Trink Brüderlein, trink

Von Udo Pollmer |
Stiftung Warentest hat Thermoskannen und Plastikflaschen auf Rückstände geprüft und ist fündig geworden: Grund zum Boykott? Im Fall der Thermoskannen erwies sich die Untersuchung als wertlos. Die Menge des in Wasserflaschen nachgewiesenen Acetaldehyd ist für Erwachsene wenig bedrohlich.
Anlass: Stiftung Warentest hat in seinem Augustheft gleich zwei Mal Flaschen geprüft. Einmal Thermoskannen und einmal Wasser in Plastikflaschen. Zunächst die Thermoskannen: Sie sollen krebserregende und erbgutverändernde Stoffe enthalten.

Was war da drin? Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe. Sie waren in den Verschlüssen und den Beschichtungen der Trinkbecher nachweisbar. In der Tat werden diese Stoffe als "krebserregend" eingestuft. Aber das will nicht viel heißen, denn sie kommen überall in der Natur vor, wo Verbrennungsvorgänge stattfinden - egal ob bei Industrieanlagen, Kerzenlicht oder Waldbränden. Wir atmen sie mit jedem Atemzug ein, wir essen sie mit jedem Gemüse mit. Deshalb bekommt aber noch niemands automatisch Krebs. Entscheidend ist hier die Menge, der der Mensch ausgesetzt ist.

Und wie hoch war die? Darüber schweigt sich Stiftung Warentest aus. Die Werte, heißt es, seien "so hoch", dass in fünf Fällen abgewertet wurde. Gleiches gilt auch für den "Schwermetallübergang". Auch hier fehlen die Daten. Damit ist das Urteil nicht überprüfbar. Prädikat: wertlos.

Wie sieht das Ergebnis bei den Mineralwasserflaschen aus. Auch hier wurden ja Rückstände entdeckt. Fehlen da auch die Werte? Nein, da ist das Vorgehen korrekt. Die Untersuchung ist gründlich, und die gemessenen Werte werden aufs Millionstel Gramm genau angegeben. Beanstandet wurde bei einigen Wässern der Gehalt an Acetaldehyd, vor allem, weil sich dieser Stoff geschmacklich unangenehm bemerkbar machen kann. Dazu reichen manchmal schon 20 Mikrogramm pro Liter. 20 Mikrogramm sind vermeidbar und wurden beanstandet. Ein Mikrogramm ist ein Tausendstel Milligramm.

Die Ergebnisse haben bei Verbraucher- und Umweltschützern einige Aufregung hervorgerufen: "Chemikalie im Billig-Mineralwasser: Deutsche Umwelthilfe warnt vor Wasser aus Kunststoff-Einwegflaschen", heißt es in einer Pressemeldung. Acetaldehyd ist ja bekanntermaßen leberschädlich. Das stimmt schon, aber Stiftung Warentest hebt hier bewusst nicht auf das Gesundheitsrisiko ab. Zu Recht, denn hier besteht keins - auch wenn der Stoff erst mal "gefährlich" klingt. Acetaldehyd entsteht auch im menschlichen Stoffwechsel. Zum Beispiel wenn wir Alkohol zu uns nehmen. Dann wird aus dem Alkohol ebenfalls Acetaldehyd. Wenn Sie eine Maß Bier trinken, dann bilden sich gut 30 Gramm davon in Ihrem Körper. Für die gleiche Dosis müssten Sie vom Billig-Mineralwasser eine Million Liter trinken.

Aber wie sieht das bei Kindern aus, die kriegen doch auch Mineralwasser ins Fläschchen - aber bestimmt keine Maß Bier. Ja, aber vielleicht essen die Bananen. Da ist auch Alkohol drin - mehr noch als in "alkoholfreiem" Bier. Bei reifen Bananen kann der Gehalt fast ein Prozent betragen. Auch in Säften findet sich logischerweise Alkohol. Und in allen Produkten, die fermentiert wurden, wie beispielsweise Brot. Dann gibt es noch ganz besondere Spezialisten, die essen gerne rohe Körner in höherer Dosis. Nach einer gewissen Zeit kommt es im Darm von ganz allein zu einer alkoholischen Gärung.

Aber wäre es nicht besser, man würde Glasflaschen nehmen, da bleibt das Füllgut sauber? Bei allen Verpackungen geht etwas vom Material ins Lebensmittel. Im Falle von Glas sogar relativ viel. Aber auch das will nichts heißen, denn es sind vor allem Silikate. Aber bei dem vielen Recyclingmaterialien weiß kein Mensch, was da ins Füllgut gelangen kann. Hier rechnet sich jede Gruppe ihre Ökobilanzen so hin, wie sie es gerade braucht. Deshalb sollte sich der Verbraucher auch weiterhin beim Kauf von Wasserflaschen auf sein gutes Näschen verlassen und sich ansonsten mit Gelassenheit wappnen.

Literatur
Anon: Manche mögens heiß. Test 2008, H.8, S.72-75
Anon: Es gibt da ein Problem. Test 2008, H.8, S.22-28
Teschke R, Lieber CS: Alkoholstoffwechsel – Alkoholdehydrogenase und mikrosomales äthanoloxidierendes System. In: Handbuch Alkohol. Johann Ambrosius Barth, Heidelberg 2000: S.171-181
Kantonales Laboratorium Bern: Jahresbericht 1998. Bern 1999
Pirlet K: Klinische und naturheilkundliche Diätetik: Wissenschaftliche Grundlagen und therapeutische Richtlinien. Die Heilkunst 1988; 101 (5)
Brauer B, Funke T: Bestimmung von Kontaminanten. Deutsche Lebensmittel-Rundschau 2008; 104: 330-335