar Wolff. Zwar konnte die Talfahrt bei den Werbeumsätzen gebremst werden, jedoch gehen nach wie vor die Auflagen zurück, im ersten Quartal 2008 um knapp 2 Prozent – dabei beträgt der Rückgang in Ostdeutschland sogar über 4 Prozent. Im Osten Deutschlands gilt die Zeitung mehr noch als im Westen als ein Kostenfaktor im Haushaltsbudget, auf den man verzichten kann.

Jedoch leiden die Zeitungsverleger nicht nur unter einer stagnierenden bis leicht rückläufigen Geschäftsentwicklung, es treten zunehmend Konkurrenten auf den Markt, die den Verlagen das Leben noch schwerer machen – so sehen es jedenfalls die Zeitungsverleger. Angesichts der schwierigen Marktsituation sei es - so Dietmar Wolff - geradezu grotesk, dass die Deutsche Post AG plane, mit Gratistiteln in den Pressemarkt zu drängen:

" Die Deutsche Post, die im Kernbereich mehrwertsteuerbefreit ist, und die ihre Konkurrenten abschütteln konnte durch einen politisch festgelegten Mindestlohn, schickt sich jetzt als Verlagsunternehmen an, in den Pressemarkt einzusteigen mit einem Gratisblatt. Unter den Rahmenbedingungen, die wir vorfinden, …, mit der politischen Hilfe, ist das eigentlich schon skandalös, was sich da abzeichnet, denn der Staat ist immerhin zu 30 Prozent an der Deutschen Post AG beteiligt und hat ein nicht ganz uneigennütziges Interesse am Wohlergehen der Post, aber das darf natürlich nicht auf dem Wettbewerbsmarkt ausgespielt werden gegen andere private Unternehmen. "

Auch einige Entscheidungen auf europäischer Ebene kritisieren die Zeitungsverleger: Zum einen fordern sie die Bundesregierung auf, das im Fernsehen nunmehr erlaubte "Product Placement" nicht in nationales Recht umzusetzen, denn in den USA erleben die Verleger schon heute, dass die Schleichwerbung vom Fernsehen übers Internet auch in die Zeitungen durchsickert. Und noch ein Ärgernis: Brüssel berät über immer mehr Werberestriktionen, neuester Vorstoß ist eine Vorschrift für Autowerbung:

" Hier soll die Fläche einer Werbung in einer gedruckten Zeitung zu 20 Prozent freigegeben werden für Hinweise zur Umweltverträglichkeit der PKWs. Das ist absolut nicht hinnehmbar und das würde zu fatalen Folgen mit sich führen, wir können da die Europäische Kommission nur dringendst dazu auffordern, von diesen Plänen abzurücken. "

Lob haben die Zeitungsverleger hingegen für die geplanten Restriktionen für ARD und ZDF im Internet: Im Prinzip sei man mit den Änderungen im neuen Rundfunkstaatsvertrag einverstanden, allerdings gebe es noch eine Reihe von Detailfragen zu klären, etwa, wer eigentlich die Internetaktivitäten von ARD und ZDF überprüft – und wie viel Lokalberichterstattung die Öffentlich-rechtlichen Sender im Netz anbieten dürfen – die nämlich sei besonders Existenz bedrohend für die Lokalzeitungen.

Das Internet ist für die Zeitungsmacher ohnehin Fluch und Segen zugleich: Zwar besuchen rund 40 Prozent aller deutschen Internetnutzer regelmäßig eine Zeitungswebsite wie etwa "faz.net" oder "süddeutsche.de". Allerdings heißt das nicht, dass die Verlage auch ausreichende Werbeeinnahmen aus den Internetauftritten generieren können, betont Hans-Joachim Fuhrmann, Leiter des Multimedia-Bereichs beim Verband der Zeitungsverleger:

" Dass wir die Verluste, die Erosionen, die wir in der gedruckten Zeitungswelt haben, in dem wir dort Werbung verlieren, dass wir die nicht ausgleichen können durch die Werbung im Online-Bereich hängt einfach damit zusammen, dass Online-Werbung nicht so gut bezahlt wird wie die gedruckte Werbung. (…) Sie bekommen für einen Werbebanner im Internet nicht den Preis, den Sie für eine Zeitungsanzeige bekommen, aber: Hier wird die Welt sich ändern. "

In der Zukunft werden sehr viel genauere, spezifischere Werbemöglichkeiten im Netz verfügbar sein, sofern sie datenschutzrechtlich umsetzbar sind. Weinliebhaber werden dann beispielsweise vermehrt Anzeigen von Weinversandhäusern auf ihrem Bildschirm sehen. Doch bis dahin ist es noch eine ganze Weile.

Positiv sehen die deutschen Zeitungsverleger, dass die Erosion der Zeitungsauflagen hierzulande sich nicht ganz so rasant vollzieht wie etwa in den USA. Große Zeitungshäuser haben dabei dem Gegenwind besser standhalten können, als kleine Verlage. Allerdings stellt sich auch in deutschen Verlagen die Frage: Wie viel Geld steckt man in die gedruckte Zeitung und wie viel ins Internet, um für die Zukunft gerüstet zu sein? Kostenpflichtige Internetangebote haben die meisten Verlage wieder verworfen.

Um Kosten zu sparen, sind in den letzten Jahren bundesweit Hunderte von Redakteursstellen abgebaut worden – manchmal auch zu Lasten der Qualität der jeweiligen Blätter, gibt Hans-Joachim Fuhrmann zu:

" Hier müssen die Zeitungen natürlich aufpassen, weil: Sie stehen ja nicht allein in diesem Markt. Um sie herum gibt es viele Gratisprodukte, wir haben zwar keine klassische Gratiszeitung in Deutschland, aber sehr gut gemachte Anzeigenblätter, Szeneblätter. Wenn ich in der Zeitungsqualität zurückgehe, dann sagt mir doch der Abonnent: Sorry, wofür soll ich da noch 20 oder 30 Euro auf den Tisch blättern, um dieses Abo zu bezahlen? Also: Zeitungen, die im Markt bleiben wollen, über eine lange, weite Zukunft hinein, müssen sich über Qualität definieren und die Qualität einer Zeitung ist festzumachen nicht an der Gestaltung, am Werbevolumen, sondern an redaktionellen Inhalten. "