"Traumatisierte Soldaten"
Hinter den vier Buchstaben PTBS verbirgt sich die Bezeichnung der Krankheit "Posttraumatische Belastungsstörung". Rund fünf Prozent der deutschen Soldaten im Auslandseinsatz kehren mit einer solchen zurück. Der Filmemacher Piet Eekman hat Soldaten und Experten für seine Dokumentation "PTBS - Unsichtbar verwundet" dazu befragt.
"Grausamer Tag gewesen."
Der spezielle Tag in Kabul ist ein Datum. Vergangenheit. Doch nicht so für den Bundeswehrsoldaten, der erlebte, wie ein afghanischer Selbstmordattentäter ein Bundeswehrfahrzeug rammte und eine Bombe zündete.
"Man sah von oben bis unten aus blutbeschmiert. Überall waren Hautstücke, überall dieser verbrannte Geruch eben. Da lag ein Bein. Ohne Scherz. Da lag wirklich ein Bein. Ich habe dieses Bein aufgehoben. Da lief ein Soldat, der war ohne Bein. Ich dachte immer, Mensch, das kann nur sein Bein sein. Das war gar nicht sein Bein. Das war nur von dem fuckin´ Attentäter."
Dann die Rückkehr aus dem Auslandseinsatz. Alles scheint in Ordnung. Der Schock des Tages überwunden. Doch dann geht es los. Schlechter Schlaf. Schlechte Träume. Der Alkohol als Seelentröster, Aggressivität oder andere Symptome. Die Bilder im Kopf wollen nicht verschwinden. Am Tag in der Nacht. Im Schlafen wie im Wachen.
"Meine Frau sagte mir das damals, dass da irgendwas nicht stimmt. Warum ziehe ich mich zurück? Warum fasse ich sie nicht mehr an? Warum lasse ich das Kind links liegen? Warum kümmere ich mich nicht um das Haus? Warum mache ich gar nichts mehr? Warum wohne ich im Keller?"
Dieser Soldat, der nach seinem Afghanistan-Einsatz unter einer posttraumatischen Belastungsstörung litt, konnte sich seiner Krankheit zuwenden, aber der Filmemacher Piet Eekman lässt in den vielen, eindrucksvollen Interviews seines Films "PTBS – Unsichtbar verwundet" keinen Zweifel an einem der Grundprobleme der Krankheit: Viele Familien, Kameraden oder Vorgesetzte der Soldaten wissen oft nicht, dass sie unter der Krankheit leiden oder wie sie damit umgehen sollen. Noch immer ist das Thema PTBS auch ein nicht gern Gesehenes. Piet Eekman hat für seinen Film hochrangige und hochqualifizierte Experten aus der Bundeswehr interviewt – Psychologen, Psychiater oder Therapeuten -, er konnte Übungen der Bundeswehr für den Ernstfall dokumentieren, aber die Realität des institutionellen Umgang mit den Traumatisierungen als ungeliebten Kollateralschäden der Auslandseinsätze ist immer noch auch ein anderer:
"Dies ist ein Film, in dem Soldaten zu Wort kommen, aber keine Generäle. Trotz wiederholter Erklärung der Bundeswehr, sie gehe offen mit der Thematik der durch Auslandseinsätze traumatisierten Soldaten um, war es auch nach monatelangen Bitten nicht möglich, die obersten zuständigen Generäle für ein Interview zu gewinnen."
Das offensichtliche Schweigen auf den hohen Führungsebenen der Bundeswehr hat verständlicherweise auch Auswirkungen für die PTBS-Kranken, auf ihr Gefühl, mit ihrer Krankheit angenommen und akzeptiert zu werden. Karl-Heinz Biesold, Psychiater im Bundeswehrkrankenhaus in Hamburg:
"Wenn man traumatisierende Dinge erlebt, ist auch eine ganz große Frage, welchen Sinn hat das gemacht, was ich riskiert habe. Oder dass ich das erlebt habe. Und wenn die Motivation am Einsatz nicht stimmt, oder bei den Einsätzen nicht ganz klar ist, wofür sie da sind oder das Bild verzerrt ist, dann wird die Verarbeitungsfähigkeit der Menschen ganz leicht an eine Grenze heran geführt."
Das Gefühl, in einem sinnlosen Krieg das eigene Leben zu riskieren, beschreibt der Israeli Yariv Mozer in seiner Dokumentation "My first war", die nach Piet Eekmans Film auf arte zu sehen ist. Im zweiten Libanon-Krieg vom Sommer 2006 erscheint die kriegerische Auseinandersetzung als absurd irrationale politische Strategie, die aber die körperliche Versehrtheit der Soldaten aufs Spiel setzt. Unkenntnis, Chaos, Unaufgeklärtheit, Naivität und Politiker-Sprechblasen à la "Deutschland wird auch am Hindukush verteidigt" – das sind die Ingredienzien eines absurden Kriegseinsatzes, für das nicht allein Israelis oder Amerikaner das Privileg besitzen. Am Anfang seines Films "PTBS – Unsichtbar verwundet" fragt Piet Eekman einige Bundeswehrsoldaten, ob sie Angst vor dem Auslandseinsatz in Afghanistan haben. Einer der Soldaten antwortet:
"Angst nicht unbedingt. Ich würde das eher Respekt nennen. –
"Was meinen Sie, wenn sie Respekt sagen?", fragt der Filmemacher. Offensichtlich ist der Soldat mit dieser Nachfrage überfordert. Eine lange, sehr lange Pause entsteht. Dann als Antwort:
"Ähm."
Über eines sollte man sich, meint der Bundeswehr-Psychiater Karl-Heinz Biesold, keine Illusionen machen:
"Wir haben ja in unseren Einsätzen, wenn man die Verwundeten- und Totenzahlen anschaut, immerhin noch relativ viel Glück gehabt."
Und der Psychologe Thomas Müller-Holthusen ergänzt:
"Also, wenn sich der Auftrag der Bundeswehr in Richtung Kampfauftrag und tatsächlich kriegerische Auseinandersetzung, dann müssen wir damit rechnen, dass sich die Zahl der Fälle erhöht."
Service:
"PTBS – Unsichtbar verwundet" heißt eine der Dokumentationen, die im Rahmen des Themenabends "Traumatisierte Soldaten" am 17. März 2009 ab 21 Uhr auf Arte zu sehen ist.
Der spezielle Tag in Kabul ist ein Datum. Vergangenheit. Doch nicht so für den Bundeswehrsoldaten, der erlebte, wie ein afghanischer Selbstmordattentäter ein Bundeswehrfahrzeug rammte und eine Bombe zündete.
"Man sah von oben bis unten aus blutbeschmiert. Überall waren Hautstücke, überall dieser verbrannte Geruch eben. Da lag ein Bein. Ohne Scherz. Da lag wirklich ein Bein. Ich habe dieses Bein aufgehoben. Da lief ein Soldat, der war ohne Bein. Ich dachte immer, Mensch, das kann nur sein Bein sein. Das war gar nicht sein Bein. Das war nur von dem fuckin´ Attentäter."
Dann die Rückkehr aus dem Auslandseinsatz. Alles scheint in Ordnung. Der Schock des Tages überwunden. Doch dann geht es los. Schlechter Schlaf. Schlechte Träume. Der Alkohol als Seelentröster, Aggressivität oder andere Symptome. Die Bilder im Kopf wollen nicht verschwinden. Am Tag in der Nacht. Im Schlafen wie im Wachen.
"Meine Frau sagte mir das damals, dass da irgendwas nicht stimmt. Warum ziehe ich mich zurück? Warum fasse ich sie nicht mehr an? Warum lasse ich das Kind links liegen? Warum kümmere ich mich nicht um das Haus? Warum mache ich gar nichts mehr? Warum wohne ich im Keller?"
Dieser Soldat, der nach seinem Afghanistan-Einsatz unter einer posttraumatischen Belastungsstörung litt, konnte sich seiner Krankheit zuwenden, aber der Filmemacher Piet Eekman lässt in den vielen, eindrucksvollen Interviews seines Films "PTBS – Unsichtbar verwundet" keinen Zweifel an einem der Grundprobleme der Krankheit: Viele Familien, Kameraden oder Vorgesetzte der Soldaten wissen oft nicht, dass sie unter der Krankheit leiden oder wie sie damit umgehen sollen. Noch immer ist das Thema PTBS auch ein nicht gern Gesehenes. Piet Eekman hat für seinen Film hochrangige und hochqualifizierte Experten aus der Bundeswehr interviewt – Psychologen, Psychiater oder Therapeuten -, er konnte Übungen der Bundeswehr für den Ernstfall dokumentieren, aber die Realität des institutionellen Umgang mit den Traumatisierungen als ungeliebten Kollateralschäden der Auslandseinsätze ist immer noch auch ein anderer:
"Dies ist ein Film, in dem Soldaten zu Wort kommen, aber keine Generäle. Trotz wiederholter Erklärung der Bundeswehr, sie gehe offen mit der Thematik der durch Auslandseinsätze traumatisierten Soldaten um, war es auch nach monatelangen Bitten nicht möglich, die obersten zuständigen Generäle für ein Interview zu gewinnen."
Das offensichtliche Schweigen auf den hohen Führungsebenen der Bundeswehr hat verständlicherweise auch Auswirkungen für die PTBS-Kranken, auf ihr Gefühl, mit ihrer Krankheit angenommen und akzeptiert zu werden. Karl-Heinz Biesold, Psychiater im Bundeswehrkrankenhaus in Hamburg:
"Wenn man traumatisierende Dinge erlebt, ist auch eine ganz große Frage, welchen Sinn hat das gemacht, was ich riskiert habe. Oder dass ich das erlebt habe. Und wenn die Motivation am Einsatz nicht stimmt, oder bei den Einsätzen nicht ganz klar ist, wofür sie da sind oder das Bild verzerrt ist, dann wird die Verarbeitungsfähigkeit der Menschen ganz leicht an eine Grenze heran geführt."
Das Gefühl, in einem sinnlosen Krieg das eigene Leben zu riskieren, beschreibt der Israeli Yariv Mozer in seiner Dokumentation "My first war", die nach Piet Eekmans Film auf arte zu sehen ist. Im zweiten Libanon-Krieg vom Sommer 2006 erscheint die kriegerische Auseinandersetzung als absurd irrationale politische Strategie, die aber die körperliche Versehrtheit der Soldaten aufs Spiel setzt. Unkenntnis, Chaos, Unaufgeklärtheit, Naivität und Politiker-Sprechblasen à la "Deutschland wird auch am Hindukush verteidigt" – das sind die Ingredienzien eines absurden Kriegseinsatzes, für das nicht allein Israelis oder Amerikaner das Privileg besitzen. Am Anfang seines Films "PTBS – Unsichtbar verwundet" fragt Piet Eekman einige Bundeswehrsoldaten, ob sie Angst vor dem Auslandseinsatz in Afghanistan haben. Einer der Soldaten antwortet:
"Angst nicht unbedingt. Ich würde das eher Respekt nennen. –
"Was meinen Sie, wenn sie Respekt sagen?", fragt der Filmemacher. Offensichtlich ist der Soldat mit dieser Nachfrage überfordert. Eine lange, sehr lange Pause entsteht. Dann als Antwort:
"Ähm."
Über eines sollte man sich, meint der Bundeswehr-Psychiater Karl-Heinz Biesold, keine Illusionen machen:
"Wir haben ja in unseren Einsätzen, wenn man die Verwundeten- und Totenzahlen anschaut, immerhin noch relativ viel Glück gehabt."
Und der Psychologe Thomas Müller-Holthusen ergänzt:
"Also, wenn sich der Auftrag der Bundeswehr in Richtung Kampfauftrag und tatsächlich kriegerische Auseinandersetzung, dann müssen wir damit rechnen, dass sich die Zahl der Fälle erhöht."
Service:
"PTBS – Unsichtbar verwundet" heißt eine der Dokumentationen, die im Rahmen des Themenabends "Traumatisierte Soldaten" am 17. März 2009 ab 21 Uhr auf Arte zu sehen ist.